Zacherl, Johann(Johann vom Kreuz , Johannes) Evangelist d. Ä. (1814–1888), Händler und Fabrikant

Zacherl Johann (Johann vom Kreuz, Johannes) Evangelist d. Ä., Händler und Fabrikant. Geb. Au, Bayern (München, D), 24. 11. 1814; gest. Unterdöbling, NÖ (Wien), 30. 6. 1888; röm.-kath. Sohn des Zinngießers Johann Gregor Z. (1776–1823) und von Katharina Z., geb. Lauter (gest. 1818), Vater u. a. von →Johann Evangelist Z. d. J.; verheiratet 1848 in 1. Ehe mit Karoline Magdalene Christine Z., geb. Blum (gest. 1848), ab 1855 mit Anna Z., geb. Haas. – Nach seiner Ausbildung zum Zinngießer begab sich Z. 1832 von Bayern aus auf die Walz und kam 1836 nach Wien, wo er in einer Zinngießerei Arbeit fand. Sein weiterer Weg führte ihn über St. Petersburg, Moskau, Kiew, Odessa und Konstantinopel schließl. in den Kaukasus, wo er in Tiflis eine Werkstatt für Zinn- und Gelbgießerei sowie Holz- und Eisendreherei eröffnete. Darüber hinaus vertrieb er Waren wie Tee, Rum oder Teppiche. In Tiflis lernte er ein aus den getrockneten Blüten der in den Gebirgsregionen Georgiens wild wachsenden Chrysantheme gewonnenes, als „Persisches Pulver“ bezeichnetes Insektenvertilgungsmittel kennen, dessen Wirkung seit Langem bekannt war. Z. nahm nun selbst die Produktion des Insektenpulvers auf und richtete, ab 1855 wieder in Wien ansässig, in der Inneren Stadt ein Geschäftslokal in der Strauchgasse, später in der Goldschmiedgasse ein, das als Hauptdepot für den Verkauf diente. Nicht zuletzt durch intensive Werbung, in der neben der Hervorhebung der Echtheit und verlässl. Wirksamkeit des angepriesenen Produkts auch eine Portion Exotismus zum Einsatz kam, konnte sich Z. bald als einer der Marktführer seiner Branche etablieren. Neben dem Standort Tiflis, von wo der Nachschub an Ware erfolgte, entstanden Filialen in Berlin, Konstantinopel, London, New York und Paris. Später erweiterte Z. seine Produktpalette um eine von ihm entwickelte insektenvernichtende Tinktur; außerdem führte er in seinem 1866 ebenfalls in der Goldschmiedgasse eröffneten neuen Geschäft Zum Tscherkessen Waren wie Kaffee, Tee, Spirituosen und Badeschwämme. Die Fabriksproduktion der Insektizide erfolgte ab 1870 in Unterdöbling. Z. errang mit seinen Erzeugnissen u. a. auf den Weltausst. 1867 in Paris, 1873 in Wien sowie 1876 in Philadelphia Ausz. Vom hohen Bekanntheitsgrad des Z.’schen Insektenpulvers zeugt auch dessen Eingang in die damalige Unterhaltungskunst, z. B. die 1859 im Thalia-Theater aufgeführte Burleske „Zacherl“ von Theodor Flamm (→Anton Krüpl) und →Josef Wimmer, die allerdings sowohl beim Publikum als auch bei der Kritik durchfiel. 1887 übertrug Z. die Geschäfte seinem ältesten Sohn.

L.: FB, 25. 3. 1855, 20. 3. 1856, 10. 10. 1866; Die Presse, 1. 6. 1887; NFP, 1. 7. 1888; Internationale Ausst. zu Paris 1867, Wien (1867), S. 160 (Kat.); Welt-Ausst. 1873 in Wien, Wien 1873, S. 77 (Kat.); Weltausst. in Philadelphia 1876, Wien (1876), S. 35f. (Kat.); C. Kokkinakis, in: Zeitgeschichte 20, 1993, H. 3/4, S. 89f.; K. Sotriffer, Die Blüte der Chrysantheme, 1996 (m. B.); R. Sandgruber, Traumzeit für Millionäre, 2013, S. 467; E. Offenthaler, „Zacherlin wirkt staunenswert!“ – J. Z. und sein Pulver, 2013 (online, Zugriff 16. 9. 2020); Pfarre Döbling, Wien; Pfarre München-Mariahilf, D.
(Ch. Kanzler)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 399f.
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