Zang, August (1807–1888), Zeitungsherausgeber, Unternehmer und Journalist

Zang August, Zeitungsherausgeber, Unternehmer und Journalist. Geb. Wien, 2. 8. 1807; gest. ebd., 4. 3. 1888; röm.-kath., später evang. AB. Sohn des Prof. der Chirurgie am Wr. Josephinum Christoph Bonifaz Z. (gest. Wien, 10. 9. 1835) und von Anna Z., geb. Scheidl; 1837–60 verheiratet mit Maria Z., geb. Wasshuber, in 2. Ehe mit Ludovika Z., geb. Hreglianovic. – Z. besuchte das Gymn. bis zur 6. Kl., trat 1824 in den Militärdienst ein und absolv. ab 1827 die Pionierschule in Klosterneuburg. 1836 schied er aus der Armee aus und besuchte gem. mit →Ernst Schwarzer v. Heldenstamm Vorlesungen am Wr. polytechn. Inst. 1839 übersiedelten beide nach Paris, wo sie die erste Wr. Bäckerei eröffneten. In Paris lernte Z. den Ztg.hrsg. Émile de Girardin kennen, der 1836 mit „La Presse“ einen neuen großformatigen Ztg.typ mit Inseratengeschäft geschaffen hatte. Nach seiner Rückkehr nach Wien setzte Z. dieses Konzept ab Juli 1848 mit der Tagesztg. „Die Presse“ um, die journalist. Niveau, umfassende Information und kostenlose Hauszustellung versprach. Z. fungierte als Hrsg., bis November 1849 Leopold Landsteiner als Haupt-Red.; frühe Red. und Mitarb. waren u. a. →Heinrich Landesmann, →Karl Eduard Bauernschmid, →Josef Samuel Tauber, →Ludwig v. Löhner sowie →Ferdinand Kürnberger und Betty Paoli (→Babette Glück). Rasch erreichte das Bl. eine Aufl. von 18.000 Stück. 1848 gründete Z. auch die kurzlebige „Allgemeine Zeitungs-Korrespondenz“. Einen Förderer fand er in →Franz Ser. Gf. v. Stadion-Warthausen, später in →Johann Franz Frh. Kempen v. Fichtenstamm. Nach Niederschlagung der Revolution sah sich die als konservativ geltende „Presse“ mit einem Mal als Vorkämpferin für Bürgerrechte und Pressfreiheit, was Z. eine Verwarnung eintrug. Um sich gegen neue Konkurrenten („Wanderer“) zu positionieren, vergrößerte er das Format, führte eine Abendausg. ein und modifizierte das Vertriebssystem. Ab dem Herbst 1849 war er massiven polizeil. Maßregelungen ausgesetzt: Im Dezember verhängte →Franz Ludwig Frh. v. Welden für die Dauer des Belagerungszustands ein Erscheinungsverbot der „Presse“ und Z. wurde mit einem Aufenthaltsverbot für Wien belegt. Es gelang ihm zwar, in Brünn einen Drucker zu finden, die Abonnentenzahl ging jedoch um ca. 50 % zurück, und die Ztg. verlor im Dezember 1850 durch behördl. Sperre ihre Druckerei. Die geplante Verlegung des Drucks nach Graz scheiterte an den örtl. Behörden. Schließl. erreichte er mit Unterstützung Kempens die Wiederzulassung der „Presse“, die Ende September 1851 erneut in Wien erschien, wobei Z. anfangs nicht als Hrsg. in Erscheinung trat. Lokale, aber auch wichtige ausländ. Nachrichten nahmen an Umfang zu, das Feuilleton verlor an Gewicht und das kleinere Format sowie eine übersichtl. Aufmachung machten das Bl. lesbarer. Bis auf Weiteres enthielt sich die Ztg. jegl. Kritik an der Regierung. Ab 1853 erschien eine Abendausg. und „Die Presse“ erreichte wieder ihre frühere Reichweite, auch außerhalb Wiens. Der Umfang des Inseratenteils nahm kontinuierl. zu und bescherte Z. binnen kurzer Zeit ein beträchtl. Vermögen, das er z. Tl. in sein Bl. investierte. Die von ihm 1851 erworbene Druckerei gilt als erste reine Ztg.druckerei Österr., ab 1857 wurden Schnellpressen mit einer Kapazität von bis zu 24.000 Exemplaren pro Stunde angeschafft; 1858 erwarb Z. die ehemalige Ghelen’sche Druckerei. Die Leitung der Red. übertrug Z. 1855/56 →Michael Etienne und →Max Friedländer, die neue Mitarb. – unter ihnen →Friedrich Uhl, →Zacharias Lecher, →Ludwig Speidel oder →Eduard Hanslick – und Korrespondenten (zeitweilig etwa Karl Marx) gewannen. Die Administration übernahm →Adolf Werthner. V. a. Etienne und Friedländer gaben der „Presse“ jenes Gesicht, das sie später nur leicht verändert für die „Neue Freie Presse“ übernahmen. Obwohl der Erfolg bes. ihr Verdienst war, blieben ihre Gehälter jahrelang hinter den Gewinnen zurück und das Verhältnis zwischen Red. und Z. verschlechterte sich daher zunehmend. 1856 wurde auf Z.s Anregung die Wochenbeil. „Der kleine Capitalist“ eingerichtet, die sich mit dem Wertpapiermarkt auseinandersetzte und für die er selbst zahlreiche Beitrr. schrieb. 1856–57 bemühte er sich erfolgreich – trotz Interventionen – um einen Sitz im Verw.R. der Creditanstalt, deren Dir. →Franz Richter zeitweilig Miteigentümer der „Presse“ war. 1861–63 gehörte er dem Wr. Gmd.rat und dem nö. LT an, wo er in mehreren Ausschüssen mitwirkte (etwa Obmann der Stadterweiterungskomm.). Im Juni 1864 kam es schließl. zum Bruch zwischen Z. und Friedländer sowie Etienne. Nachdem Verhh. über eine höhere Gewinnbeteiligung und ein Mitspracherecht an der Ztg. gescheitert waren, kündigten die beiden und mit ihnen nahezu alle anderen Red. und starteten am 1. September die „Neue Freie Presse“. Z. gelang es, den Abgang durch Neuanwerbungen zu kompensieren, doch bald verdrängte das neue Bl. die „Presse“ aus ihrer bislang dominierenden Stellung. Nach drei Jahren Wettstreit verkaufte Z. 1867 seine Ztg. um 700.000 fl an ein der Regierung nahestehendes Konsortium, wobei er sich verpflichtete, sich an keiner Ztg.neugründung mehr zu beteiligen. In den nächsten Jahren engag. sich Z. anderweitig: Er war 1868 Mitinitiator und Vizepräs. der k. k. privileg. Oesterr. Ver.bank, ab 1868 Mitgl. des Verw.R. der Innerberger AG und erwarb 1870 gem. mit einem Partner zwei Kohlebergbaue in Tregist bei Voitsberg, die 1872 in die Tregister Kohlenbergbau-Ges. in Wien eingebracht wurden, als deren Alleineigentümer Z. ab 1875 fungierte. 1877 erwarb er Schloss Greißenegg bei Voitsberg. Z., der als bedeutendster Ztg.hrsg. seiner Zeit gilt, hinterließ ein geschätztes Vermögen von 10 Mio. fl. Er war ab 1859 (Gründungs-)Mitgl. des Journalisten- und Schriftsteller-Ver. „Concordia“.

W.: Finanzielle Fragmente, 1873; Zur Sanirungs-Geschichte der Graz-Köflacher-Bahn, 1882; Die Sturmessaat ist aufgegangen, ed. L. Zang, 1906.
L.: Die Presse, NFP, NWT, Wr. Allg. Ztg., 5., 6. 3. 1888; Czeike; Stern–Ehrlich; Wurzbach; E. Suess, Erinnerungen, 1916, S. 153ff.; Das Tagebuch des Polizeiministers Kempen …, ed. J. K. Mayr, 1931, S. 107, 356f., 411, 444, 534f.; H. Gottscheer, Stud. über A. Z., phil. Diss. Wien, 1938; W. Pasteyrik, Die alte „Presse“ (1848–64), 1–2, phil. Diss. Wien, 1948, passim; A. Wandruszka, Geschichte einer Ztg., 1958, passim; Dt. Presseverleger des 18. bis 20. Jh., ed. H.-D. Fischer, 1975; A. Weiss, in: Österreichischer Berg- und Hüttenkal., 1978, S. 154ff.; E. R. Lasnik, Der Kohlenbergbau im Köflach-Voitsberger Bergrevier bis 1914, phil. DA Graz, 1987, S. 137ff., 272f.; Ein Stück Österr. 150 Jahre „Die Presse“, ed. J. Kainz – A. Unterberger, 1998, s. Reg. (m. B.); AVA, HHStA, Pfarre Maria Rotunda, WStLA, alle Wien.
(Th. Venus)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 430f.
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