Zaliznjak, Mykola (Nikolaj) Kindratowyč (1888–1950), Politiker und Journalist

Zaliznjak Mykola (Nikolaj) Kindratovyč, Politiker und Journalist. Geb. Melitopolʼ, Russland (UA), 10. 8. 1888; gest. Permʼ, UdSSR (RUS), 1950. Sohn eines Lehrers, Vater der Frauenaktivistin Olena Z. (geb. Wien, 9. 5. 1917; gest. Montréal, CDN, 22. 5. 2003), der späteren Ehefrau des Komponisten und Musikers Bohdan Veselovsky, Schwager des Juristen, Ethnographen und Publizisten Volodymyr Ochrymovyč (1870–1931); ab 1911 verheiratet mit der Anfang der 1950er-Jahre nach Kanada emigrierten Journalistin und Frauenaktivistin Olena Z. (Zaliznyak-Okhrimovich), geb. Ochrymovyč (geb. Seneczów, Galizien / Senečiv, UA, 1886; gest. Montréal, 1969). – Z., der bereits 1905 Mitgl. der Partei der Sozialrevolutionäre geworden war, begann ein Stud. in Kiew, arbeitete als Rezensent der Verlagsabt. der Kiewer Filiale des Bildungsver. Prosvita und betätigte sich journalist. bei der Z. „Rada“. 1907 wurde er wegen der Organisation von Studentenprotesten exmatrikuliert und nach Sibirien verbannt. Er floh jedoch und emigrierte 1908 nach Lemberg. Dort setzte er sein Stud. fort, arbeitete als Praktikant im Mus. der Ševčenko-Ges. der Wiss. und engag. sich erneut in Studentenverbänden. 1910 wurde Z. im Rahmen der Studentenproteste, bei denen der ruthen.-ukrain. Studentenführer Adam Kocko durch einen Schuss aus den eigenen Reihen starb, verhaftet. Infolge des 1911 geführten Prozesses gegen die 99 ukrain. Studenten sollte Z., noch immer russ. Staatsbürger, nach drei Monaten Haft des Landes verwiesen werden. Durch seine Heirat erhielt er die österr. Staatsbürgerschaft und konnte mithilfe seines Schwagers den Vollzug der Strafe so lange hinauszögern, bis sie durch den Ausbruch des 1. Weltkriegs obsolet wurde. 1914 fungierte Z. als Mitbegründer des Bunds zur Befreiung der Ukraine, seine Befürwortung terrorist. Akte führte jedoch rasch zu internen Differenzen, die in der Abspaltung von Z. und seiner Gruppe im November 1914 mündeten. Im Rahmen des Auslandskomitees der Ukrain. Sozialrevolutionären Partei in Wien betätigte sich Z. auch publizist. Mit der sog. Gruppe Zaliznjak plante er, Aufstände in der russländ. Ukraine zu initiieren, die letztl. den Mittelmächten beim Angriff auf diese Gebiete von Nutzen gewesen wären. Dafür erhielt er vom Min. des Äußern eine Unterstützung von 250.000 Kronen. Als sich keine Erfolge einstellten, wurde er von Konsul Emanuel Urbas des Schwindels bezichtigt. Wenn auch nicht verhaftet oder ausgewiesen, so wurde Z. doch unter strenge Beobachtung gestellt. Informell war Z. als Vermittler zwischen der österr. und den ukrain. Parteien an den Verhh. in Brest-Litowsk beteiligt. 1919 wirkte er als Botschafter der Ukrain. Volksrepublik in Helsinki. Ab 1921 arbeitete Z. als Prof. an der Ukrain. Freien Univ. Prag; einige Jahre später kehrte er nach Lwów zurück und wurde Red. des „Dilo“. Aufgrund seiner proukrain. Artikel musste er jedoch Polen verlassen und nach Österr. zurückkehren, da er dessen Staatsbürgerschaft behalten hatte. 1945 wurde Z. vom sowjet. Geheimdienst verhaftet und verstarb im Gefängnis.

W.: Ukrajinci, Rosija j vijna. (Zamitky j materijaly), 1915; Samostijna Ukrajina – nesocialistyčne haslo?, 1917; Moja učastʼ u myrovych perehovorach v Berestju-Lytovs’komu, in: Berestejs’kyj myr. Spomyny ta materialy, 1928; Jak ljudy do kraščoho žyttja dochodyly. Narysy z zahal’noji istoriji ljuds’koho kul’tury, 1929.
L.: W. Bihl, in: Jbb. für Geschichte Osteuropas, NF 13, 1965, S. 226ff.; Olena Z. Monohrafija, ed. I. Pelens’ka u. a., 1987, S. 34ff.; I. Pater, Sojuz vyzvolennja Ukrajiny. Problemy deržavnosti i sobornosti, 2000, S. 76f.; Ukrajins’ka dyplomatyčna enc. ... 2, 2013, S. 299f.; AVA, HHStA, beide Wien; Centralʼnyj deržavnyj istoryčnyj archiv Ukrajiny, Lʼviv, UA.
(M. Rohde)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 420f.
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