Wurmb, Karl (1850–1907), Eisenbahntechniker und Beamter

Wurmb Karl, Eisenbahntechniker und Beamter. Geb. Neumarkt (Neumarkt im Hausruckkreis, OÖ), 18. 9. 1850; gest. Wien, 30. 1. 1907; röm.-kath. Sohn des Fabrikbesitzers Josef W. und dessen Frau Amalie W., geb. Adam, Tochter des Hofmalers Albrecht Adam aus München; verheiratet mit Anna W., geb. v. Götz. – W. erhielt die Volksschulbildung in seinem Elternhaus und ging zur Vorbereitung für höhere techn. Stud. auf die kgl. Gewerbeschule Straubing und danach auf das Polytechnikum Zürich (beides nicht nachweisbar). Zusätzl. betrieb er Privatstud. Seine berufl. Karriere begann er als Ing.ass. bei der k. k. priv. Südbahn-Ges., wo er beim Bau der Brennerbahn sowie bei der Trassierung und dem Bau der Pustertalbahn tätig war. Bereits als Ing. und Bauführer wirkte er beim Bau der Strecke Villach–Tarvis mit, für die Gen.inspektion der österr. Eisenbahnen bei der Trassierung der Predilbahn, der Linie Laibach–Karlstadt und der Salzkammergutbahn. 1876 trat er seinen Dienst bei der Dion. für Staats-Eisenbahnbauten an. Nach Vorarbeiten zu einem Wasserkraftwerk an der Kerka bei Sebenico 1878–79 folgten ab 1879 Stud. zum Arlbergtunnelbau und Bauführertätigkeit auf der Tunnelwestseite. Bei Bohrarbeiten im Tunnel wurde W. 1882 schwer verletzt und musste daraufhin den Tunneldienst gegen Ing.arbeiten in der Bauleitung Bludenz tauschen. 1883, noch vor der Eröffnung der Arlbergbahn, erfolgte seine Berufung zur Dion. für Staats-Eisenbahnbauten nach Wien. Nun begann er mit seinen Arbeiten für die Trassierung der Tauernbahnvarianten, wofür er Urlaub erhielt. Danach war er ab 1884 im Stud.büro, später im Büro für Oberbau und Stationsanlagen der Gen.dion. der österr. Staatsbahnen tätig. 1887–90 widmete er sich fast ausschließl. der Mitarb. an der von →Viktor Frh. v. Röll hrsg. „Enzyklopädie des Eisenbahnwesens“ (7 Bde., 1890–95), die er tw. auch red. 1890 trat er in den Stmk. Landesausschuss ein. 1892 zum Dir. des Stmk. Landeseisenbahnamts ernannt, entstand unter seiner Leitung eine Reihe wichtiger Lokalbahnen (Cilli–Wöllan, Pöltschach–Gonobitz, Stainz–Wieselsdorf, Kapfenberg–Seebach und die Murtalbahn). W. wurde nicht nur von →Gundaker Gf. v. Wurmbrand-Stuppach 1894 ins neue Lokaleisenbahnamt im Handelsmin. berufen, sondern gleichzeitig auch zum Min.rat ernannt. Nach der Errichtung des Eisenbahnmin. 1896 leitete er dort das techn. Lokalbahnamt. Von →Heinrich Ritter v. Wittek 1901 zum Sektionschef und Eisenbahnbaudir. befördert, war er für die Durchführung der sog. Zweiten Eisenbahnverbindung mit Triest verantwortl. Das damals größte Eisenbahnbauprojekt, die Neuen Alpenbahnen, umfasste rund 340 Gebirgsbahnkilometer mit unzähligen Tunnelbauten und Viadukten. Neben der Pyhrnbahn mit dem 4,7 km langen Bosrucktunnel, der Tauernbahn mit dem 8,5 km langen Tauerntunnel, der Karawankenbahn mit dem 7,9 km langen Karawankentunnel, der Wocheinerbahn mit dem 6,3 km langen Wocheinertunnel und der über 200 m langen Salcanobrücke baute man noch die Anschlussstrecke nach Triest (Karstbahn). Aufgrund massiver Baukostenüberschreitungen und heftiger Parlamentsdebatten 1905 trat W. von seiner Stelle als Eisenbahnbaudir. zurück und ging i. d. R. Die Wocheiner- und die Karstbahn wurden im Juli, die Pyhrnbahn im August und die Karawankenbahn im Beisein W.s im September 1906 eröffnet. Mit der Fertigstellung des Tauerntunnels im Mai 1909 war das letzte Teilstück der Zweiten Eisenbahnverbindung vollbracht (Eröffnung Juli 1909). Unter die zahlreichen Ehrungen W.s fallen die Verleihung des goldenen Verdienstkreuzes (1884), des Ritterkreuzes des Leopold-Ordens (1898) sowie des Ehrendoktorats der TH Wien (1906).

L.: NFP, 31. 1., 1. 2. (Parte) 1907; ZÖIAV 46, 1894, S. 290, 59, 1907, S. 151ff. (m. B.); II. Nachtrag zum beschreibenden Kat. des k. k. hist. Mus. der österr. Eisenbahnen, 1910, S. 64ff.; F. Binder – M. Rohlena, in: Bll. für Technikgeschichte 12, 1950, S. 38ff. (m. B.); J. Dultinger, Leben und Werk großer Persönlichkeiten der österr. Eisenbahngeschichte, 1993, S. 187ff. (m. B.); M. Lischka, Die neuen Alpenbahnen …, hist.-kulturwiss. Diss. Wien, 2017, S. 350ff.; Th. Stampfl, Schöpfer der österr. Alpenbahnen. Gedenken zu seinem hundertsten Geburtstag, o. J. (Typoskript, Techn. Mus. Wien); Pioniere des österr. Eisenbahnwesens: Kurzbiografien. W. K. (= Österr. Eisenbahn-Ed. 2044), o. J.; AdR, Techn. Mus. Wien, TU, WStLA, alle Wien; Pfarre Neumarkt im Hausruckviertel, OÖ.
(B. Jernej)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 375
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