Wölfler Anton (Nathan), Chirurg. Geb. Kopetzen, Böhmen (Prostiboř-Kopec, CZ), 12. 1. 1850; gest. Wien, 31. 1. 1917; mos., ab 1883 röm.-kath. Sohn des Landarztes Leopold W. und der Ludmilla W., geb. Steindler; verheiratet mit Helene W., geb. Pfeifer v. Hochwalden (geb. Wien, 15. 2. 1867; gest. Prag, Böhmen / Praha, CZ, 23. 11. 1898). – Nach Absolv. des Gymn. in Pilsen 1868 stud. W. Med. an der Univ. Wien; 1874 Dr. med. Zunächst Operationszögling, wirkte er ab 1878 als Ass. an der Billroth᾽schen Klinik. 1877/78 erlernte er die antisept. Wundbehandlung bei Joseph Lister am Kingʼs College in London, welche er dann an der Wr. Klinik einführte. Über seine Reiseerfahrungen berichtete er ab 1878 in der „Wiener Medizinischen Wochenschrift“ (z. B. „Chirurgische Briefe über Amputationen“, in: WMW 31, 1881) sowie nachfolgend auch in Einzelpubl. 1880 habil. sich W. mit der Arbeit „Die chirurgische Behandlung des Kropfes“ 1–3, 1887–91, die einen seiner wiss. Schwerpunkte bildete, für das Fach Chirurgie. Nachdem W., sehr zum Ärger →Theodor Billroths, der die Qualitäten seines Schülers klar erkannte, bei mehreren Besetzungen, möglicherweise aufgrund seiner jüd. Herkunft, übergangen worden war, wurde er 1884 Vorstand der chirurg. Abt. der Wr. Allg. Poliklinik. 1886 folgte er einem Ruf als o. Prof. für Chirurgie an die Univ. Graz, wo er 1894 die Leitung der Chirurg. Klinik übernahm; 1892/93 Dekan. 1894 (mit Wirksamkeit 1895) kam er als o. Prof. und Vorstand der Chirurg. Klinik an die dt. Univ. Prag; 1898/99 Dekan. 1910 emer., kehrte W. nach Wien zurück. W.s weitere Forschungsschwerpunkte umfassten die Gastroenterostomie („Die Gastroenterostomie“, in: Centralbl. für Chirurgie 8, 1881) und, angeregt durch die Pionierleistung seines Mentors Billroth auf diesem Gebiet, die Behandlung des Pyloruscarcinoms („Ueber die von Herrn Professor Billroth ausgeführten Resectionen des carcinomatösen Pylorus“, 1881). Nachdem →Karl Koller 1884 durch seinen Artikel „Ueber die Verwendung des Cocaïn zur Anästhesirung am Auge“ (in: WMW 34, 1884) zum Vater der Lokalanästhesie geworden war, veröff. W. 1885 den Aufsatz „Ueber die anästhesirende Wirkung der subkutanen Cocaïninjektionen“ (ebd. 35). Darin beschreibt er die wirksame Anwendung von 5 %iger Kokainlösung in der sog. kleinen Chirurgie (kurze chirurg. Eingriffe), erwähnt aber auch seinen Erfahrungsaustausch mit dem Chirurgen William Halsted aus New York, der das Mittel in die Nervenwurzeln injizierte, sowie dem Chirurgen Albert Landerer aus Leipzig, der in niedrigerer Konzentration ebenfalls gute Erfolge erzielte. Darüber hinaus veröff. W. grundlegende Arbeiten zur Anatomie der Schilddrüse sowie zu chirurg. Eingriffen in angrenzenden Regionen wie der Gesichtsspalte, des Unterkiefers und der Arteria carotis. Sein Name ging durch die Begriffe W.᾽sches Zeichen bei Sanduhrmagen, W.-Operation und W.-Naht in die med. Nomenklatur ein. 1898 HR, erhielt er im selben Jahr den Orden der Eisernen Krone III. Kl. Ab 1904 war er o. Mitgl., ab 1911 k. M. der Ges. zur Förderung dt. Wiss., Kunst und Literatur in Böhmen.