Zeller, Carl (1842–1898), Komponist, Jurist und Beamter

Zeller Carl, Komponist, Jurist und Beamter. Geb. St. Peter in der Au (NÖ), 19. 6. 1842; gest. Weikersdorf (Baden, NÖ), 17. 8. 1898 (Ehrengrab: Wr. Zentralfriedhof); röm.-kath. Sohn des Arztes Johann Z. (1808–1843) und der Arzttochter Anna (Mariana Elisabetha) Z., geb. Dierl (1811–1899), die nach dem frühen Tod ihres Mannes den Mediziner Ernest Friedinger in Strengberg heiratete, Vater u. a. des Juristen und späteren Buchhändlers Carl Wolfgang Z. (1876–1965), der auch als Schriftsteller und Operettenkomponist (Schüler →Edmund Eyslers) hervortrat; ab 1875 mit der Schneiderstochter Anna Maria Z., geb. Schwetz (1849–1930), verheiratet. – Z. absolv. sein erstes Schuljahr in Strengberg. Danach besuchte er die zweiklassige Volksschule seines Geburtsorts und erhielt vom dortigen Schulmeister Josef Brandstetter ersten Instrumentalunterricht. 1853–57 war Z. Hofsängerknabe in Wien, wobei er den Musiktheorie-Unterricht →Simon Sechters genoss. 1855 begann er zu komponieren, zunächst Lieder und Chöre. Daneben war er Zögling des Löwenburgschen Konvikts (bis 1859). Sein letztes Schuljahr, 1859/60, verbrachte er am Stiftsgymn. Melk, an dem er maturierte. 1862–69 stud. Z. Jus an der Univ. Wien. Musikal. vervollkommnete er sich bei →Felix Otto Dessoff und betätigte sich im Akadem. Gesangver. Für diesen komponierte er u. a. zwei Liederspiele, die sein musikdramat. Talent offenbarten. 1869 wurde Z. an der Univ. Graz prom. und versah danach Justizdienst an verschiedenen Gerichten. Nach einer gescheiterten Kandidatur um ein RR-Mandat im Wahlbez. Amstetten-Scheibbs wurde er 1873 ins Min. für Cultus und Unterricht berufen, wo er ab 1882 das Kunstreferat leitete und 1895 den Titel eines w. Min.rats extra statum erlangte. 1876 gelang Z., der zeitlebens nur nebenberufl. komponierte, mit seinem ersten Bühnenwerk, der kom. Oper „Joconde“, ein Achtungserfolg. Seinen größten Triumph errang er 1891 mit der Operette „Der Vogelhändler“. Mit dem nachfolgenden „Obersteiger“ (1894) festigte er seinen Rang als bedeutender Vertreter der sog. goldenen Operettenära um →Franz v. Suppé, →Johann Strauß (Sohn) und →Karl Millöcker. Als unverzichtbarer Librettist erwies sich Moritz West (→Moritz Nitzelberger), der an allen Bühnenwerken Z.s beteiligt war. 1895 erlitt Z. eine Wirbelsäulenverletzung, die schwere körperl. Folgeschäden nach sich zog. Zudem war er in einen Erbschaftsprozess verstrickt, der ihm 1896 eine Anklage wegen Meineids eintrug. 1897 wurde Z., infolge seiner Krankheit in Abwesenheit, erstinstanzl. zu einjähriger Kerkerhaft verurteilt und schied aus dem Staatsdienst. Der von seiner Frau angestrengte Berufungsprozess kam nicht mehr zustande. Die in der Wienbibl. im Rathaus aufbewahrten Originalpartituren seiner Bühnenwerke belegen hinsichtl. der Instrumentierung die tiefgreifende Mitarb. versierter Bühnenkomponisten und Arrangeure, namentl. →Franz Friedrich Richard Genées, Johann Brandls, Suppés und Adolf Ischpolds. Z.s Sohn Carl Wolfgang stellte 1943/44 gem. mit Rudolf Kattnigg aus Nachlassmaterial seines Vaters die infolge der Kriegsereignisse unaufgef. gebliebene Operette „Die Rosl vom Wörthersee“ zusammen. Z. war Träger mehrerer ausländ. Ausz.: Ritter des kgl. span. Ordens Karls III., Off. der Légion d’honneur, Komtur des Ordine della Corona d’Italia, Kommandeur des belg. Leopoldsordens und Ritter des Civil-Verdienst-Ordens der bayer. Krone.

Weitere W. (s. auch Grove, 2001; MGG II): Liederspiele: Szenen vom köln. Narrenfeste, 1868; Die Thomasnacht, 1869. – Kom. Oper: Die Fornarina, 1879. – Operetten: Die Carbonari (Capitain Nicol), 1880; Der Postmeister, 1884 (nicht aufgef.); Der Vagabund, 1886; Der Kellermeister (unvollendet, 1901 von J. Brandl – R. Raimann fertiggestellt). – Teilnachlässe: Wienbibl. im Rathaus, Wien; C. Z.-Mus. im Schloss St. Peter in der Au, NÖ.
L.: NFP, 12. 3. 1872; Die Presse, 4. 9. 1873; Grove, 2001 (m. W.); MGG II (m. W.); oeml; C. W. Zeller, Mein Vater C. Z., 1942; R. Schwingenschlögl, C. J. A. Z., Leben und Werk, DA Wien, 2004; Wien Geschichte Wiki (m. B., Zugriff 9. 11. 2020); Website C. Z. Der Operettenkomponist aus dem Herzen des Mostviertels (Zugriff 9. 11. 2020); Pfarre Baden-St. Helena, Pfarre St. Peter in der Au, beide NÖ.
(Th. Aigner)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 476f.
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