Zappert, Julius (1867–1941), Pädiater

Zappert Julius, Pädiater. Geb. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 2. 4. 1867; gest. Slough (GB), 13. 6. 1941; mos. Sohn des Prokuristen Carl Z. (geb. Prag, 1. 4. 1831; gest. Wien, 17. 3. 1900) und der Marie Z., geb. Sobotka; ab 1899 verheiratet mit Cornelia (Nelly) Z., geb. Fleischmann. – Nach dem Besuch des Staatsgymn. in Wien 9 (Matura 1884) stud. Z. an der med. Fak. der Univ. Wien; 1890 Dr. med. Im Anschluss an die Ausbildung am AKH begann er 1892 seine Laufbahn als Pädiater am Karolinen-Kinderspital in Wien, wo er als Sekundararzt bei Andreas v. Hüttenbrenner, →Robert Gersuny und →Alexander Fraenkel tätig war. Nach weiteren Stud.aufenthalten in Graz, Prag, Berlin, Kopenhagen und Frankfurt ließ er sich 1896 in Wien als Kinderarzt nieder und war Mitarb. an →Heinrich Obersteiners Inst. für Anatomie und Physiol. des Zentralnervensystems sowie am Patholog.-anatom. Inst. von Anton Weichselbaum. Außerdem wirkte er einige Jahre lang als Hospitant am Ambulatorium für Nervenkranke bei →Richard Frh. v. Krafft-Ebing. 1898 übernahm er die Leitung der Nervenabt. am Ersten öff. Kinder-Krankeninst., danach stand er bis 1918 einer Kinderambulanz am K.-Franz-Joseph-Ambulatorium vor. Im selben Jahr erhielt er die Leitung eines neu errichteten Kinderambulatoriums der IKG im Wr. Augarten, wo bedürftige Kinder aller Konfessionen behandelt wurden, und ab 1920 die des angeschlossenen Sonnentagesheims. 1902 habil. sich Z. im Fach Kinderheilkde. zum Priv.Doz. an der Univ. Wien und erwarb 1915 den Titel eines ao. Prof. Unmittelbar nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde der IKG das Kinderambulatorium entzogen; Z. war nur mehr die Behandlung von Patienten jüd. Herkunft gestattet. 1939 gelang ihm die Flucht nach Großbritannien. Im Grenzgebiet von Pädiatrie und Neurol. forschend, galt sein Interesse in erster Linie dem kindl. Nervensystem und dessen Erkrankungen. So lieferte er wichtige Arbeiten zur Kinderlähmung (Poliomyelitis), die 1908/09 in Österr. erstmals in höherem Ausmaß auftrat. Weitere Forschungen galten den verschiedenen Formen der Encephalitis, der Meningitis, der Epilepsie und anderen Krampferscheinungen, den Erkrankungen des Rückenmarks sowie neurolog. Schädigungen nach Geburtstraumen. Darüber hinaus beschäftigten ihn psychiatr. Störungen wie kindl. Neurosen. Z. trat bes. für den Ausbau der Kinder- und Jugendfürsorge, einschließl. des schulärztl. Diensts, ein und war Konsulent des Volksgesundheitsamts im Min. für soziale Verwaltung. 1937 erhielt er den Berufstitel eines HR. Er war Ehrenmitgl. der Ges. für innere Medizin und Kinderheilkde. in Wien, der Ges. für Schulhygiene sowie der Dt. Ges. für Kinderheilkde., aus der er 1934 austrat. 1924 wurde er zum Präs. der jüd. Jugendfürsorge gewählt.

W. (s. auch Fischer; Kreuter): Die Krankheiten des Nervensystems im Kindesalter, in: Hdb. der Kinderheilkde., ed. M. Pfaundler – A. Schloßmann, 2. Aufl. 1910 (gem. m. M. Thiemich); Stud. über die Heine-Medinsche Krankheit (Poliomyelitis acuta), 1911 (gem. m. R. v. Wiesner – C. Leiner); Über Neurosen des Kindesalters, in: Archiv für Kinderheilkde. 73, 1923; Die Epilepsie im Kindesalter, in: Ergebnisse der inneren Medizin und Kinderheilkde. 43, 1932; Encephalitis im Kindesalter, in: WKW 48, 1935.
L.: Wr. Morgenztg., 30. 11. 1924; NWT, 31., Der Wr. Tag, 28. 3., 6. 8. 1937; Emődi; Fischer (m. W.); Jb. der Wr. Ges.; Kreuter (m. W.); O. Nußbaum, in: WMW 87, 1937, S. 369 (m. B.); Zionist. Rundschau 1, 1938, Nr. 21, S. 4; British Medical Journal 2, 1941, S. 180; E. Seidler, Kinderärzte 1933–45, 2000, s. Reg.; S. Duizend-Jensen, Jüd. Gmd., Ver., Stiftungen und Fonds, 2004, S. 28, 65; H. Gröger, in: FS 100 Jahre Wr. Univ.klinik für Kinder- und Jugendheilkde., ed. A. Pollak, 2011, S. 62 (m. B.); AVA, UA, beide Wien.
(Ch. Kanzler)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 437f.
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