Zallinger (Zallinger zum Thurn, Zallinger-Thurn), Otto von (1856–1933), Jurist

Zallinger (Zallinger zum Thurn, Zallinger-Thurn) Otto von, Jurist. Geb. Bozen, Tirol (Bozen/Bolzano, I), 27. 11. 1856; gest. Salzburg (Sbg.), 12. 5. 1933; röm.-kath. Aus einer von K. Maximilian II. in den Reichsadelsstand erhobenen Bozner Kaufmannsfamilie stammend. Vater des Dirigenten Meinhard Z. (Z. zum Thurn, Z.-Thurn) (geb. Wien, 25. 2. 1897; gest. Salzburg, 24. 9. 1990); ab 1884 verheiratet mit Luise Z., geb. v. Walther. – Z. maturierte in Bozen und stud. 1874–78 Rechtswiss. in Innsbruck; 1879 Dr. iur. sub auspiciis Imperatoris. Nach weiterführenden Stud. in Straßburg bei Rudolf Sohm habil. sich Z. 1880 in Innsbruck für dt., 1883 auch für österr. Rechtsgeschichte; ab 1883 ao. Prof. und ab 1887 o. Prof. des Dt. Rechts und der Österr. Reichsgeschichte in Innsbruck; 1891/92 Rektor. 1894 an die Univ. Wien berufen, schränkte ein Nervenleiden seine Lehr- und Forschungstätigkeit zunehmend ein und führte 1906 zu seiner vorzeitigen Versetzung i. d. R. In seiner Habil.schrift „Ministeriales und Milites“ (1878) ging Z. der Rechtsstellung des unfreien Adels nach und wies die Existenz eines eigenen, von den höhergestellten Dienstmannen zu trennenden Standes unfreier (einschildiger) Ritter nach, die erst in späterer Zeit als lehnsfähig anerkannt wurden. Aufsehen erregte sein Buch über „Die Schöffenbarfreien des Sachsenspiegels“ (1887), in dem er behauptete, Eike v. Repgow habe diesen Stand in seinem „Sachsenspiegel“ frei erfunden, um seinen eigenen Eintritt in den Ministerialenstand zu verbergen. Andere Arbeiten betrafen den Kg.bann, die mittelalterl. Landfriedensbewegung und die landschädl. Leute sowie Wesen und Ursprung des Formalismus bei Gewere und Munt; auch wirkte Z. an einer Neuaufl. der Kaiserregesten mit. Nach Jahren der Krankheit konnte Z. um 1920 seine Forschungstätigkeit wieder aufnehmen und widmete sich nun der Geschichte des Eherechts. In „Die Eheschließung im Nibelungenlied und in der Gudrun“ (1923) erkannte er in beiden Epen nicht den Muntkauf, sondern die Erklärung der Brautleute als den eigentl. ehebegründenden Akt; seine umstrittenen Thesen suchte Z. in weiteren einschlägigen Arbeiten durch zusätzl. Quellen zu erhärten. 1898 wurde Z. zum k. M., 1900 zum w. M. der k. Akad. der Wiss. in Wien, 1924 zum k. M. der Preuß. Akad. gewählt. Er war Inhaber von Ehrendoktoraten der Univ. Wien (Staatswiss., 1926) sowie der Univ. Innsbruck (Phil.).

L.: H. Voltelini, in: Almanach 82, 1933, S. 213ff.; H. Voltelini, in: ZRG, Germanist. Abt. 54, 1934, S. XIff.; H. Lentze, in: Stud. zur Geschichte der Univ. Wien 2, 1965, S. 61ff.; G. Oberkofler, in: Der Schlern 61, 1987, S. 506ff.; ÖAW, UA (m. B.), beide Wien; Pfarre Salzburg-St. Andrä, Sbg.
(Th. Olechowski)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 423
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