Wrba, Theobald (Richard) (1868–1943), Abt

Wrba Theobald (Richard) OCist, Abt. Geb. Mähr. Schönberg, Mähren (Šumperk, CZ), 19. 7. 1868; gest. Kreisbach (NÖ), 3. 7. 1943; röm.-kath. Sohn des Fleischhauers Franz W. und dessen Frau Antonia W., geb. Bartel. – W. trat 1886 in das Noviziat des Stifts Lilienfeld ein und stud. am Inst. Theologicum im Stift Heiligenkreuz. Der Priesterweihe 1891 folgten sieben Jahre Pfarrseelsorge in Stiftspfarren, bis er ins Kloster versetzt wurde, um u. a. die Aufgaben des Novizenmeisters, Stiftspfarrers und (ab 1917) Priors zu übernehmen. 1931 wählte ihn der Konvent im 1. Wahlgang zum Abt; Weihe durch den St. Pöltner Bischof Michael Memelauer. W.s Abbatiat erwies sich als eine Ära schwerster Existenzbedrohung für das Stift. Es war geprägt von wirtschaftl. Problemen als Folge der Weltwirtschaftskrise. Zur Bewältigung der Inflation verkaufte das Stift nicht wenige Kunst- und Bibl.schätze, dazu kamen Immobilienverluste und die Schließung des Sängerknabeninst. Eine über alle österr. Zisterzen verordnete apostol. Visitation 1936/37 verursachte erhebl. Verunsicherung und Spannung im Konvent. Der belg. Visitator Hubertus Noots OPraem bestimmte den weiteren Verlauf von W.s Amtszeit und ließ ihn nicht selbstständig agieren; dazu kamen W.s häufige Ausfälle wegen Krankheit. Im intensiven Briefkontakt mit Noots bemühte sich W. 1936–38, den Zielen der Visitation gerecht zu werden. Die Verantwortung für die wirtschaftl. Führung von Lilienfeld musste er allerdings an einen Mitbruder abgeben. Da das klösterl. Leben in der Lilienfelder Klausur seit Generationen von der Sorge um zahlreiche umliegende Pfarreien geschwächt war und viele Konventualen nur geringen Kontakt zum Klosteralltag hatten, war eine rasche Umstellung auf die hohen Ideale des Visitators schwer zu erreichen. Der Reformansatz erschien vielen als anachronist. und realitätsfremd, daher fanden W.s Anordnungen wenig Beachtung. Den andauernden wirtschaftl. Nöten des Stifts folgte die Bedrängnis im „Dritten Reich“. Im Oktober 1938 verschafften sich Nationalsozialisten aus der Stadt Lilienfeld gewaltsam Eintritt in die Klausur und schlugen Fenster ein. Der materielle Abbau des Klostervermögens setzte sich nach 1938 durch Eingriffe der neuen Machthaber fort. Weitläufige Teile des Stiftsareals mussten an die NSDAP „verpachtet“ werden und tiefgreifende, nicht rückgängig zu machende Umbauten schützenswerter Objekte fanden statt. W.s Bemühungen um Niederlegung seines Abtamts (erstmals im Oktober 1937) blieben erfolglos. Trotz seiner Verpflichtung als Abt zog er sich 1939 nach Kreisbach zurück und behielt den dortigen Wohnsitz bis zu seinem Tod. Insgesamt verblieben von den Mönchen, die während W.s Abbatiat in Lilienfeld eingetreten waren, nur sieben. Vergebl. suchte der Abt Bauprojekte umzusetzen: Persönl. Verhh. mit dem Architekten Clemens Holzmeister über eine Kirchenvergrößerung in Traisen blieben ohne Ergebnis. W. war vor seiner Abtwahl als Bibliothekar aktiv und verf. ein Verzeichnis von knapp 20.000 Werken. Die Stiftschronik führte er als Abt nicht weiter.

L.: C. Bertsch – E. Müller, Biograph. Darstellung der Zisterzienser des Stiftes Lilienfeld 1891–1977, 1977, S. 62f.; E. Müller, Geschichtl. Abriss des Stifts Lilienfeld seit 1700, 1979, S. 314ff.; E. Müller, Profeßbuch des Zisterzienserstiftes Lilienfeld, 1996, S. 409f.; Biographia Cisterciensis (online, m. B., Zugriff 12. 2. 2021); Stiftsarchiv Lilienfeld, NÖ; Pfarre Šumperk, CZ.
(A. Schachenmayr)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 353f.
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