Zeißberg, Heinrich Ritter von (1839–1899), Historiker

Zeißberg Heinrich Ritter von, Historiker. Geb. Leopoldstadt, NÖ (Wien), 8. 7. 1839; gest. Wien, 27. 5. 1899 (ehrenhalber gewidmetes Grab: Friedhof Hietzing); röm.-kath. Sohn des aus der Gf.schaft Glatz stammenden Viktualienhändlers Franz Zeißberg und der Tischlermeisterstochter Elisabeth Zeißberg, geb. Strebl, aus Tulln; ab 1875 mit Wilhelmine v. Z., geb. Mayer, verheiratet. – Nach dem Besuch des Akadem. Gymn. stud. Z. ab 1857 Geschichte (bei →Josef v. Aschbach) und klass. Philol. (bei →Hermann Bonitz) an der Univ. Wien und wurde 1862 zum Dr. phil. prom. 1861–63 absolv. er als o. Mitgl. den 4. Lehrgang des Inst. für österr. Geschichtsforschung (IÖG) und habil. sich 1863 mit seiner Schrift „Arno, erster Erzbischof von Salzburg, 785–821“ (in: Sbb. Wien, phil.-hist. Cl. 43, 1863) für allg. Geschichte an der Univ. Wien. 1864 erfolgte seine Ernennung zum ao. Prof. und 1865 zum o. Prof. der allg. und österr. Geschichte sowie zum Leiter des Hist. Seminars der Univ. Lemberg. 1871/72 lehrte er als o. Prof. für allg. Geschichte an der Univ. Innsbruck und wechselte 1872 als Nachfolger Aschbachs als o. Prof. für allg. Geschichte an die Univ. Wien, wo er ab 1876 gem. mit →Ottokar Lorenz und →Max Büdinger auch das Hist. Seminar leitete. Seit 1874 Mitgl. des Lehrkörpers und 1890 Mitvorstand des IÖG, übernahm er 1891 als Nachfolger von →Theodor v. Sickel die Leitung des Inst. Mit seiner 1896 erfolgten Ernennung zum Dir. der Hofbibl. in Wien legte er die Dion. des IÖG zurück, im Folgejahr auch das Lehramt. Als w. HR (1896) förderte er die von seinem Vorgänger →Wilhelm v. Hartel begonnene Erstellung eines wiss. Kat. der Hofbibl. bis zu seinem unerwartet frühen Tod. Z. wirkte als akadem. Lehrer u. a. auf →Alfred Francis Přibram, →Oswald Redlich, Alfons Dopsch und →Wilhelm Erben sowie ab 1872 als Geschichtslehrer auf Kronprinz →Rudolf. Für dessen Werk „Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild“ verf. er die „Geschichtliche Übersicht“ (Bd. 3, 1887) und übernahm nach dem Tod von →Josef Ritter Weil v. Weilen 1889 die Leitung der Red. der 24-bändigen dt.sprachigen Ausg. Von der k. Akad. der Wiss. in Wien 1872 zum k. M. und 1882 zum w. M. gewählt, wirkte er in mehreren Komm. (Mitgl. der Hist. Komm. 1883, der Komm. zur Leitung der Hrsg. der Acta conciliorum saeculi XV. 1891 und der Komm. für die Hrsg. der Bibl.kat. des Mittelalters 1897), ebenso ab 1875 als Mitgl. der k. k. Central-Comm. zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und hist. Denkmale in Wien. Z. beschäftigte sich in seinen Forschungen zunächst mit der österr. Geschichte des Mittelalters. Während seines Aufenthalts in Lemberg, wo er auch die poln. Sprache erlernte, rückte die poln. Geschichte in den Vordergrund. Seine „Polnische Geschichtsschreibung des Mittelalters“ (1873) wurde von der Jablonowsk. Ges. in Leipzig preisgekrönt und brachte ihm 1874 die Ernennung zum k. M. der AU. 1879 von der Hist. Komm. der k. Akad. der Wiss. in Wien mit der Hrsg. der „Quellen zur Geschichte der Politik Oesterreichs während der französischen Revolutionskriege 1793 bis 1797“ beauftragt (3 Bde., 1882–90), verlagerte er seinen Forschungsschwerpunkt auf die neuere Geschichte Österr. Auf Wunsch der Erzhg. →Wilhelm und →Albrecht verf. er ein „Lebensbild“ ihres Vaters („Erzherzog Carl von Oesterreich“, 2 Bde., 1895). Seine zahlreichen Beitrr. erschienen v. a. im „Archiv für österreichische Geschichte“ und in den „Sitzungsberichten“ der Akad. 1874 erhielt Z. den Orden der Eisernen Krone III. Kl., 1875 wurde er in den Ritterstand erhoben.

Weitere W. (s. auch Wurzbach): Miseco I. (Mieczysław), der erste christl. Beherrscher der Polen, 1867; Vincentius Kadłubek, Bischof von Krakau … und seine Chronik Polens, 1869; Johannes Łaski, Erzbischof von Gnesen (1510–1531) und sein Testament, 1874; Das Todtenbuch des Cistercienser-Stiftes Lilienfeld, 1879; Rudolf v. Habsburg und der österr. Staatsgedanke, 1883; Zur dt. Kaiserpolitik Österr., 1889; Zwei Jahre belg. Geschichte (1791, 1792), 2 Tle., 1891; Belgien unter der Gen.statthalterschaft Erzhg. Carls (1793, 1794), 3 Tle., 1893–94; Elisabeth v. Aragonien …, 1897.
L.: Die Presse, 22. 10. 1872; NFP, 25. 7. 1899 (Abendbl.); ADB; J. Karabacek, in: Almanach Wien 50, 1900, S. 359ff. (m. B.); Czeike; Lhotsky, Inst.; Wurzbach (m. W.); H. v. Lenk, in: Mitth. des österr. Ver. für Bibl.wesen 3, 1899, S. 49f.; O. Redlich, in: Dt. Geschichtsbll. 1, 1900, S. 28ff.; E. Mühlbacher, in: MIÖG 21, 1900, S. 206ff.; O. Redlich, in: Biograph. Jb. 4, 1902, S. 317ff.; G. Bauer, H. v. Z., Diss. Wien, 1951; Th. Brückler – U. Nimeth, Personenlex. zur Österr. Denkmalpflege, 2001; Pfarre St. Johann Nepomuk, Wien.
(D. A. Corradini)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 469f.
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