Wohlschläger, Jakob (1869–1934), Architekt und Politiker

Wohlschläger Jakob, Architekt und Politiker. Geb. Stockerau (NÖ), 23. 7. 1869; gest. Wien, 14. 11. 1934 (ehrenhalber gewidmetes Grab: Zentralfriedhof); röm.-kath. Unehel. Sohn der Taglöhnerin Johanna W. (geb. 20. 6. 1828); ab 1894 verheiratet mit Anna W., geb. Wiedl (1874–1935). – W. besuchte 1886–90 die Staatsgewerbeschule in Wien 1 und machte sich Ende der 1890er-Jahre als Architekt selbstständig. Ab 1904 trat er auch als Bauunternehmer auf, wobei er zumeist ganze Wohnblocks errichtete. Die Bandbreite seiner Mietshäuser umfasste sowohl bescheidene Wohnungen für die untere Mittelschicht als auch äußerst luxuriös ausgestattete für das gehobene Großbürgertum (Mietshaus, 1905, Wien 1, Wiesingerstraße 6). In formaler Hinsicht war W. einem späthistorist. Kanon verpflichtet und schloss sich der Wr. Moderne nur zögerl. an. Darüber hinaus war er als Abg. der christl.sozialen Partei im Wr. Gmd.rat tätig (1909–12 Bez.rat) und verstand es geschickt, seine verschiedenen Funktionen zu verknüpfen. Im Rahmen dieser Symbiose von Architektur und Kommunalpolitik gründete W. die Fa. Mariahilfer Zentralpalast, 1. Wr. Warenmuster- & Kollektiv-Kaufhaus J. W. und errichtete 1909/10 zu diesem Zweck den Mariahilfer Zentralpalast (später Kaufhaus Stafa); 1915 Konkurs. Dieser bot im Sinne der Luegerschen Politik Kleingewerbetreibenden Verkaufslokale an. In dem Gebäude waren auch Räumlichkeiten für Konzerte, Restaurants etc. eingeplant, die kreisförmig angeordnet waren und deren Beleuchtung über einen glasüberdachten Innenhof gewährleistet war. Errichtet in einer innovativen Eisenbetonkonstruktion, war die Außengestaltung des zylindr. Baus jedoch sehr traditionell; die Fassade ist mit Skulpturen von →Anton Hanak angereichert. In den 1920er-Jahren wurde im Rahmen der Wirtschaftskrise W.s Bauunternehmen aufgelöst und er zog sich ins Privatleben zurück; 1908 k. Rat.

Weitere W. (s. auch Architektenlex.): Mietshäuser in Wien 1, 3 und 15, um 1903–14; Min. für öff. Arbeiten, 1908.
L.: RP, 21. 6. 1913; Czeike; Wr. Fassaden des 19. Jh. Wohnhäuser in Mariahilf, 1976, s. Reg.; Die Profanbauten des III., IV. und V. Bez., bearb. G. Hajós – E. Vancsa (= Österr. Kunsttopographie 44), 1980, s. Reg.; A. Lehne, Jugendstil in Wien, 1989, s. Reg.; F. Achleitner, Österreichische Architektur im 20. Jh. 3/1–2, 1990–95, s. Reg.; H. Weihsmann, In Wien erbaut, 2005; C. Jäger-Klein, Österreichische Architektur des 19. und 20. Jh., 2. Aufl. 2010, S. 169f.; Architektenlex. Wien 1770–1945 (online, m. W., Zugriff 9. 8. 2019); Pfarre Stockerau, NÖ.
(U. Prokop)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 71, 2020), S. 316
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