Wittelshöfer, Leopold (1818–1889), Mediziner und Publizist

Wittelshöfer Leopold, Mediziner und Publizist. Geb. Großkanizsa (Nagykanizsa, H), 14. 7. 1818; gest. Wien, 8. 1. 1889; mos. Sohn eines Buchhalters, Vater des Vizepräs. der Nö. Escompte-Ges. und Nationalökonomen Otto W. (geb. Wien, 5. 10. 1855; gest. ebd., 21. 2. 1901). – Nach dem Schulbesuch am Unter-Gymn. der Piaristen in Großkanizsa und in Pest stud. W. 1835–36 Med. an der dortigen Univ. sowie 1836–41 an der Univ. Wien; 1841 Dr. med. ebd. Nach dem Tod seines Vaters musste W. die Spitalspraxis in Wien unterbrechen und nach Ungarn zurückkehren, wo er sich in Raab als prakt. Arzt niederließ und bald zum Hon.-Arzt des Kom. Raab ernannt wurde. Während der Revolution 1848/49 zunächst Nationalgardist, dann Honvéd-Stabsarzt, fungierte W. ab Oktober 1848 als Leiter des Militärkrankenhauses in Raab. Da er bereits im Vorfeld des sich abzeichnenden neoabsolutist. Systems Anfeindungen und Intrigen ausgesetzt war, sah er sich gezwungen, 1850 nach Wien zu übersiedeln. Von →Franz Schuh und →Johann v. Oppolzer unterstützt, gründete er 1850 die „Wiener Medicinische Wochenschrift“, die erste med. Fachz. in Österr. 1867 rief er auch die Beil. „Der Militärarzt“ ins Leben. Obwohl mehrfach wegen Pressvergehen angeklagt und verurteilt, konnte sich W. mit seiner Z. – die Idee einer krit. med. WS fand auch international großen Anklang – durchsetzen. Zu den Mitarb. des Periodikums zählten neben Größen der Wr. Med. wie →Ferdinand v. Arlt, →Theodor Billroth, →Ferdinand v. Hebra und →Eduard Jaeger v. Jaxthal auch führende Ärzte aus dem Ausland wie Friedrich Theodor v. Frerichs, Bernhard v. Langenbeck, Jakob Moleschott und Rudolf Virchow. Neben seiner Tätigkeit als Hrsg. und Red. veröff. W. Publ. über die Wr. Heil- und Versorgungsanstalten und ab 1891 einen Kal. für Ärzte („Wienʼs Heil- und Humanitätsanstalten …“, 1856; „Die Versorgungshäuser der Stadt Wien“, 1862; „Medicinal-Calender …“, 1891ff.). Des Weiteren trat er durch seine Mitwirkung an der Erstellung des Militär-San.-Reglements in Erscheinung. Bei der Wr. Weltausst. 1873 für die Erbauung und Einrichtung des San.pavillons verantwortl., organisierte W. anschließend in Wien gem. mit Billroth und →Jaromir Frh. v. Mundy eine internationale Konferenz über das Militärsan.wesen. 1878 nahm er im Auftrag von →Artur Maximilian Gf. Bylandt-Rheidt als Delegierter und Berichterstatter am Congrès International dʼHygiène in Paris teil. W. war 1859 Mitbegründer, 1861 Vizepräs. und 1865–72 Präs. des Wr. Journalisten- und Schriftsteller-Ver. „Concordia“.

Weitere W.: Militär-San. und freiwillige Hilfe im Kriege, 1873.
L.: NFP, 8., 10. 1. 1889; Hirsch; Jew. Enc.; M. Zsidó Lex.; Pagel; Stern–Ehrlich, S. 35f.; Szinnyei; Wininger; Wurzbach; Z. des allg. österr. Apotheker-Ver. 27, 1889, S. 45; P. Eppel, „Concordia soll ihr Name sein …“, 1984, s. Reg. (m. B.); A. Gergely, Jeles magyar zsidó orvosok lex., 2001; Z. Biczó, Győri orvoséletrajzi lex., 2006; UA, Wien.
(Á. Z. Bernád)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 292
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