Wirth, Franz Xaver (1845–1913), Industrieller und Politiker

Wirth Franz Xaver, Industrieller und Politiker. Geb. Münster, Bayern (Donaumünster, D), 21. 1. 1845; gest. Villach (Ktn.), 7. 3. 1913; röm.-kath. Sohn von Franz Xaver W., Mühlen- und Gutsbesitzer in Münster, und Josefa W., geb. Schwertschlag, Vater von Albert W. (1874–1957), der 1907 Maria Aicher v. Aichenegg heiratete, von seinem Schwiegervater die Ktn. Seite des Großglockners erwarb und 1918 ca. 5.400 ha dem DÖAV schenkte; ab 1874 mit Rosa W., geb. Wieninger (geb. 6. 8. 1844; gest. 18. 11. 1906), der Tochter eines Brauereibesitzers in Mattighofen, verheiratet. – W. besuchte das Untergymn. in Augsburg und stud. danach Maschinenbau an der Bauing.abt. des Polytechnikums in Zürich. Nach Stud.abschluss war er mehrere Jahre in einer Augsburger Maschinenfabrik angestellt, zu deren Dir. er i. d. F. aufstieg. Durch seine Eheschließung gelangte er in den Besitz von Wäldern bei Lainach im Ktn. Mölltal, die seine Gattin als Mitgift erhalten hatte. Dieser Waldbesitz bildete die Grundlage für W.s Einstieg in die Holzind., obwohl er bis dahin nie mit Holz zu tun gehabt hatte. Er übersiedelte nach Ktn. und errichtete in Villach ein Dampfsägewerk, das sich auf dem neuesten technolog. Stand befand und 1874 in Betrieb ging. Mit dem Unternehmen wurde er zu einem Pionier im Holzsektor. Jährl. wurden ca. 12.000 m³ Holz verarbeitet, wobei man anfangs Bahnschwellen erzeugte. W.s nächster Schritt war der Einstieg in den Holzhandel, insbes. den Schnitt- und Bauholzexport nach Italien. Bald hatte das Unternehmen 75 Beschäftigte. Hinzu kamen 95 Holzknechte, Trifter auf der Möll und Flößer auf der Drau. Der Ausweitung der Holzressourcen diente 1884 der Kauf des Gieselhofs in Höffern bei St. Veit an der Glan. 1910 folgte die Errichtung eines weiteren Sägewerks in Möllbrücke und der Kauf weiterer Waldungen sowie des Schlosses Frauenstein. Zudem betätigte sich W. als Gewerke. Zu diesem Zweck gründete er 1891 die Ges. Carinthia, die den größten Teil der Edelmetall-Schürfrechte in Oberktn. besaß. Das Engagement im Montanwesen gestaltete sich aber wenig erfolgreich. W. widmete sich auch der Politik und dem öff. Leben. So gehörte er 1895–1902 sowie 1906–09 als Vertreter der HGK bzw. als Abg. der Dt. Volkspartei dem Ktn. LT an. Zudem war er 1900–09 Vizepräs. der Ktn. HK, 1902–09 Mitgl. des k. k. Staatseisenbahnrats, 1899–1909 des Ind.- und Landwirtschaftsrats / Sektion für Land- und Forstwirtschaft und Montanwesen sowie des Schiedsgerichts der Arbeiter-Unfallversicherungsanstalt für Stmk. und Ktn. Er war auch im Ktn. Forstver. tätig. Als Mitgl. des Villacher Gmd.rats nahm sich W. der sozialen Probleme der städt. Bevölkerung an. Mit Spenden unterstützte er das Heiliggeist-Bürgerspital und den Bau eines modern ausgestatteten Landes-Siechenhauses, das 300 Menschen Platz bot. Nach seinem Tod hinterließ W. ein Vermögen von über 1 Mio. Kronen.

L.: Freie Stimmen, 9. 3. 1913 (m. Parten); Unterktn. Nachrichten (vormals Lavanttaler Bote) 27, 1913, Nr. 22; Kärntens gewerbl. Wirtschaft von der Vorzeit bis zur Gegenwart, 1953, s. Reg.; A. Kreuzer, Kärntner. Biograph. Skizzen. 20. Jh., 1995, S. 14ff. (m. B.); P. Durchschlag, Die Wahlen zum Ktn. LT 1861–1909, phil. DA Klagenfurt, 2013, passim; Ktn. LA, Klagenfurt am Wörthersee, Pfarre Villach-St. Nikolai, beide Ktn.
(W. Drobesch)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 274
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