Winkelmann (Winckelmann), Hermann (1847–1912), Sänger

Winkelmann (Winckelmann) Hermann, Sänger. Geb. Braunschweig, Hg.tum Braunschweig (D), 8. 3. 1847; gest. Mauer bei Wien, NÖ (Wien), 18. 1. 1912; evang. AB. Sohn von Christian Ludwig Theodor W. (geb. Braunschweig, 3. 11. 1812; gest. ebd., 7. 2. 1875), Gründer der Klavierbaufa. Zeitter & Winkelmann, Vater u. a. des Sängers und Regisseurs Hans W. (1891–1943); verheiratet mit Emma W., geb. Kind. – W. strebte zunächst den väterl. Beruf an und begab sich zur Ausbildung nach Paris zur Fa. Erard. Dort schloss er sich dem dt. Gesangsver. Teutonia an. Seine Tenorstimme erwies sich als so auffallend, dass er bald die Sängerlaufbahn einschlug. Anfang November 1875 debüt. er in Sondershausen als Manrico in →Giuseppe Verdis „Der Troubadour“, danach folgten Engagements in Altenburg, Darmstadt, Leipzig und schließl. in Hamburg, wo er unter Bernhard Pollini fünf Jahre wirkte. In dieser Zeit entwickelte er sich zum führenden Heldentenor Dtld. und erweckte die Aufmerksamkeit Richard Wagners. In einem Gesamtgastspiel der Hamburger Oper in London verkörperte W. 1882 die Rolle des Tristan in der dortigen Erstauff. von Wagners „Tristan und Isolde“. Im Juli 1882 kreierte er die Titelpartie von Wagners „Parsifal“ in Bayreuth und nahm im selben Jahr ein Engagement an der Wr. Hofoper an, der er bis 1906 als eines ihrer vorzüglichsten Mitgl. angehörte. In der langen Periode, in der W. und sein Bariton-Kollege →Theodor Reichmann in Wien wirkten, stellte die Wr. Oper eine Musterbühne der Wagner-Interpretation dar. Außerhalb des Wagner-Fachs sang W. die Titelrollen in „Der Cid“ (Jules Massenet), „Merlin“ (→Karl Goldmark), „Nero“ (Anton Rubinstein) und „Othello“ (Verdi), letztere eine seiner bedeutendsten Gestaltungen. 1884 unternahm W. eine ausgedehnte Amerika-Tournee. Den Höhepunkt seiner Laufbahn erlebte er in Bayreuth und in Wien, während der Dion.zeit →Wilhelm Jahns 1881–97. Unter →Gustav Mahler sang er →Friedrich Smetanas „Dalibor“. 1903 zum Ehrenmitgl. der Hofoper ernannt, verabschiedete er sich im Februar 1908 mit einer seiner Glanzrollen, dem Tannhäuser, an Wagners 25. Todestag von der Bühne. W. war in der Nachfolge Albert Niemanns der bedeutendste dt. Helden- und Wagnertenor, gleich begabt für Gesang und Darstellung. Seine edle Tenorstimme eignete sich auch für italien. und französ. Opernpartien. Einige Tonaufnahmen entstanden gegen Ende seiner Karriere. W. war ab 1885 Ritter des Franz Joseph-Ordens.

L.: Czeike; Eisenberg, Bühne; Grove, 1980, 2001; Kutsch–Riemens; MGG I, II; oeml; Riemann; M. Graf, in: Bühne und Welt 4/2, 1902, S. 609ff. (m. B.); E. Klampfl, R. Wagners „Parsifal“ und seine Bayreuther Darsteller, 1908; J. F. E. Dennis, in: The Record Collector 7, 1954; Th. Helm, Fünfzig Jahre Wr. Musikleben (1866–1916), ed. M. Schönherr, 1977, s. Reg.; C. Wagner, Die Tagebücher 2, 1977, s. Reg.; E. Luther, So singe, Held!, 1998; HHStA, WStLA, beide Wien; Landeskirchl. Archiv Wolfenbüttel, D.
(C. Höslinger)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 250
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