Wolkenstein-Trostburg, Leopold Johann Baptist Gf. (1800–1882), Politiker und Gutsbesitzer

Wolkenstein-Trostburg Leopold Johann Baptist Gf., Politiker und Gutsbesitzer. Geb. Passau, Bayern (D), 8. 7. 1800; gest. Trient, Tirol (Trento, I), 30. 1. 1882 (begraben: Waidbruck/Ponte Gardena, I); röm.-kath. Sohn des Anton Maria Gf. W.-T., Oberstjägermeister in Passau, später Minister im Kurfürstentum Sbg. und im Großhg.tum Würzburg, und seiner Frau Maria Anna, geb. Gfn. Firmian, Bruder des Juristen und Gutsbesitzers Karl Gf. W.-T. (geb. Passau, 10. 9. 1802; gest. Teplitz, Böhmen / Teplice, CZ, 2. 11. 1875; begraben: Prunéřov, CZ), Onkel des Gutsbesitzers und AH-Mitgl. (1878–85) Leopold Gf. W.-T. (geb. Prag, Böhmen / Praha, CZ, 9. 4. 1831; gest. Castel Toblino, Tirol/I, 14. 6. 1893), des Diplomaten und HH-Mitgl. auf Lebenszeit Anton Gf. W.-T. (geb. Brunnersdorf, Böhmen / Prunéřov, CZ, 2. 8. 1832; gest. Castel Ivano, Tirol/I, 5. 12. 1913) und des Gutsbesitzers und AH-Mitgl. (1887–1907) Wilhelm Gf. W.-T. (geb. Brunnersdorf, 1. 11. 1836; gest. Trient, 12. 2. 1915); unverheiratet. – Gleich dem Vater und seinem Bruder schlug W. eine Beamtenlaufbahn im Staatsdienst ein und war in der Allg. Hofkammer in Wien beschäftigt, wo er ab 1829 im Rang eines Hofkonz. und ab 1834 eines Hofsekr. wirkte. 1841 schied W. aus dem Staatsdienst und zog sich auf seine Besitzungen in Tirol zurück. Im Revolutionsjahr 1848 trat im Juni der aus Wahlen hervorgegangene tirol.-konstituierende Provinzial-LT zusammen, der den Ausschusskongress als Landesvertretung ablöste und W. zu seinem Präs. wählte. Als der LT im November vertagt wurde, setzte man für die Zeit bis zu seinem neuerl. Zusammentreten, das allerdings niemals erfolgte, einen ständigen Ausschuss ein, den W. als LT-Präs. leitete. Im Zeichen des Neoabsolutismus wurde im Februar 1852 dem Statthalter von Tirol und Vbg. die Leitung dieses Gremiums und damit die Funktion des LT-Präs. übertragen. Das Angebot, als Stellv. des Präs. zu fungieren, lehnte W. ab. 1860 erhielt Tirol ein Landesstatut, welches das Amt des LHptm. wiederaufleben ließ. Im November des Jahres berief K. →Franz Joseph I. W., seit Mai 1859 Mitgl. des verstärkten LT-Ausschusses und seit Mai 1860 des verstärkten RR, zum LHptm. von Tirol. Bei der LT-Wahl im März 1861 verlor er als Exponent der Adelspartei, die auf einer parität. Vertretung der vier Stände im Landesparlament beharrte, gegenüber seinem Konkurrenten von der Mittelpartei und blieb ohne Mandat. Kurz zuvor war W. von seinem Amt als LHptm. abberufen worden. Im April 1861 zog er als Mitgl. auf Lebenszeit in das HH ein, jedoch boykottierte er ab Dezember 1862 aus Protest die Sitzungen der 2. Kammer des RR bis zur Annahme seines Mandatsverzichts im Juni 1863, da die Verh.gegenstände außerhalb der Kompetenz des Hauses lägen. Mit ihm schied ein Föderalist und Hochkonservativer feudalen Zuschnitts aus dem polit. Leben. Er rieb sich an den zentralist. Tendenzen der neoabsolutist. wie auch der liberalen Ära und vertrat zeitlebens ein rückwärtsgewandtes ständ. Ges.- und Staatsmodell. Seinen Lebensabend verbrachte W., der 1835 zum k. k. Kämmerer und 1861 zum Geh. Rat ernannt worden war, auf der Trostburg – die Stammburg der Familie war seit 1852 in seinem Besitz – und im Palais Wolkenstein in Trient.

L.: Adlgasser; A. Lanner, Tiroler Ehrenkranz. Männergestalten aus Tirols letzter Vergangenheit, 1925, S. 23ff.; R. Schober, Geschichte des Tiroler LT im 19. und 20. Jh., 1984, s. Reg. (m. B.); R. Schober, Von der Revolution zur Konstitution. Tirol in der Ära des Neoabsolutismus (1849/51–60), 2000, s. Reg.; H. Heiss, in: G. Pfeifer – K. Andermann, Die Wolkensteiner, 2009, S. 361ff.; Pfarre Passau-St. Stephan, D.
(W. Beimrohr)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 335f.
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