Wimmer, Josef (1808–1894), Drucker und Verleger

Wimmer Josef, Drucker und Verleger. Geb. Linz (OÖ), 27. 4. 1808; gest. ebd., 22. 5. 1894; evang. AB. Maurerssohn, Vater von Julius W. (s. u.) und Hermann W., der später die techn. Leitung des Betriebs übernahm, Großvater von Grete W., verehel. Streit, Ges. der J. Wimmer KG; in 1. Ehe mit Franziska W., verwitwete Weinmayr (gest. 19. 10. 1843), ab 1845 mit Antonia W., geb. Kamptner, verheiratet. – W. begann 1823 eine Lehre in der Druckerei von Christoph Quandt in Linz. 1842 übernahm er die Leitung der hoch verschuldeten Buchdruckerei von Johann Weinmayr, die nach dem Tod seiner 1. Frau in seinen Besitz gelangte. Der in der Linzer Herrenstraße befindl. Betrieb erzeugte vorwiegend Drucksorten für die Cameral-Bez.verwaltung. Dank der Mitgift seiner 2. Frau verbesserte sich die finanzielle Lage, und der gute Geschäftsgang – es wurde auch ein Gebetbücherverlag betrieben – führte zum raschen Anwachsen des Unternehmens. Mit der Anschaffung einer Schnellpresse 1847 konnte W. die Konkurrenz überflügeln. Im Revolutionsjahr 1848 lieferte er Drucksorten für die Statthalterei sowie für Bez.gerichte und Steuerämter und Wahllisten zum Frankfurter RT. Ab 1850 kamen als Kunden u. a. die Staatsbuchhaltung und die Polizeidion. hinzu. Als Anfang der 1860er-Jahre die Konkurrenz durch die Staatsdruckerei in Wien zu groß wurde, entschied W. sich, seine Druckerei zu erweitern und eine Ztg. zu gründen. Zu Jahresbeginn 1865 erschien die erste Ausg. der „Linzer Tages-Post“, die 1871 bereits eine Aufl. von 2.000 Stück erreichte. Die anfangs noch von W. selbst red. Ztg. leitete später u. a. →Karl v. Görner (ab 1892). Daneben druckte und verlegte W. ab 1873 das „Echo aus den Bergen“ (später „Ischler Wochenblatt“). Große Verbreitung fand „Wimmers Fahrplan“ der österr. Bahnen (1913 in 215.000 Exemplaren). Ferner übernahm er u. a. den Druck der „Gedichte“ von →Hermann v. Gilm z. Rosenegg (2 Bde., 1864–65). Die nötig gewordenen Erweiterungen führten schließl. zum Neubau von Wohnhaus und Druckereigebäude (1887–88) auf der Promenade nach Plänen von →Hermann Krackowizer. W. war Vorstandsmitgl. des Dt.-österr. Buchdrucker-Ver., gehörte 1852–62 der oö. HGK und 1854–62 dem Linzer Gmd.rat an. 1867 initiierte er zusammen mit dem „Tages-Post“-Red. Josef Netwald die Gründung des Linzer Verschönerungsver. Er engag. sich im Vorstand der Linzer evang. Gmd. (1850–59 und 1875–82), wirkte 1859 bei der Gründung der Johann Conrad Vogel-Waisenstiftung und 1870 bei jener des evang. Armenver. mit und war bis 1892 Vorstand ders. Sein Sohn Julius W. (geb. Linz, 9. 3. 1856; gest. ebd., 8. 9. 1945) begann nach dem Besuch des Untergymn. in Linz sowie der Handelsschule in Graz und einer techn. Ausbildung in Leipzig 1874 eine Lehre in der väterl. Druckerei, die er Anfang 1889 übernahm und zu einem Großunternehmen ausbaute. 1893 ging dort die erste Rotationsmaschine in Betrieb, der kontinuierl. weitere, leistungsstärkere folgten, und ab 1904 war eine Linotype-Setzmaschine in Gebrauch. Die „Tages-Post“ erreichte vor dem 1. Weltkrieg eine Aufl. von 21.000 Stück, 1919 waren es bereits 31.000 Abonnements. 1922 wurde der Buchdruckerei eine Steindruckabt. angegliedert. 1925 waren mehr als 200, in den 1930er-Jahren um die 300 Mitarb. beschäftigt, und die Fa. entwickelte sich zur größten Druckerei OÖ. Julius W. hatte auch das Plakatgeschäft vorangetrieben, indem er in Linz zahlreiche Anschlagsäulen aufstellen ließ. Obwohl die „Tages-Post“ schon vor 1938 nationalsozialistische Tendenzen aufwies und gleich nach dem „Anschluss“ von den Nationalsozialisten übernommen wurde, fusionierte man sie 1944 aus kriegsbedingten Gründen mit der „Oberdonau-Zeitung“ des NS-Gauverlags. Ab Juni 1945 wurden dort als amerikan. Besatzungsbl. die „Oberösterreichischen Nachrichten“ gedruckt, mit denen die 1953 wieder erscheinende „Linzer Tages-Post“ zunächst konkurrierte und 1955 vereinigt wurde. Julius W. initiierte den Zusammenschluss der oö. Buchdruckereibesitzer und war 1899 im Gründungskomitee des Reichsverbands österr. Buchdruckereibesitzer. Als Präs. der Allg. Sparkasse und Leihanstalt in Linz unterstützte er auch den Oö. Mus.ver., dem der landeskundl. Interessierte ab 1880 als Mitgl. und 1907–22 als Präs. angehörte. Die von ihm begründete wöchentl. Unterhaltungsbeil. der „Tages-Post“ behandelte vorwiegend heimatkundl. Themen. Als letzter Präs. des Mus. Francisco-Carolinum übergab er dieses 1920 dem Land OÖ. Darüber hinaus war Julius W. Vorstand des Amateur-Photographen-Ver. in Linz. Er erhielt 1908 das Off.kreuz des Franz Joseph-Ordens.

W.: Julius W.: Die Geschichte des Oö. Mus.ver. durch 90 Jahre, 1923.
L.: Tages-Post (Linz), 24. 5. 1894 (m. Parte); Allg. Bauztg. 53, 1888, S. 79f.; Österr.-ung. Buchdrucker-Ztg. 22, 1894, S. 245; 60 Jahre Tages-Post, 1925 (m. B.); A. Durstmüller, 500 Jahre Druck in Österr. 1–3, (1982–88), s. Reg. (auch für Julius W.); G. Winkler, in: Mitt. der Ges. für Landeskde. und Denkmalpflege OÖ 38, 2008, H. 3/4, S. 19 (m. B.); C. Hofer, Enteignung und Rückstellung von Buchhandlungen, Verlagen und Druckereien im „Gau Oberdonau“ …, phil. DA Wien, 2009, passim; Firmengeschichte auf der Website der OÖ Nachrichten (Zugriff 21. 10. 2019); Archiv der Evang. Kirche (Pfarre Linz), OÖ. – Julius W.: Oö. Nachrichten, 11. 9. 1945, 9. 3. 1966 (m. B.); Krackowizer; E. S. Rohleder, Die oö. Tages- und Wochenztg. in ihrer Entwicklung vom Ende der Monarchie bis 1965, phil. Diss. Wien, 1966, bes. S. 46f.; M. Gustenau, Mit brauner Tinte ..., 1992, S. 90ff.; K. Tweraser, in: Entnazifizierung und Wiederaufbau in Linz, ed. F. Mayrhofer – W. Schuster, 1996, bes. S. 296, 307; Mitt. Christoph Mentschl, Wien.
(E. Offenthaler)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 235f.
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