Winkler, Michael (1822–1893), Fabrikant

Winkler Michael, Fabrikant. Geb. Mistek, Mähren (Frýdek-Místek, CZ), 17. 7. 1822; gest. Wien, 20. 4. 1893; mos. Sohn des Kaufmanns Israel W. (ca. 1786–1854) und seiner Frau Theresia (Rösel) W., geb. Lewyn (1790–1858), Bruder von Salomon W., Kantor in Gleiwitz, und Alois W. (geb. Proßnitz, Mähren / Prostějov, CZ, 17. 10. 1828; gest. Wien, 15. 5. 1897), Vater von Jakob (Jacques) W.; ab 1848 mit Karoline (Lina) W., geb. Knapp (Knap) (geb. Pest/ Budapest, H, 9. 9. 1830; gest. Wien, 6. 11. 1906), verheiratet. – Über Jugend und Ausbildung W.s ist nichts bekannt. Die Eltern lebten in Proßnitz, wohin er bis 1862 zuständig war. Zur Zeit seiner in Pest erfolgten Heirat war W. als Schildermaler tätig und entwickelte ein als „Schilder-Oeldruck“ bezeichnetes Verfahren, maschinell beschriftete Schilder zu erstellen (Privileg 1853, weitere Privilegien 1854 und 1856). Seine Pester Fabrik (nachträgl. angegebenes Gründungsdatum 1845) produzierte mittels Metallguss Orts- und Straßentafeln, Meilenzeiger, Hausnummern und sonstige Schilder für Versicherungs- und Eisenbahnges. sowie öff. Einrichtungen. Spätestens 1854 eröffnete W. eine Filiale in Wien, 1855 wurden die Produkte bei der Weltausst. in Paris präsentiert (weitere Teilnahmen an den Weltausst. in London 1862, Wien 1873, Philadelphia 1876, Paris 1878). 1856 erzeugte W. ca. 1.000 Zinktafeln mit Straßennamen für Pest-Buda. Spätestens 1857 übersiedelte die Familie nach Wien, wo 1858 die Eintragung seines Betriebs (Millergasse, ab 1870 Mariahilfer Straße) ins Wr. Firmenbuch erfolgte. 1859 lieferte W. 58.000 Hausnummerntafeln und 2.000 Ortstafeln für den Prager Kreis, es folgten Aufträge für Gmd. in Ungarn, Böhmen, Galizien, Dtld., Frankreich und Belgien. 1862 zeichnete er für das neue System der Orientierungsnummerierung in Wien verantwortl. und lieferte dafür mehr als 12.000 Hausnummernschilder sowie ca. 3.000 Straßentafeln. Eine Konkordanz zwischen den bis dahin gebräuchl. Konskriptions- und den neuen Orientierungsnummern enthielt „Winkler’s Orientirungs-Plan der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien“ (1863), er wurde bei einer Audienz K. →Franz Joseph I. überreicht. Eine finanzielle Nachforderung von W. führte zu einem Prozess mit der Gmd. Wien, der 1871 mit einem Vergleich endete, ein 1862 eingeleitetes Konkursverfahren konnte 1866 abgewendet werden. Zur Zeit der Wr. Weltausst. 1873 beschäftigte die Fabrik 50 Arbeiter und konnte jährl. 100.000 Schilder herstellen. W. war ab den 1860er-Jahren Vorstandsmitgl. des Israelit. Tempel-Ver. für Mariahilf und Neubau und betrieb intensiv die 1883/84 erfolgte Errichtung von dessen Ver.synagoge in der Schmalzhofgasse. Weiters wirkte er als Vorstandsmitgl. (1885–93 als Präs.) des 1868 gegr. israelit. Humanitätsver. für die westl. Bez. Wiens Nachlat Jeschurun und initiierte als Proponent die 1880 erfolgte Gründung des Israelit. Frauenwohltätigkeitsver. für die Bez. Mariahilf und Neubau. Nach W.s Tod übernahmen seine Gattin sowie Sohn Jakob die Leitung der Mich. Winkler & Sohn benannten Fa., die in Konkurrenz zu einer von W.s Bruder Alois geführten Blechschilderfabrik stand. W. erhielt 1861 das goldene Verdienstkreuz.

Weitere W.: Neues Häuser-Schema der Landeshauptstadt Graz, 1870; Wr. Suppen- und Thee-Anstalten …, 1876.
L.: Der Siebenbürger Bote, 12. 6., 2. 10. 1854; Pesth-Ofner Localbl., 20. 7. 1856; WZ, 25. 6. 1882; NFP, 22. 4. 1893 (Parten); Czeike; Wurzbach; J. C. Ackermann’s illustrirte Gewerbe-Ztg. 2, 1873, S. 215ff.; Die Neuzeit 20, 1880, S. 348, 29, 1889, S. 4, 32, 1892, S. 286; H. Bondy, Geschichte des Israelit. Tempel-Ver. für die beiden Gmd.bez. Mariahilf und Neubau und seines Tempels, 1898, S. 19f., 163; A. Tantner, Die Hausnummern von Wien, 2016, S. 57ff.; AdR, AVA, IKG, Österr. Patentamt, WStLA, alle Wien; IKG, Prostějov, CZ.
(A. Tantner)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 256f.
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