Zellner, Leopold Alexander (1823–1894), Komponist, Lehrer und Harmoniumspieler

Zellner Leopold Alexander, Komponist, Lehrer und Harmoniumspieler. Geb. Agram (Zagreb, HR), 23. oder 26. 9. 1823; gest. Wien, 24. 11. 1894; röm.-kath. Sohn des Agramer Domorganisten Zacharias Z. (gest. Agram, 6. 2. 1875) und der Caroline Z., Vater von Alexander Z. (s. u.); ab 1849 verheiratet mit Wilhelmine Caroline Rosalie Z., geb. Oppenheimer (geb. Pressburg, Ungarn / Bratislava, SK, um 1827; gest. Wien, 31. 1. 1872; mos., ab 1849 röm.-kath.). – Von seinem Vater erhielt Z. Unterricht in Violoncello, Orgel und Oboe, bevor er mit 15 Jahren zum Organisten an der Agramer Katharinenkirche ernannt wurde. Danach trat er in das k. k. Verpflegsamt ein und blieb dort für zehn Jahre. Nach dieser Periode der Beamtentätigkeit entschied sich Z. 1849, nach Wien zu übersiedeln, wo er zunächst als Musiklehrer sowie als Musikreferent bei der von →Ignaz Kuranda hrsg. „Ost-Deutschen Post“ tätig war. 1855 gründete er die „Blätter für Musik, Theater und Kunst“, die er viele Jahre red., unterbrochen nur durch seinen kurzzeitigen Wechsel zum Journal „Neu-Wien“ 1858, das jedoch nach wenigen Monaten eingestellt wurde. Im April 1869 übergab er die Red. an Ludwig Oppenheimer, seinen langjährigen wichtigsten Mitarb., blieb aber Eigentümer des Bl. 1858 kam es zu einem Rechtsstreit mit dem Klaviervirtuosen Leopold v. Meyer, bei dem Z. vom Wr. Landesgericht zu einer mehrtägigen Gefängnisstrafe verurteilt wurde, wobei das Urteil i. d. F. vom Oberlandesgericht aufgehoben wurde. Grund dafür war eine im Dezember 1856 in den „Blättern für Musik“ abgedruckte Nachricht, Clara Schumann habe sich mit Nils Wilhelm Gade verlobt. Z. berichtigte das Gerücht und gab Meyer als dessen Urheber an, was der Ankläger als Ehrenbeleidigung durch die Presse sah. 1859–66 veranstaltete Z. in Wien sog. hist. Konzerte, die – Rezensionen zufolge – für die Rezeptionsgeschichte alter Musik in Wien von großer Bedeutung waren, da es zu zahlreichen Wr. Erstauff. von Renaissance- und Barockkomponisten kam. Allerdings lag der Fokus nicht auf einer hist. Auff.praxis, weil Z. die Werke teils in eigenen Bearb. auf dem Harmonium spielte. Nach dem Tod →Simon Sechters übernahm er im Oktober 1868 dessen Stelle als Harmonielehrer am KdM, im Jahr darauf jene des Gen.sekr. der Ges. der Musikfreunde. Krankheitsbedingt trat er 1892 i. d. R. Auf Z.s Anregung fand in Wien 1885 die internationale Stimmtonkonferenz statt, bei der man sich auf den Kammerton einigte. Darüber hinaus hielt er am Konservatorium Vorlesungen über Akustik und Orgelbau. Sein kompositor. Schaffen umfasst Messen, Oratorien, Chöre, Märsche, Klavier- und Cellostücke sowie Werke und Bearb. für Harmonium. Außerdem veröff. er „Die Kunst des Harmoniumspiels an einer Reihe von Tonstücken fortschreitenden Schwierigkeitsgrades …“ (1869), „Vorträge über Akustik“ (1892), „Vorträge über Orgelbau“ (1893) sowie „Ueber Franz Liszt’s Graner Festmesse und ihre Stellung zur geschichtlichen Entwicklung der Kirchenmusik“ (1858). Z. war Ehrenmitgl. der Ges. der Musikfreunde in Wien, Besitzer des Goldenen Verdienstkreuzes mit der Krone (1871) sowie der Medaille für Kunst und Wiss. (1866), Ritter des Franz Joseph-Ordens (1880) und Reg.Rat (1886). Sein Sohn Alexander Z. (geb. Wien, 15. 12. 1861; gest. ebd., 12. 2. 1940; röm.-kath.) erhielt seine Ausbildung am KdM in Wien. Am Beginn seiner Musikerlaufbahn war er Mitgl. des Hofopernorchesters, 1884 trat er eine Stelle als Militärkapellmeister in Prag an. Nach europaweiten Konzerttourneen mit eigenem Orchester übernahm er 1886 die Leitung der Rgt.kapelle beim IR Nr. 38 in Sarajewo. Den 1. Weltkrieg machte er als Militärkapellmeister mit. Alexander Z. komponierte auch, wobei sein bekanntestes Werk der „Oberst Gaál-Marsch“ ist. Er war u. a. Träger des päpstl. Ehrenkreuzes Pro Ecclesia et Pontifice.

L.: Ost-Dt. Post, 27. 1., Die Presse, 27. 1., 10. 4., Tagespost (Graz), 29. 1. 1858; FB, 20. 12. 1862; NWT, WZ, 25. 11. 1894; oeml (auch für Alexander Z.); Riemann; Wurzbach; E. Hanslick, Geschichte des Concertwesens in Wien 1, 1869, s. Reg.; Pfarre St. Johann Nepomuk, Wien. – Alexander Z.: Jb. der Wr. Ges.; Der Humorist 6, 1885, Nr. 4 (m. B.); Pfarre Rossau, Wien.
(R. Wiesinger)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 72, 2021), S. 479f.
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