Winder, Josef (Joseph) Andre (Andreas) (1804–1861), Textilhändler und Fabrikant

Winder Josef (Joseph) Andre (Andreas), Textilhändler und Fabrikant. Geb. Dornbirn, Vorderösterr. (Vbg.), 29. 11. 1804; gest. ebd., 8. 2. 1861; röm.-kath. Sohn des Baumwollverlegers und Textilhändlers Franz W. und der Agatha W., geb. Luger, Vater u. a. des Textilhändlers und Fabrikanten Franz Martin W. (s. u.); ab 1828 mit Maria Katharina W., geb. Schutzer (geb. Dornbirn, 12. 3. 1806; gest. ebd., 4. 6. 1852), verheiratet. – W. war nach dem Besuch der Volksschule mehrere Jahre im väterl. Handelsbetrieb tätig. 1829 wurde er zum Gmd.kassier in Dornbirn gewählt, Ende 1830 erhielt er die Genehmigung für Handel und Krämerei mit Schnitt- und Galanteriewaren, 1831 erfolgte die Eröffnung der Handlung. Stoffe wurden in St. Gallen, München, Wien, Linz und Mailand erworben und an regionale Händler weiterverkauft. Die Gewerbegenehmigung als Baumwolltücher-Fabrikant erfolgte 1834. W. kaufte Garn ein und ließ es in Heimarbeit weben, wobei er die Weber im Stücklohn bezahlte. Anfang der 1850er-Jahre zählte er zu den zehn bedeutendsten Dornbirner Unternehmern. 1853 erfolgte der Bau einer chem. Bleiche, einer Schönfärberei sowie Appretur im Eulental unter dem Firmennamen Joseph Andre Winder, die in den folgenden Jahren durch eine Zwirnerei, eine mechan. Weberei sowie eine Stoffdruckerei ergänzt wurden. Neben seiner unternehmer. Tätigkeit war W. u. a. Gründungsmitgl. des Dornbirner Lesever. (1834). 1848 wurde er Dornbirner Wahlmann der liberalen Demokraten, 1850 Vizepräs. der Vbg. HK. Als er sich krankheitshalber Ende der 1850er-Jahre aus der Geschäftsführung zurückziehen musste, übernahm sein Sohn Franz Martin W. (geb. Dornbirn, 9. 6. 1833; gest. ebd., 16. 1. 1915; röm.-kath.) die Leitung. Dieser war bereits einige Jahre im Betrieb tätig gewesen. 1854 wurde er in die Geschäftsführung aufgenommen, 1857 heiratete er Maria Adelheid Rüf (geb. Dornbirn, 7. 10. 1836; gest. ebd., 7. 2. 1907). Es folgte ein steter Ausbau des Betriebs Eulental, der 1861–67 auf nunmehr 370 Beschäftigte anwuchs. 1873 erreichte die Fa. bei der Weltausst. in Wien eine Ausz. für Baumwollwaren. I. d. F. entstanden 1879–82 eine repräsentative, gründerzeitl. Firmenzentrale im Ortszentrum, 1881–83 eine Spinnerei im Ortstl. Boden sowie 1886 ein Erweiterungsbau für 200 Webstühle im Eulental. Nach Konzentration der Weberei und Ausbau der Fabrik in Boden zur Spinnereifabrik J. A. Winder, Dornbirn Boden, war der Höchststand an Beschäftigten 1890 mit 450 erreicht, mehrere Arbeiterwohnhäuser waren errichtet und eine Betriebskrankenkasse gegr. worden. 1902 wurde die Spinnerei in Boden durch einen Brand vollkommen zerstört. Franz W. verließ die Geschäftsführung, und in den folgenden Jahren geriet die Fa. in einen Liquiditätsengpass, dem 1905 ein Konkurs und 1908 die Löschung des Unternehmens im Handelsreg. folgte. Franz W. verlor als persönl. haftender Ges. sein gesamtes Vermögen.

L.: W. Rhomberg, in: Beitrr. zur Geschichte der Entwicklung der Baumwollind. in Vbg. Weltausst. Wien 1873, 1873, S. 1ff.; H. Weitensfelder, Vbg. in der Frühindustrialisierung 1740–1870, 2001, s. Reg.; R. Eberle, Die Fa. J. A. W. in Dornbirn, 2011 (auch für Franz W.; m. B.); Pfarre Dornbirn-St. Martin, Vbg. (auch für Franz W.). – Franz W.: K. Schneider, Dornbirner Bürger 1867–1914, 2005, s. Reg.; Ch. Feurstein, Wirtschaftsgeschichte Vbg. von 1870 bis zur Jahrtausendwende, 2009, s. Reg.
(W. Matt)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 241f.
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