Zalman, Moriz; bis 1914 Zalman Itic Moise (1882–1940), Publizist, Funktionär und Jurist

Zalman Moriz, bis 1914 Zalman Itic Moise, Publizist, Funktionär und Jurist. Geb. Bîrlad (Bârlad, RO), 7. 11. 1882; gest. KZ Sachsenhausen, Dt. Reich (D), 29. 5. 1940 (Ehrengrab: Wr. Zentralfriedhof); mos. Sohn des Kaufmanns Hirsch Z. und von Sendla Z., geb. Rabinowicz; 1913–18 verheiratet mit Vally Z., geb. Kohn, 1921–33 mit Eugenie Z., geb. Braunstein. – Nach Absolv. des Gymn. in Bîrlad stud. Z. Rechtswiss. an der Univ. Czernowitz; 1907 Dr. iur. Im selben Jahr war er als Rechtsanwaltsanwärter in Wiznitz und Dorna-Watra, 1908/09 in Kimpolung und 1911/12 in Czernowitz tätig. Anfang 1912 übersiedelte er nach Wien, erhielt die Zulassung als Gerichtsdolmetsch für rumän. Sprache, eröffnete 1914 eine Anwaltskanzlei und veröff. kurz darauf seinen ersten Gesetzeskommentar zum Exekutionsrecht. Im 1. Weltkrieg leistete er Kriegsdienst, wurde aber verletzungsbedingt Anfang 1918 entlassen. Z. trat 1916 der Ges. zur Fürsorge für Kriegsinvalide bei und veröff. 1917 die Broschüre „Der Rechtsanspruch der Kriegsbeschädigten auf volle Genugtuung“, worin er die Auffassung vertrat, dass Kriegsversehrte nach dem bürgerl. Gesetzbuch ein volles Recht auf Schadloshaltung hätten, dieser Anspruch aber erst im Weg der o. Gerichte zu erkämpfen sei. I. d. F. veröff. er außerdem Gesetzeskommentare wie z. B. „Rumänisches Recht“, 1917. Bald galt er als Steuerexperte und gab 1920–23 die Z. „Der Steuerträger“ heraus. Daneben publ. er in Tagesztg. und Wirtschaftsbll. („Die Zeit“, „Die Börse“). 1920 erschien seine Broschüre „Vermögensabgabe, Notenbank, Noteneinlösung“, in der er eine Vermögensabgabe auf Grundlage des Vermögens vor Kriegsbeginn vorschlug, die in harten Werten zu entrichten und ausschließl. für die neue Notenbank zu verwenden sei. Im Oktober 1922 rief er gem. mit Friedrich Brychta die Schutzaktion für Kronenwerte ins Leben, um all jenen, deren Vermögen als Folge des Kriegs und der Nachkriegsinflation entwertet worden war, unentgeltl. zu ihrem Recht zu verhelfen. Aus der Schutzaktion ging unter Z.s Leitung im Frühjahr 1924 der Verband der Sparer und Kleinrentner hervor, der bald ca. 80.000 Mitgl. zählte. Die bürgerl. Parteien lehnten die von Z. in mehreren Broschüren jurist. untermauerte Forderung nach Valorisierung aller Kronenaltschulden ab und die christl.-soziale sowie dt.-nationale Presse kritisierte ihn dafür jahrelang in diffamierender Weise. Da nur die sozialdemokrat. Partei prinzipiell Z.s Forderungen nach Schaffung eines Ausgleichsfonds für die geschädigten Vermögensbesitzer und Rentner unterstützte, gaben er und der Kleinrentnerverband sowohl 1923 als auch 1927 eine Wahlempfehlung für die SDAP ab. Von April 1927 an verfügte er mit „Die Welt am Morgen“ in Ergänzung zum Verbandsbl. „Der Kleinrentner“ über eine eigene Tagesztg. mit einer hochkarätigen Red. Erst im Juli 1929 wurde ein Kleinrentnergesetz zur Einrichtung eines Fonds beschlossen, aus dem Vermögensgeschädigten des 1. Weltkriegs eine bescheidene Rente zugesprochen wurde. Obwohl diese Leistungen weit von den ursprüngl. Forderungen entfernt waren, war deren Zustandekommen nicht zuletzt Z.s Verdienst. Unmittelbar danach vollzog er den Bruch mit der sozialdemokrat. Partei, da er ihr Versagen in den Verhh. mit der Regierung vorwarf, und gründete als Reaktion darauf gem. mit Irene Harand 1930 die kurzlebige und erfolglose Österr. Volkspartei (Kleinrentnerpartei). Neuerl. Presseprozesse waren die Folge. Obwohl die „Arbeiter-Zeitung“ im Februar 1932 eine Ehrenerklärung zugunsten von Z. abgab, hatte sein Ansehen in den eigenen Reihen nachhaltig Schaden genommen und zahlreiche Mitgl. verließen den Verband. Die hoch defizitäre „Welt am Morgen“ musste im Oktober 1932 eingestellt werden, das Nachfolgebl. war die „Morgenpost“. Nach Ausschaltung des Parlaments im März 1933 erklärte Z. den Beitritt seines Verbands zur Vaterländ. Front, doch nur wenige Mitgl. folgten seinem Aufruf. Ab 1934 unterstützte er die von seiner früheren Sekr. Irene Harand ins Leben gerufene Bewegung gegen Rassenhass und Menschennot, deren stellv. Obmann er wurde und die er in wirtschaftspolit. Fragen beriet. Harand stellte sich ihrerseits v. a. gegenüber antisemit. Angriffen schützend vor ihn. Z.s letzte größere Arbeit „Die Welt ohne Gold und Hunger“, 1934, enthielt utop. währungspolit. Vorschläge zur Beseitigung der Wirtschaftsnot. Ende März 1938 versuchte Z., der schon lange im Visier von NSDAP und Gestapo stand, mit einem gefälschten tschechoslowak. Pass in die Schweiz zu gelangen. Er wurde jedoch in Feldkirch festgenommen und kam in Gestapohaft, die er in den KZ Dachau, Buchenwald und Sachsenhausen verbrachte. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe der Bereicherung erwiesen sich als haltlos; er wurde im Mai 1939 ledigl. wegen Passfälschung zu acht Monaten Haft verurteilt, kam anschließend jedoch erneut ins KZ.

Weitere W.: Der Verzweiflungskampf der kleinen Rentner und Sparer, 1923; Das neue Mieten-Anforderungs- und Hausbesorger-Gesetz, 1923; Die Valorisierung von Kronenforderungen nach österr. Rechte, 1924; Die Kleinrentnerfrage in Oesterr., 1926; Die Beseitigung der Not durch Schaffung neuer Kaufkraft, 1932; Heraus mit der Ausgleichsabgabe!, o. J.
L.: Die Zeit, 16. 1. 1919; Die Welt am Morgen, 13. 10. 1929, 20. 4., 1. 11. 1930, 10. 5. 1932; AZ, 26., 31. 10. 1930; Der Stürmer, 7. 4. 1934; Illustrierte Kronen Ztg., 23. 5. 1939; Jb. der Wr. Ges.; Der Kleinrentner 3, 1925, Nr. 73, S. 4; Gerechtigkeit, 1935, Nr. 70, S. 4; H. Thoma, Mahner – Helfer – Patrioten, 2004, s. Reg.; B. Sauer – I. Reiter-Zatloukal, Advokaten 1938, 2010; AdR, WStLA, beide Wien; Mitt. Barbara Sauer, Wien.
(Th. Venus)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 425f.
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