Würzburg (Würzburg-Gabillon), Zerline (Iduna); verheiratete Gabillon (1833–1892), Schauspielerin

Würzburg (Würzburg-Gabillon) Zerline (Iduna), verheiratete Gabillon, Schauspielerin. Geb. Güstrow, Mecklenburg (D), 19. 8. 1833; gest. Obermais, Tirol (Meran/Merano, I), 30. 4. 1892; mos., ab 1856 evang. AB. Tochter des Kaufmanns Simon W. und seiner Frau Bertha W., geb. Fürst, Mutter von →Helene Bettelheim-Gabillon; ab 1856 verheiratet mit →Ludwig Gabillon. – Schon in der Schule zeigte W. Begabung, ihr Schauspieldebüt erfolgte 1850 am Hamburger Stadttheater unter Dir. Chéri Maurice (eigentl. Charles Maurice Schwartzenberger) als Parthenia in Friedrich Halms (→Eligius Franz Josef Frh. Münch v. Bellinghausen) „Sohn der Wildnis“. Nach einem Jahr in kleinen Nebenrollen folgten bereits u. a. Luise in Schillers „Kabale und Liebe“, Klärchen in Goethes „Egmont“ und Julia in Shakespeares „Romeo und Julia“. Während ihrer dreijährigen Tätigkeit in Hamburg nahm sie Schauspielunterricht bei Adele Peroni-Glaßbrenner. Nach Ablauf des Engagements gastierte sie am Hoftheater Dresden als Salomon Hermann Mosenthals „Deborah“, Shakespeares Julia und Hebbels „Judith“, bevor sie von →Heinrich Laube einen Gastspielantrag fürs Hofburgtheater erhielt, das in einem Engagement mündete. Dort debüt. sie im Mai 1853 als Schillers Johanna, als Parthenia und als Agustín Moretos (Übers. →Joseph Schreyvogel) „Donna Diana“. Letztere stellte auch die Antrittsrolle ihres Engagements im September 1853 dar. Es folgten Julia, Johanna, Schillers „Maria Stuart“ und Margarethe in Goethes „Faust“. Bereits 1856 erfolgte die Ernennung zur Hofschauspielerin, verbunden mit einer lebenslangen Anstellung. In den ersten Jahren war sie überwiegend im trag. Fach zu sehen, zu den größten Erfolgen zählten etwa Jane Eyre in der Wr. Erstauff. von Charlotte Birch-Pfeiffers „Die Waise aus Lowood“ oder Hero in →Franz Grillparzers „Des Meeres und der Liebe Wellen“. Das Fach der „scharfen Dame“ musste erst für sie erfunden werden, starker Geist und spitze Rede brachten sie zu ihren charakterist. Salonrollen. W. galt als Meisterin der pointierten Rede, als Virtuosin des feinen Konversationsstücks mit sicherer und deutl. Rede trotz hohen Tempos. Sie kreierte Rollen wie die Titelpartie in Delphine de Girardins „Lady Tartuffe“, Gfn. Autreval in Eugène Scribes und Ernest Legouvés „Damenkrieg“, die Marquise in Scribes „Feenhänden“ oder Marquise v. Pompadour in Albert Emil Brachvogels „Narziß“. Auch mit ihrem Mann stand sie auf der Bühne, beispielsweise als Camille in Victorien Sardous „Flattersucht“, als Lycisca in Halms „Der Fechter von Ravenna“ oder als Beatrice in Shakespeares „Viel Lärm um Nichts“. Auch wenn W. in Klassikern zu sehen war, wie als Prinzessin Eboli in Schillers „Don Karlos“, als Margarethe von Parma in Goethes „Egmont“, als Gfn. Terzky in Schillers „Wallenstein“ („Die Piccolomini“, „Wallensteins Tod“) oder als Porzia in Shakespeares „Kaufmann in Venedig“, wirkte sie am erfolgreichsten in den französ. und dt. Lustspielen. So gab sie u. a. die Louise in Scribes „Fesseln“, die Clotilde in Sardous „Eine Familie nach der Mode“ (Familie Benoiton) oder auch die Gfn. in Friedrich Wilhelm Hackländers „Magnetische Kuren“. →Eduard v. Bauernfeld schrieb W. die Rolle der Eveline in „Fata Morgana“ und jene der Julie Braun in „Moderne Jugend“ auf den Leib. Als „Geheimrätin Seefeld“ in Roderich Benedix’ Lustspiel „Störenfried“ erfolgte der erste Schritt ins ältere Fach, in denen sie Mütter und Schwiegermütter verkörperte, wie etwa Frau von Thauzette in Alexandre Dumasʼ d. J. „Denise“. W. galt als unvergleichl. Darstellerin von Intrigantinnen und ränkevollen Frauen, so beispielsweise als Hgn. von Marlborough in Scribes „Ein Glas Wasser“. Ihre drei letzten Premieren spielte sie im Jänner 1891: zunächst das Fräulein von Scuderi in einer Dramatisierung von E. T. A. Hoffmanns gleichnamiger Novelle, bearb. von Ernst v. Wildenbruch, dann Margarethe in Grillparzers „König Ottokars Glück und Ende“ und schließl. Cäcilie Bernardi in Ludwig Fuldas „Das verlorene Paradies“. Ihren letzten Auftritt hatte sie im Dezember jenes Jahres als „Altes Weib“ in Grillparzers „Der Traum ein Leben“. W. verstarb während eines Kuraufenthalts. Mit Ölgemälden von →Hans Makart und →Gustav Gaul fand sie Eingang in die Ehrengalerie des Burgtheaters.

W.: Übers.: A. de Musset, Eine Laune, 1878.
L. (s. auch unter Gabillon): Eisenberg 1; Eisenberg, Bühne; Wurzbach; Dekamerone vom Burgtheater, 1880, S. 75ff.; L. Hevesi, Z. G., 1894; S. György, Burgtheater-Galerie, 1976, S. 151; H. Schrittesser, A. Bettelheim und H. Bettelheim-Gabillon und das literar. Leben ihrer Zeit, phil. Diss. Wien, 2013; biografiA. Lex. österr. Frauen 1, 2016; evang. Pfarre AB Innere Stadt, Theatermus. (Ztg.ausschnittesmlg.), beide Wien.
(C. Mayerhofer)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 364f.
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