Zach, Erwin Ritter von (1872–1942), Sinologe und Diplomat

Zach Erwin Ritter von, Sinologe und Diplomat. Geb. Wien, 18. 4. 1872; gest. auf See bei Nias vor der Westküste Sumatras, Niederländ.-Indien (RI), 19. 1. 1942 (umgekommen); röm.-kath. Sohn des 1879 in den Ritterstand erhobenen FML Paul Ritter v. Z. (geb. Graz, Stmk., 6. 6. 1831; gest. Wien, 19. 10. 1891) und der Emilie v. Z., geb. Stadler v. Gestirner (geb. 2. 2. 1844). – Z. verbrachte seine Gymn.zeit in Krakau, Lemberg und Wien (Matura 1890 am Schottengymn.). Er stud. 1890–95 Med. an der Univ. Wien und beschäftigte sich auch mit Naturwiss. (Mathematik). Nach Ablegung des 1. Rigorosums wandte er sich den oriental. Sprachen zu und lernte zunächst bei →Franz Kühnert klass. Chines. 1896/97 setzte er seine sinolog. Stud. an der Univ. Leiden fort (Dr. phil. 1909, Univ. Wien). Nach Vermittlung durch →Karl v. Scherzer trat er 1897 in den Dienst der chines. Seezollverwaltung. 1901 wechselte er in den k. u. k. auswärtigen Dienst und war als Dolmetscher (Konsularattaché, später Vizekonsul) an der Gesandtschaft in Peking tätig, als Vizekonsul auch in Shanghai und Hongkong. Nach längeren Auseinandersetzungen mit einem Kollegen wurde er nach Yokohama versetzt und blieb auch weiterhin im k. u. k. Konsulardienst (1909–14 Konsul in Singapur, ab 1915 in Batavia, 1919 i. R.). 1920–24 war Z. im niederländ.-ostind. Finanzdienst beschäftigt und lebte danach als Privatgelehrter in Weltevreden bei Batavia. Das Angebot der österr. Regierung, wieder in ihre Dienste zu treten (er war nach 1909/10 nicht mehr in Europa), lehnte er ebenso ab wie eine Berufung an die Peking-Univ. Z. verfügte über eine außergewöhnl. philolog. Begabung und galt als einer der besten Kenner der chines. Schriftsprache überhaupt. Seine Bedeutung liegt neben der erstmaligen fast vollständigen Übers. der literar. Anthol. „Wenxuan“ in eine westl. Sprache v. a. in der Übers. der Dichtungen der tang-zeitl. Autoren Li Bo (Li Taibo), Du Fu und Han Yu. Z. verf. auch unzählige Verbesserungen zu größeren Chines.-Wörterbüchern und zahlreiche mitunter sehr polem. Rezensionen. 1940 wurde er wie alle Deutschen in Niederländ.-Indien interniert. Als die Zivilinternierten vor der japan. Besetzung Sumatras nach Brit.-Indien gebracht werden sollten, kam er bei dem durch einen japan. Luftangriff verursachten Untergang des Frachters „Van Imhoff“ ums Leben. W. erhielt 1923 das Ehrenzeichen der Univ. Wien und wurde 1928 Ehrenmitgl. der Akad. der Wiss. in Wien.

Weitere W.: s. A. Hoffmann, in: Oriens Extremus 10, 1963 (m. B.). – Splitternachlass: ÖAW, Wien.
L.: Völk. Beobachter (Wr. Ausg.), 19. 4. 1943; A. v. Rosthorn, in: Almanach Wien 93, 1943, S. 195ff. (m. B.); A. Forke, in: Z. der Dt. Morgenländ. Ges. 97, 1943, S. 1ff. (m. B.); M. Motsch, in: De l’un au multiple, ed. V. Alleton – M. Lackner, 1999, S. 101ff.; B. Führer, Vergessen und verloren. Die Geschichte der österr. Chinastud., 2001, S. 157ff.; G. Lehner, in: Oriens Extremus 43, 2002, S. 237ff.; E. Ritter v. Z. (1872–1942). Gesammelte Rezensionen, ed. H. Walravens, 2006; A. van Tongerloo – M. Knüppel, in: Nachrichten der Ges. für Natur- und Völkerkde. Ostasiens 187–188, 2012, S. 293ff.; Website 650 plus – Geschichte der Univ. Wien (Zugriff 29. 5. 2020).
(G. Lehner)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 394
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>