Wüste, Friedrich (1819–1897), Fabrikant

Wüste Friedrich, Fabrikant. Geb. Quakenbrück, Kg.reich Hannover (D), 24. 1. 1819; gest. Baden (NÖ), 7. 9. 1897; evang. AB. Sohn eines kgl. hannoverschen Postmeisters (gest. 1828) und dessen Frau Christine W., geb. Glüsekamp, ab 1828 kgl. hannoversche Postmeisterin, Bruder des Tabakhändlers Rudolf W., Vater des Unternehmers Floris W., Schwiegervater des k. u. k. Linienschiffslt. und Unternehmers Friedrich Rupprecht v. Virtsolog und des k. u. k. Hptm. und Unternehmers Karl Rupprecht v. Virtsolog, Gründer der Akkumulatorenfabrik Wüste und Rupprecht; ab 1854 verheiratet mit Louise W., geb. Gockel. – Nach der Ausbildung zum Kaufmann in Osnabrück und Bremen war W. ab 1840 Teilhaber des von seinem Bruder geleiteten Tabakhandlungshauses Wüste und Hintzen in Amsterdam. Er unternahm zahlreiche Geschäftsreisen in andere europ. Länder, nach Niederländ.-Indien und China. Die Fa. erwarb Tabakplantagen auf Java und Sumatra und belieferte u. a. die Österr. Tabakregie. 1866 zog sich W. aus dem Geschäft zurück und übersiedelte 1867 nach Baden bei Wien. Ab 1867 fungierte er als stiller Teilhaber einer Farbenfabrik in St. Pölten, die er 1870 übernahm. Im selben Jahr erwarb er die sog. Rohrmühle bei Pfaffstätten, wo er nach dem Kauf einer Jonval-Turbine die Buch- und Steindruck-Fabrik F. Wüste einrichtete. Anfangs stand die Herstellung von Druckerschwärze im Vordergrund, später kam auch die Farbenproduktion hinzu. Des Weiteren wurde eine Verkaufsniederlage in Wien eröffnet. Die W.ʼsche Farbenfabrik war eine der ersten ihrer Art in Europa und die größte in der Monarchie: 1874 wurden 140 t Harz und 67.000 l Leinöl verarbeitet, was die Herstellung von über 100 t Druckerschwärze im Wert von 70.000 fl ermöglichte. Das Unternehmen beschäftigte zu diesem Zeitpunkt 15 Arbeiter. In diesem Jahr begann W. in seiner Mühle auch mit der Herstellung von Gewürzen. Mit seinen Produkten nahm W. an der Pariser Weltausst. 1878 teil. 1885 zog er sich zurück und übergab die Fabriksleitung an seinen Sohn und seine Schwiegersöhne. Ab Mitte der 1870er-Jahre Mitgl. des Gmd.ausschusses in Baden, war W. 1875 Mitbegründer der dortigen evang. Pfarrgmd. 1872 mit der Großen Silbernen und 1897 mit der Großen Goldenen Medaille des nö. Gewerbever. ausgez., erhielt W. für seine Verdienste 1879 das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens.

L.: Neues Wr. Journal, 8. 9. 1897; Großind. Österr. I, II; A. Mayer, Wiens Buchdrucker-Geschichte 1482–1882, 2, 1887, s. Reg.; Österr.-Ung. Buchdrucker-Ztg. 25, 1897, S. 425; Badener Ztg. 17, 1897, Nr. 73, S. 3f., Nr. 75, S. 3, 58, 1937, Nr. 87/88, S. 1; H. Rollett, Neue Beitrr. zur Chronik der Stadt Baden bei Wien 13, 1900, S. 59; R. Fronius, in: Jb. für die Geschichte des Protestantismus in Österr. 97, 1981, S. 33f.; A. Durstmüller – N. Frank, 500 Jahre Druck in Österr. 2, 1986, s. Reg.; K. Drescher, Die ehemaligen Badener Mühlen, 1990, s. Reg.
(Á. Z. Bernád)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 366
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