Witt, Lotte (1872–1938), Schauspielerin

Witt Lotte, Schauspielerin. Geb. Berlin, Dt. Reich (D), 23. 4. 1872; gest. Wien, 28. 12. 1938. Tochter des Schauspielerehepaars Julius W. (geb. Königsberg, Preußen / Kaliningrad, RUS, 9. 1. 1835; gest. San Francisco, CA, USA, 13. 12. 1879) und Fanny W., geb. Heuser (geb. Leer, Kg.reich Hannover/D, 28. 3. 1838; gest. Wien, 20. 8. 1900), Schwester des Theaterdir. Karl W. und der Schauspielerinnen Hermine Straßmann-W. und Käthe Frank-W., mit denen sie im November 1911 in Hamburg gastierte, Mutter u. a. der Schauspielerin Susi (Susanne) W. (geb. Wien, 9. 12. 1910; gest. ebd., 9. 9. 1989), der späteren Frau des Schauspielers Erik Frey; ab 1906 mit Gen. Livius Borotha v. Trstenica (geb. 1869; gest. Wien, 1961) verheiratet. – W. stand bereits in Kinderrollen in Mainz auf der Bühne. 1889 erhielt sie in Elberfeld ein Engagement als naive Liebhaberin und unternahm im April 1891 mit dem Ensemble ein Gastspiel in St. Petersburg, wo sie als Einspringerin (Lene) in Ernst v. Wildenbruchs „Haubenlerche“ einen sensationellen Erfolg feierte. 1892 debüt. sie als Paula in Franz v. Schönthans (→Franz Schönthan v. Pernwaldt) „Cornelius Voß“ am Thalia Theater in Hamburg. Durch ihre Natürlichkeit und sehr modulationsfähige Stimme wurde sie schnell zum Publikumsliebling. Ihre Vielseitigkeit kam in einem umfassenden Rollenfach zum Ausdruck. Nach einem Gastspiel am Wr. Burgtheater als Fanchon in „Die Grille“ (Charlotte Birch-Pfeiffer), Margarethe in „Die Hagestolzen“ (August Wilhelm Iffland), Adelheid in „Jugendliebe“ (→Adolf Wilbrandt) und Ilka in „Krieg im Frieden“ (Gustav v. Moser – Franz v. Schönthan) im April 1895 nahm sie Burgtheaterdir. →Max Burckhardt ins Engagement, das sie aber erst, nachdem sie sich als Madame Sans-Gêne Ende Mai 1898 aus Hamburg verabschiedet hatte, antreten konnte. Im Juni 1898 gab sie ihr Debüt als Ilka sowie als Rautendelein in Gerhart Hauptmanns „Versunkene Glocke“, womit sie im Dezember 1898 auch in Brünn und Teplitz, im Sommer 1899 in Prag, Teplitz, Marienbad und Karlsbad gastierte. In der Rolle der Hanna Scheel in Hauptmanns „Fuhrmann Henschel“ feierte sie im Jänner 1899 mit →Adolf v. Sonnenthal als Partner einen sensationellen Erfolg in Anwesenheit des Dichters. Nach dem Dion.wechsel suchte W. unter dem neuen Dir. →Paul Schlenther dreimal um ihre Entlassung an. Bereits 1899 wurde sie zur k. k. Hofschauspielerin, 1904 zum Ensemblemitgl. auf Lebenszeit und anlässl. des Burgtheaterjubiläums 1926 zum Ehrenmitgl. ernannt. Nur ein Jahr später erkrankte W. ernstl.; im April 1928 wurde ihr Verbleib als aktives Mitgl. mit gekürzter Gage in der Höhe der höchsten Pensionsquote vereinbart. Im September 1930 erfolgte ihre Pensionierung mit Überreichung des Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österr.

Weitere Rollen: Anna (E. Guiraud, Anna Karenina); Hedda (H. Ibsen, Hedda Gabler); Claire (G. Ohnet, Der Hüttenbesitzer); Franziska (G. E. Lessing, Minna von Barnhelm); Dora Lenz (L. Fulda, Jugendfreunde); Giuditta (L. Fulda, Die Zwillingsschwester); Vittorino (F. v. Schönthan, Renaissance); Yanetta (E. Brieux, Die rote Robe); Marion (O. Blumenthal, Die Fee Caprice); Beate (Calderon, Zwei Eisen im Feuer); Cressida (W. Shakespeare, Troilus und Cressida).
L.: NWT, 9. 12. 1911, 1. 1. 1939; Neues Wr. Journal, 24. 4. 1927, 2. 9. 1930; NFP, 18. 9. 1930; Alth, Burgtheater; Czeike; Eisenberg, Bühne; Der Morgen 20, 1929, Nr. 15, S. 6.
(E. Großegger)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 286f.
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>