Zeller, Josef (1822–1890), Architekt und Baumeister

Zeller Josef, Architekt und Baumeister. Geb. Erdberg, NÖ (Wien), 9. 3. 1822; gest. Wien, 18. 3. 1890 (Suizid); röm.-kath. Sohn des Korbmachers Franz Z. (geb. ca. 1793) und der Dienstmagd Theresia Z., geb. Sellner (geb. 1800); ab 1858 verheiratet mit Klara Aich (geb. 1830), die mütterlicherseits aus der Brauereidynastie Dreher stammte. – Aus bescheidensten Verhältnissen kommend, arbeitete Z. anfangs als Hilfsarbeiter und absolv. erst ca. 1840 eine Maurerlehre, um schließl. auch eine Zeichenschule (möglicherweise an der ABK) zu besuchen. Ab Mitte der 1850er-Jahre fungierte er als Polier (u. a. bei →Eduard Frauenfeld) und wirkte an bedeutenden Projekten wie der Südbahn und der Kirche St. Johann Nepomuk (Wien 2) mit. 1857 machte er sich als Stadtbaumeister selbstständig. Durch seine Heirat und die damit verbundene Nähe zur Familie Dreher erweiterte sich sein soziales Netzwerk und er erhielt Aufträge zur Ausführung diverser Großprojekte: Neben Militärbauten (Gebäude des Techn. Militärkomitees, um 1864, Wien 6; Kronprinz-Rudolf-Kaserne, heute Rossauer Kaserne, 1869, Wien 9) errichtete er 1860–70 v. a. Brauereianlagen für die Fa. Dreher in Triest, Pest und Schwechat. I. d. F. trat Z. auch als Bauunternehmer auf und schuf eine Reihe von Wohnbauten. Mitte der 1870er-Jahre wurde er aufgrund seines umfassenden Immobilienbesitzes in den Gmd.rat des Wr. Vororts Währing gewählt, wo er sich für den Ausbau der Infrastruktur (Schulen, Kanalisation etc.) einsetzte. Z.s philanthrop. Engagement veranlasste ihn auch zur Errichtung des „Zellerhofs“ in Wien-Währing (1875). Die Anlage, die aus acht Häusern besteht, die um einen begrünten Innenhof gruppiert sind, umfasste ursprüngl. mehr als 200 Wohneinheiten, die für den unteren Mittelstand konzipiert waren. Die eher nüchterne Außenerscheinung wurde nur durch turmartige Eckrisalite repräsentativ aufgewertet. Aufgrund der niedrigen Mieten und diverser Gemeinschaftseinrichtungen war der Komplex ein frühes Beispiel sozialen Wohnbaus, nach dem Vorbild von Charles Fouriers Phalanstère. Nachdem Z. durch einen betrüger. Spekulanten um sein Vermögen gebracht worden war, setzte er seinem Leben ein Ende.

Weitere W. (s. auch Architektenlex.): Dreher’sche Bierhalle, 1859 (Wien 3); Palais Dreher, 1862 (Wien 1); Villa Dollarprinzessin, 1867 (Wien 13).
L.: Die Presse, NWT, 19., 20., Dt. Volksbl., 21. 3. 1890; Die Wr. Ringstraße 7; O. Wittenhofer, Die Fassade des Wr. Wohnhauses in der 1. Hälfte des 19. Jh., Diss. Wien, 1948; H. P. Fielhauer, in: Unser Währing 13, 1978, H. 3/4, S. 34ff.; Die Profanbauten des III., IV. und V. Bez., bearb. G. Hajós – E. Vancsa (= Österr. Kunsttopographie 44), 1980, s. Reg.; G. Weissenbacher, In Hietzing gebaut 1–2, 1996–98, s. Reg.; Architektenlex. Wien 1770–1945 (online, m. B. u. W., Zugriff 28. 8. 2020); Pfarre Erdberg, Pfarre St. Elisabeth, beide Wien.
(U. Prokop)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 477f.
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