Zdekauer, Karl Constantin Ritter von (1819–1873), Jurist und Bankier

Zdekauer Karl Konstantin Ritter von, Bankier und Jurist. Geb. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 18. 10. 1819; gest. ebd., 6. 12. 1873; röm.-kath. Sohn von →Moritz Zdekauer und Charlotte Zdekauer, geb. Frankl, Bruder von Friedrich Frh. Z. v. Treukron und Eduard Ignaz Zdekauer sowie Cousin von Emanuel Zdekauer (alle s. u. Moritz Zdekauer), Vater von Karl Amadeus Ritter v. Z. und Konrad Ritter v. Z. (beide s. u.) sowie von Amélie Edle v. Z. (geb. 1855; gest. Wien, 20. 9. 1914), der späteren Ehefrau von →Otto Kahler; ab 1846 verheiratet mit Anna Edle v. Z. (1820–1896), der Tochter des mähr. Advokaten Josef Artus, die sich der Wohltätigkeit widmete. – Gem. mit seinem Bruder Friedrich führte Z. das Familienunternehmen Moritz Zdekauer zur höchsten Blüte. Ähnl. wie sein älterer Bruder absolv. er 1840 ein Jusstud. an der Prager Univ. (Dr. iur. 1846) und begann als Gerichtspraktikant in Prag. Seine Richterkarriere wurde durch den Tod seines Vaters beendet, woraufhin er als öff. Ges. in die Familienfa. eintrat und zu Friedrichs engstem Mitarb. wurde. Z. galt nicht nur als ein geachteter Kenner des Handelsrechts, sondern auch als ein ausgez. Finanzmann. 1854–61 war er in Prag als Zensor der Zweigstelle der Wr. Nationalbank tätig. 1863 wurde er eines der Gründungsmitgl. der Böhm. Escomptebank, deren Dir. er bis zu seinem Lebensende war. Ab 1869 übte er die Funktion des Dir. der Böhm. Hypothekenbank aus und war auch Ausschussmitgl. der Böhm. Sparkasse. Wichtige Funktionen hatte er ebenfalls in der Prager Spar-Anstalt inne, 1864 war er Vors. des Prager Handelsgremiums. 1870 wählte man ihn zum Vizepräs. der Prager HGK. Gem. mit seinem Bruder Friedrich interessierte er sich für den Aufbau der Verkehrsinfrastruktur in den böhm. Ländern und saß als Mitgl. im Aufsichtsrat der Buschtěhrader Eisenbahnges. Während des preuß.-österr. Kriegs 1866 beteiligte er sich an der Verbringung der Gelddepots der Prager Banken und des Magistrats an einen sicheren Ort, verhinderte ein nachfolgendes Finanzchaos und half bei der Beschaffung von Ersatzmitteln nicht nur für den laufenden Betrieb der Stadt Prag, sondern auch bei der Konsolidierung des Nachkriegsbetriebs der Ind.- und Handelsunternehmen. Z. zählte zu den bekannten Prager Persönlichkeiten als Mitgl. zahlreicher dt. Ver. (u. a. Ver. für Geschichte der Dt. in Böhmen) und v. a. als Mäzen des dt. kulturellen und gesellschaftl. Lebens. Er war einer der Initiatoren der ersten Prager dt. höheren Töchterschule, die er finanziell unterstützte. 1865 erhielt er das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens und 1867 den Orden der Eisernen Krone III. Kl.; 1868 Erhebung in den Ritterstand. Z.s Sohn Karl Amadeus Ritter v. Z. (geb. Prag, 23. 10. 1849; gest. Gries, Tirol / Bozen/Bolzano, I, 12. 5. 1898), der 1874 seine Cousine Gabriele Edle v. Z. (geb. 1842; gest. 7. 10. 1922), geb. Z. v. Treukron, die Witwe von Joseph Wolf Frh. v. Wachtentreu, heiratete, knüpfte als Bankier und Kaufmann an die Familientradition an. Seine Ausbildung erwarb er im Bildungsinst. Keilhau im Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt und in der Handelsschule in Nürnberg. Er wurde im Familienunternehmen tätig und unternahm Stud.reisen zu Bankhäusern in Leipzig und Brüssel, wo er wertvolle Kontakte knüpfte. Nach dem Tod seines Vaters leitete er die Familienbank Moritz Zdekauer und führte sie zu einer weiteren Blüte. Darüber hinaus übernahm er zahlreiche Funktionen in Banken und AG: Vizepräs. der Böhm. Escomptebank, Zensor der Prager Filiale der österr. Nationalbank, Aufsichtsrat der Buschtěhrader Eisenbahn und der Außig-Teplitzer Bahn sowie Beisitzer des Handelsgerichts in Prag. 1884 kaufte er die Porzellanfabrik in Altrohlau, führte sie aus den wirtschaftl. Schwierigkeiten heraus und erweiterte den Export. Ihre Produkte gingen nach Nord- und Südamerika sowie auf westeurop. Märkte. Mit seiner Ära verbunden ist das Entstehen der Handelsmarke Moritz Zdekauer und das Symbol des gekrönten Adlers, das diese Porzellanfabrik bis heute verwendet. Nach dem 2. Weltkrieg verstaatlicht und 1958 dem Unternehmen Karlsbader Porzellan angeschlossen, wurde sie 1992 neuerl. eine AG. Karl Amadeus v. Z. förderte die Erhaltung der dt. Kultur in den böhm. Ländern und unterstützte die bildende Kunst und die Musik: 1883 engag. er sich als eines der Gründungsmitgl. und dann als Ausschussmitgl. des Dt. Theaterver. Ein weiterer Sohn Z.s, der Schriftsteller Konrad Ritter v. Z. (geb. Prag, 13. 5. 1847; gest. Wien, 4. 4. 1929), stud. Jus in Leipzig, Prag und Graz, wo er 1871 prom. 1872 begann er in der nö. Finanzprokuratur, ab 1877 war er im Außenmin. beschäftigt. Während der Okkupation von Bosnien und der Herzegowina (1878) war er mit der Leitung des Pressebüros von →Josef Frh. Philippovich v. Philippsberg beauftragt. Ab 1886 Sekr. und Sektionschef, trat er 1898 i. d. R. Konrad v. Z. war unter dem Ps. Kurt (Curt) v. Zelau bekannt als Schriftsteller und Übers. aus dem Französ. sowie Span. Häufig reiste er v. a. durch Süd- und Nordeuropa, veröff. Reisebeschreibungen („Kriegs- und Friedensfahrten“, 1881; „Nordafrikanische Touristenfahrten“, 1904), aber auch eine Skizze und Humoresken in dt. und österr. Bll. sowie Komödien („Doktor Johanna“, 1875; „An der Grenze“, 1875; „Er kann nicht lachen“, 1876). 1879 erhielt er das Ritterkreuz, 1908 das Komturkreuz des Franz Joseph-Ordens, 1894 den Orden der Eisernen Krone III. Kl.

L. (auch für Karl Amadeus v. Z. u. Konrad v. Z.): Masaryk; Otto; Wurzbach; V. Urfus, in: Pražský sborník historický 7, 1972, S. 118f.; Historická enc. podnikatelů Čech, Moravy a Slezska 2, ed. M. Myška u. a., 2008, S. 412; J. Županič, Židovská šlechta podunajské monarchie, 2012, S. 694ff. – Konrad v. Z.: Mitt. des Sudetendt. Archivs F. 95, 1989, S. 61.
(M. Makariusová)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 452f.
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