Zeisel (Zeisl), Josef (1804–1868), Fabrikant

Zeisel (Zeisl) Josef, Fabrikant. Geb. St. Ulrich, NÖ (Wien), 26. 8. 1804; gest. Wien, 10. 4. 1868; röm.-kath. Sohn des Kutschers Anton Zeisl und seiner Frau Eleonora, geb. Kneisl; ab 1832 verheiratet mit Magdalena Z., geb. Hallbauer, verwitwete Kleyber. – Z. übernahm 1826 die Leitung der Shawl-Fabrik des Johann Blümel in Wien. Dieser hatte das Geschäft 1810 gegr., erhielt das Landesprivilegium verliehen und trug mit mehreren patentierten Erfindungen zum Aufschwung und Export dieses Ind.zweigs bei. Die Fa. J. Zeisel & Blümel brachte eine neue Kartenschlag-Maschine von Franz Keil (1828) als Erste in Anwendung. 1829 gründeten Blümel und Z. in Warschau eine Shawl-Fabrik mit rund 100 Beschäftigten, die jedoch infolge des poln.-russ. Kriegs 1830/31 aufgegeben werden musste. Nach Blümels Tod 1831 übernahm Z. die Wr. Fabrik und führte diese zu Weltruf, indem er feinste Kaschmir- und Schafwoll-Shawls in ind. und Pariser Designs sowie Halbseiden- und Merion-Shawls erzeugte. Als erster Wr. Fabrikant stellte Z. diese ohne Rückseite her, d. h. auf beiden Seiten mit demselben Design, eine aus Frankreich stammende Fabrikationsmethode. Die Erzeugung seiner Produkte erfolgte erstmals auf von Thomas Woytech in Wien 1838 verbesserten Jacquard-Doppel-Maschinen. Mit 220 Mitarb. (1842) lieferte Z. jährl. 8.000–9.000 Stück an Long-Shawls und Shawl-Tüchern und exportierte über Großhandelshäuser in Wien, Frankfurt am Main, Leipzig, Hamburg usw. bis nach England, Russland und Amerika. J. Zeisel & J. Ch. Blümel erfanden ferner 1844 das sog. abgedoppelte Musterzeichnungs-Papier zum Eintragen der Designs, welches günstigere Herstellungskosten ermöglichte. An die Einführung einer Ausschneide-Maschine reihte die Fa. Zeisel & Blümel 1846 die Etablierung einer Dampfappretur mit einem eigens konstruierten Trockenzylinder, der durch Dampf erwärmt wurde, wodurch ein Produkt in wenigen Minuten trocknete. Z.s Betrieb zählte in den 1840er-Jahren mit 105 Webstühlen zu den fünf größten Fabriken dieser Branche in Wien. 1845 waren dort bereits 320 Personen beschäftigt. 1846 gründete Z. die Brunner Brauhaus-Unternehmung mit, deren Dion. er übernahm und die er bedeutend vergrößerte. Kurz vor seinem Ableben zog er sich aus der Fa. J. Zeisel & J. Chr. Blümel zurück. Nach Z.s Tod übernahm Johann Blümel seine Funktion als Betriebsleiter des Brauhauses. Z. war im österr. Gewerbe-Ver. Mitgl. des Verw.R. sowie der Abt. für Druck und Weberei, ab 1844 Ökonomie-Verwalter und 1857–66 Archiv-Verwalter. Auf der allg. österr. Gewerbs-Producten-Ausst. 1839 erhielt er die Silberne und 1845 die Goldene Medaille, 1844 in Berlin die Silberne, eine Preis-Medaille auf der Weltausst. in London 1851, die große Denkmünze in München 1854 und eine Preis-Medaille I. Kl. bei der Weltausst. in Paris 1855.

L.: Die Presse, 15. (Beil.), NWT, 16. 4. 1868; Exner, Gewerbe und Erfindungen; Slokar; Verhh. des Gewerb-Ver. für das Großhg.thum Hessen 6, 1842, S. 170f.; Verhh. und Mitth. des nö. Gewerbe-Ver. 29, 1868, S. 361; Gerichtshalle 12, 1868, S. 212; Wr. Geschäftsztg. 4, 1868, Nr. 136, Beil., S. 5; Pfarre Schottenfeld, Pfarre St. Ulrich, beide Wien.
(I. Nawrocka)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 468f.
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