Wolfring, Wilhelmine (Mina, Minna); geb. Mey, verehel. Zvlčil, Ps. Schwester Elisabeth (1890–1944), Funktionärin, Politikerin und Journalistin

Wolfring Wilhelmine (Mina, Minna), geb. Mey, 1923–26 Zvlčil, Ps. Schwester Elisabeth, Funktionärin, Politikerin und Journalistin. Geb. Wien, 1. 10. 1890; gest. ebd., 18. 8. 1944; röm.-kath. Tochter der Köchin Philomena Mey, Mutter von Dr. Wolfgang W. (1925–2001), klass. Philologe, der sich in Theorie und Praxis um den Latein- und Griech.unterricht an österr. Gymn. in der zweiten Hälfte des 20. Jh. verdient machte; 1923–42 verheiratet mit Ing. Alfred Zvlčil (amtl. Namensänderung in Wolfring 1926; Scheidung). – W. erlernte den Beruf einer kaufmänn. Angestellten. Ab 1918 war sie sozial tätig, beginnend in der Kath. Frauenorganisation (KFO) der Erzdiözese Wien, wo sie den Zusammenschluss christl. Beamtinnen initiierte. 1927 gründete sie die Sektion Jungmütterrunden, die das Ziel hatte, Frauen in Kindererziehung und Haushaltsführung auf religiöser Grundlage zu schulen. 1933 war W. beim Katholikentag im Subkomitee für Frauen tätig. Aufbauend auf die Erfahrungen in den Jungmütterrunden trat sie an →Engelbert Dollfuß mit der Idee heran, nach italien. Vorbild ein Werk zum Schutz von Mutter und Kind zu gründen. Nach einer Stud.reise nach Italien wurde Anfang März 1934 die Mütter- und Kinderhilfe der Vaterländ. Front, wie die Einrichtung zunächst bezeichnet wurde, gegr. W., die zugleich der Sektion Elternerziehung im Verband Familienschutz vorstand, wurde zur Leiterin ernannt. Das Mutterschutzwerk der Vaterländ. Front (MSW), wie es ab September 1934 hieß, beabsichtigte die Erneuerung der Familie als der Urzelle des Staats, was durch Propaganda für Mutterschaft und Bekämpfung des Geburtenrückgangs erreicht werden sollte. Die Tätigkeiten des MSW waren vielfältig: Einerseits wurde das Familienbild der Vaterländ. Front durch Medienarbeit verbreitet, etwa durch die Hrsg. der monatl. erscheinenden „Mütterzeitung“ als offizielles Organ ab 1936, andererseits vermittelte es Informationen und Werte im Wege von Schulungen und Beratungen an Mütter weiter. Hilfsbedürftige Familien wurden materiell unterstützt, Kindergärten, Horte und Heime für (werdende) Mütter betrieben. Es wurden Landesstellen errichtet, die den lokalen Ausbau organisierten. 1937 zählte das MSW 220 Bez.- und 1.600 Ortsstellen. 1938 übernahm die NSDAP das MSW und W. wurde als Leiterin entlassen. 1927–32 war W. Bez.rätin der christl.sozialen Partei in Wien 4 und von Mai 1934 bis März 1938 Rätin der Stadt Wien, zuständig für Schul-, Erziehungs- und Bildungswesen. Daneben hielt sie Vorträge in Versmlgg., red. „Das Blatt der Mutter“ (vorher „Die junge Mutter“), verf. Artikel u. a. für das „Kleine Volksblatt“, den „Frauen-Kalender“ bzw. das „Frauen-Jahrbuch“, die „Frauen-Briefe“ sowie für weitere Z. und Tagesztg. In ihren Äußerungen propagierte sie das kath. Familienideal, das auf dem Ernährer-Hausfrauen-Modell beruhte, und die wichtige Rolle der Mutter im Aufbau des Staats.

W. (s. auch Website Frauen in Bewegung): Erziehung zur Elternschaft. Vortrag … anlässl. der am 13. 1. 1935 abgehaltenen Familientagung, 1935; Sorgenbinkerls erste Lebenszeit. Einfache Anleitungen zur richtigen Säuglings- und Kinderpflege, 3. Aufl. 1936; Das Mutterschutzwerk der Vaterländ. Front, 1938.
L.: RP, 1. 6. 1928; NWT, 23. 8. 1944 (Parte); Das Neue Wien und seine Bürgerschaft, 1935, S. 74 (m. B.); I. Schöffmann, in: Zeitgeschichte 11, 1984, S. 349ff.; M. Seliger, Scheinparlamentarismus im Führerstaat, 2010, S. 810 (m. B.); N. Kogler, GeschlechterGeschichte der kath. Aktion im Austrofaschismus, 2014, S. 337ff.; I. Bandhauer-Schöffmann, in: Österreichische Z. für Geschichtswiss. 27, 2016, S. 44ff.; Frauen in Bewegung 1848–1938 (online, m. B. u. tw. W., Zugriff 22. 9. 2020); Alservorstadtpfarre, Pfarre Rossau, beide Wien.
(St. Glück)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 330f.
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