Wohanka, Josef Ritter von (1842–1931), Unternehmer und Politiker

Wohanka Josef Ritter von, Unternehmer und Politiker. Geb. Polerad, Böhmen (Polerady, CZ), 2. 11. 1842; gest. Praha, Tschechoslowakei (CZ), 2. 1. 1931; röm.-kath. Sohn des Lehrers Johann Wohanka (gest. 1881) und der Schuhmachermeisterstochter Franziska Wohanka, geb. Kowarzik, Vater der Unternehmer Miloš Ritter v. W. (1876–1946) und Vladimír Ritter v. W. (1879–1957); ab 1867 verheiratet mit Klara v. W., geb. Hussová (1846–1910). – W. absolv. die Realschule in Brüx und die Sonntagshandelsschule in Prag, wo er zugleich als Handelsgehilfe arbeitete. Die Ausbildung half ihm, eine niedrige Beamtenstelle zu erreichen. 1861 wurde W. als Kontorist in der Anton Konstantin Hammer’schen Großhandlung in Prag angestellt, die mit Zucker handelte und auch Schweizer Lederproduzenten in der Monarchie vertrat. Das Unternehmen, in dem W. 1862–66 als Geschäftsreisender und Disponent tätig war, wurde 1866, nach dem plötzl. Tod des Firmeninhabers, liquidiert. I. d. F. gründete W. gem. mit seinem ehemaligen Kollegen Josef Brosch die Lederwarenhandelsfa. Wohanka und Brosch. Nach dem Austritt von Brosch arbeitete W. auch in der Administration der jungtschech. Z. „Národní listy“. 1867 gründete er mit Karel Kocian die Fa. Wohanka & Comp. und stieg in den Handel mit Zubehör für die Zuckerproduktion ein, was sich in der Zeit des Zuckerfabriksaufbaus als ein guter Geschäftszug erwies. Es wurden Zweigstellen in Brünn (1872), Wien (1874) und Budapest (1890) eingerichtet. Das Unternehmen betrieb Zuckerrübensamenhandel monarchieweit, der Export richtete sich nach Serbien und Rumänien. Die Samen wurden zunächst aus Frankreich und Dtld. importiert, 1884 begann W. selbst mit der Samenveredelung. In Hostiwitz bei Prag und in Leopoldsdorf bei Maretin gründete er Laboratorien für die Selektion. Seine „Wohanka Original“-Samen verbreiteten sich bald in der ganzen Monarchie und wurden nach Frankreich, Belgien, Italien und in die USA exportiert. In den 1890er-Jahren investierte W. auch in den Ausbau des lokalen Eisenbahnnetzes in Böhmen. Ab 1897 lieferte seine Werkstätte in Přibram Draisinen sowohl für lokale als auch für rumän., serb. und bosn.-herzegowin. Bahnen. Die Geschäftserfolge ermöglichten 1901 den Ankauf von Gut und Schloss Auholičky nordwestl. von Prag, welche bis 1949 im Besitz der Familie blieben. W.s öff. Wirken war eng mit seiner berufl. Tätigkeit verknüpft. 1862 Mitbegründer des tschech. kaufmänn. Ver. Merkur in Prag, war er ab 1882 Mitgl., ab 1894 Vizepräs. und 1896–1902 Präs. der HGK in Prag. In der Kurie derselben wurde er Abg. zum böhm. LT (1887–89, 1895–1901, 1899–1901 auch Obst.landmarschallstellv.) und Abg. zum RR (1891–93, 1896–97), wo er dem jungtschech. Klub angehörte. Sein parlamentar. Wirken erhielt 1899 eine neue Richtung, als er – als einer der ersten jungtschech. Politiker und tschech. Unternehmer – zum Mitgl. des HH auf Lebenszeit ernannt wurde. 1894–99 war W. auch Stadtverordneter von Prag. W., dessen Unternehmen seine Söhne weiterführten, erhielt 1891 das Ritterkreuz, 1901 das Komturkreuz des Franz Joseph-Ordens und wurde 1908 in den erbl. Ritterstand erhoben.

L.: Adlgasser; G. Kolmer, Das HH des österr. RR … 1906, 1907; V. Zahrádka, in: Podbrdsko 14, 2007, S. 128ff.
(M. Klečacký)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 311
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