Zacherl, Johann (Johannes) Evangelist d. J. (1857–1936), Industrieller

Zacherl Johann (Johannes) Evangelist d. J., Industrieller. Geb. Wien, 1. 4. 1857; gest. ebd., 17. 6. 1936; röm.-kath. Sohn von →Johann Evangelist Z. d. Ä. und Anna Z., geb. Haas, Vater u. a. des Gynäkologen Hans (Johannes) Z. (geb. Wien, 8. 8. 1889; gest. ebd., 27. 6. 1968) und des Chemikers Michael Karl Z. (geb. Wien, 1. 9. 1905; gest. ebd., 26. 3. 1990), Schwiegervater von →Joseph Eberle; ab 1887 verheiratet mit Hermine Z., geb. Peham. – Z. war seit den 1870er-Jahren im Betrieb seines Vaters in der Herstellung des seit 1882 unter der Schutzmarke Zacherlin weltweit exportierten Insektenvertilgungsmittels tätig. Ab 1887 offizieller Nachfolger, führte Z. durch den Einsatz moderner Maschinen das Unternehmen zu einem weiteren Aufschwung. Mit einer Anstalt für mottensichere Aufbewahrung sowie Reinigung von Teppichen und anderen Gebrauchstextilien eröffnete er ein zusätzl. Geschäftsfeld. Das 1892–93 nach dem Entwurf von →Hugo Ritter v. Wiedenfeld errichtete Büro- und Fabriksgebäude in der heutigen Nusswaldgasse in Wien-Unterdöbling war dem Baustil pers. Moscheen nachempfunden und entsprach damit der erfolgreichen, Motive des Orientalismus aufgreifenden Werbestrategie der Fa. Mit dem von Jože Plečnik entworfenen, 1903–05 erbauten Zacherl-Haus am Wildpretmarkt in Wien-Innere Stadt entstand ein markantes Baudenkmal der Moderne. Mit Ausbruch des 1. Weltkriegs und vor dem Hintergrund der Entwicklung neuer Verfahren zur synthet. Herstellung von Insektiziden geriet das Unternehmen in eine Krise, von der es sich bis zu seiner Auflösung 1958 nicht mehr erholte. Z. wirkte als Mentor und Financier zahlreicher Persönlichkeiten und Initiativen aus dem christl.sozialen Milieu. Antiliberal und antisemit. eingestellt, unterstützte er →Karl Lueger bei dessen Wahl zum Wr. Bgm. Anton Orel, mit dessen von →Karl Emil Frh. v. Vogelsang geprägten sozialpolit. Ideen er sympathisierte, förderte Z. bei der Gründung einer Lehrlingsorganisation. Gem. publ. sie die Schrift „Das Grundproblem der Kultur“ (1919). Z., Mitgl. der Leo-Ges. und Förderer von Eberles kath. WS „Schönere Zukunft“, war Teilnehmer der wöchentl. Gesprächsrunden bei →Richard Kralik v. Meyrswalden und zählte zu den Gründern der Kralik-Ges. Für sein humanitäres Engagement im Ver. Kinderschutzstationen wurde Z. 1909 mit dem Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens ausgez.

L.: Die Presse, 1. 6. 1887; Neues Wr. Journal, 16. 11. 1909; RP, 19., Salzburger Chronik, 20. 6. 1936; Neue Illustrirte Ztg. 12, 1883, S. 186; J. E. Z. zum Gedächtnis, 1936; C. Kokkinakis, in: Zeitgeschichte 20, 1993, H. 3/4, S. 90f.; W. A. Kimmel, Das Wahre ist schon längst gefunden. Leben und Wirken des Wr. Fabrikanten J. E. Z. (1857–1936), DA Salzburg, 1994; K. Sotriffer, Die Blüte der Chrysantheme, 1996 (m. B.); M. Th. Mikhail, „Die Zacherlfabrik“, phil. DA Wien, 2012, S. 12ff., 79; R. Sandgruber, Traumzeit für Millionäre, 2013, s. Reg.; E. Offenthaler, „Zacherlin wirkt staunenswert!“ – J. Z. und sein Pulver, 2013 (online, Zugriff 16. 9. 2020); N. Zacherl u. a., J. Plečnik. Zacherlhaus, 2016 (m. B.); Die Mottenfraß-Verhütungs-Unternehmung Z. in 20 Bildern, o. J.
(Ch. Kanzler)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 400f.
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