Wurm, Ignat (Ignaz) (1825–1911), Geistlicher, Politiker und Publizist

Wurm Ignat (Ignaz), Geistlicher, Politiker und Publizist. Geb. Klobauk, Mähren (Klobouky u Brna, CZ), 12. 7. 1825; gest. Olmütz, Mähren (Olomouc, CZ), 4. 10. 1911; röm.-kath. Sohn des Schneiders Antonín (Anton) W. (geb. Klobauk, 24. 4. 1794; gest. ebd., 3. 1. 1880) und dessen Frau Kateřina (Katharina) W., geb. Červená, Bruder des Postmeisters und Abg. (1861–77) zum mähr. LT Josef W. (geb. Klobauk, 5. 9. 1817; gest. ebd., 3. 7. 1888). – W. absolv. 1836–38 das Piaristengymn. in Kremsier und 1838–44 das Gymn. bzw. die phil. Jgg. in Brünn. Nicht zuletzt unter dem Einfluss des Priesters, Publizisten und Kunstsammlers Friedrich Gf. v. Silva-Tarouca schlug er die geistl. Laufbahn ein und stud. Theol. in Brünn. W. interessierte sich schon früh für Politik und die nationale Frage. Er schloss Bekanntschaft mit →František Sušil und engag. sich wie dieser für den Kyrill-und-Method-Kult, der sich zu einem wichtigen Ausdruck des erwachenden tschech. Nationalbewusstseins entwickelte und zugleich als Plattform für eine Zusammenarbeit mit den anderen Slawen in der Monarchie wahrgenommen wurde. 1850 zum Priester geweiht, wirkte er zuerst als Kooperator in Mutienitz und anschließend kurz als Kaplan in Děditz bei Wischau, ehe er 1853 schwer erkrankte. Ab 1859 war er als Spiritual und Religionslehrer an der Rettungs-Anstalt für verwahrloste Kinder in Brünn-Obrowitz tätig, ehe er 1866 als Vikar an die Olmützer Domkirche wechselte; 1867 Konsistorialsekr. und 1883 -auditor. Innerhalb des Olmützer Konsistoriums setzte er sich erfolgreich für die Gleichstellung des Tschech. ein. W. förderte die Wallfahrt nach Velehrad, das sich zu einem Zentrum der Kyrill-und-Method-Verehrung entwickelte, sowie die kath. Publizistik, für welche er selbst zahlreiche Beitrr. lieferte. 1861 fungierte er als Mitbegründer der Mähr. Nationalpartei, eines Ablegers der alttschech. Bewegung in Mähren. Er setzte sich generell für eine verstärkte Zusammenarbeit der beiden Kronländer Böhmen und Mähren ein, gerade auch die hist. Landrechte betreffend. 1861–72 sowie 1873–90 gehörte W. dem mähr. LT und 1873–91 dem AH des RR an. W., der über gute Kontakte in aristokrat. Kreise (Gf. Belcredi, Gf. Salm) verfügte und u. a. mit →Josip Juraj Strossmayer befreundet war, galt als beliebte Persönlichkeit, die wegen ihrer Dialogfähigkeit auch von tschech.-liberalen Kreisen sehr geschätzt wurde. Nicht zuletzt deshalb trat er wiederholt als Gastredner auf diversen Veranstaltungen auf, was zunehmend auf Kritik durch Erzbischof →Theodor Kohn stieß und schließl. auch zu seinem Rückzug aus der Öffentlichkeit führte. 1883 beteiligte sich W. an der Gründung des Olmützer Heimatmus. (Vlastenecké mus.), als dessen Obmann er bis 1911 fungierte.

L.: Národní listy, 5. 10. 1911; Adlgasser; M. Procházková, P. I. W. ve svém životě, 1900; J. Malíř u. a., Biografický slovník poslanců moravského zemského sněmu v letech 1861–1918, 2012 (m. B.); V. Pokorný, I. W. Poslední z družiny Sušilovy, 2018; Katedrála sv. Václava, Olomouc, Pfarre Klobouky u Brna, beide CZ.
(J. Šebek)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 371f.
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