Žáček, Jan (1849–1934), Politiker und Jurist

Žáček Jan, Politiker und Jurist. Geb. Čertorey, Mähren (Čertoryje, CZ), 31. 5. 1849; gest. Brünn, Tschechoslowakei (Brno, CZ), 4. 10. 1934; röm.-kath. Sohn des Bauern Jakob Ž. und dessen Frau Anna Ž.; ab 1876 verheiratet mit Anna Ž., geb. Porazilová. – Ž. besuchte 1861–69 das Gymn. in Olmütz und stud. anschließend bis 1873 Jus an den Univ. Wien und Prag; 1876 Dr. iur. in Prag. 1873 als Gerichtspraktikant und ab 1874 als Advokaturskonzipient in der Kanzlei →Joseph Fanderliks tätig, wirkte er 1880–1908 als Rechtsanwalt in Olmütz; 1899–1918 Mitgl. des Reichsgerichts. 1887–1918 saß er als Abg. im mähr. LT und 1896–1908 zudem im Landesausschuss; 1902–06 und 1913–18 LHptm.-Stellv., 1906–18 Vors. der mähr. LT-Kurie der Abg. tschech. Nationalität. 1885 zog Ž. in das AH des RR ein, dem er bis 1911 angehörte (1900 und 1901–07 2., 1907–08 1. Vizepräs.). 1912 ernannte man ihn zum Mitgl. des HH auf Lebenszeit. Polit. war Ž. in der mähr. Národní strana (Alttschechen) beheimatet. 1893 Mitbegründer und Vors. ihres führenden Landesver. Národní klub in Brünn, fungierte er ab 1895 als Obmann des Exekutivausschusses des mähr. Ablegers der Partei. Im Gegensatz zu früheren Führungspersönlichkeiten der Alttschechen in Mähren (Fanderlik, →Anton v. Mezník, →František v. Šrom) setzte er ab 1895 eine verstärkte Zusammenarbeit mit den mähr. Jungtschechen unter →Adolf Stránský durch, sodass die Národní strana 1896–1902 wiederholt Wahlkompromisse mit den jungtschech. Konkurrenten einging. Im AH des RR gehörten ihre Abg. ab 1896 dem gem. Klub neodvislých poslanců českých an. Im mähr. LT stand Ž. 1900–02 dem gem. Klub českých poslanců vor, 1902–13 dem Klub der mähr. Nationalpartei. Nach Einführung des allg. Wahlrechts 1907 verstärkten sich jedoch die Konflikte mit den Jungtschechen, auch auf persönl. Ebene zwischen Ž. und Stránský. In der Konkurrenz mit den nun entstandenen polit. Massenbewegungen hatte Ž.s „Notablenpartei“ nur geringe Erfolgschancen, weshalb er verstärkt mit den klerikalen Fraktionen zusammenarbeitete. Den Höhepunkt von Ž.s Karriere stellte das Amt des böhm. Landsmann-Ministers in der Regierung Bienerth dar, welches er 1908–09 innehatte, ehe er aus Protest gegen die Sanktionierung der sog. Lex Kolisko in mehreren Kronländern zurücktrat. Bei den RR-Wahlen 1911 unterlag das mähr. konservativ-klerikale Lager dem fortschrittl. Block und Ž. verlor sein Mandat. Das Vertrauen der tschech. Öffentlichkeit gewann er bei den LT-Wahlen 1913 zurück, bei denen er als selbstständiger nationaler Kandidat antrat und keinen Konkurrenten hatte. Im mähr. LT gründete er 1913 den vierköpfigen Klub nezávislých poslanců. Ž. war ein fulminanter Redner, fähiger Agitator und geschickter Organisator, der sich um korrekte Beziehungen zu den Dt.mährern und eine Versöhnung der beiden Volksgruppen bemühte. V. a. erwarb er sich große Verdienste um den Abschluss des Mähr. Ausgleichs (1905), an dessen Vorbereitungskonferenzen er teilgenommen hatte. Aus Wr. Sicht galt er als konservativ-gemäßigter, äußerst loyaler und kaisertreuer Politiker. Als solcher musste er sich nach 1918 zurückziehen, unterstützte jedoch weiterhin die kath. Československá strana lidová. Nachdem deren Parteigänger Josef Dolanský 1921 zum Justizminister ernannt worden war, übernahm Ž. bis 1926 dessen Anwaltskanzlei in Brno. Ž. war im tschech.-nationalen Ver.leben Mährens äußerst aktiv und u. a. 1885 Mitbegründer und bis 1902 Obmann der Národní jednota pro východní Moravu, Mitgl. des Politický spolek (ab 1891 Vors.), des Schulver. der Matice školská, des Sokol sowie des Gesangsver. Žerotín. Er trug wesentl. zur Errichtung des Národní dům (1888) in Olmütz bei, welches zum Zentrum des tschech. gesellschaftl. Lebens der Stadt wurde. Daneben hatte Ž., der auch zu nationalpolit. und ökonom. Themen publ., wichtige Funktionen im Wirtschaftsleben inne und fungierte als Ausschussmitgl. der První česká společnost stavební in Olmütz sowie 1916–20 als Vizepräs. der Ústřední banka českých spořitelen. Er erhielt 1898 den Orden der Eisernen Krone III. Kl. und 1906 das Komturkreuz mit Stern des Franz Joseph-Ordens; 1909 Geh. Rat.

W.: Moravské volby sněmovní roku 1890, 1890; Státní právo a rovnoprávnosť, 1898; Pravda o krvavých událostech moravských, 1899; Dr. J. Ž. o volební opravě moravské, 1905; Dr. J. Ž. o posledních událostech na Moravě a o politické situaci, 1908.
L.: Adlgasser; Luft; Otto; J. Tomeš u. a., Tváře našich parlamentů 1861–2011, 2012; J. Malíř u. a., Biografický slovník poslanců moravského zemského sněmu v letech 1861–1918, 2012 (m. B.); Pfarre Charváty, CZ.
(L. Velek)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 391f.
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