Zickler, Karl (Carl) (1860–1933), Elektrotechniker

Zickler Karl (Carl), Elektrotechniker. Geb. Karlsbad, Böhmen (Karlovy Vary, CZ), 18. 9. 1860; gest. Brno, Tschechoslowakei (CZ), 20. 8. 1933; röm.-kath. Sohn des Seilermeisters Josef Z. und dessen Frau Theresia Z., geb. Schneider; ab 1892 mit Auguste Z., geb. v. Waltenhofen (geb. 1863), der Tochter von →Adalbert v. Waltenhofen, verheiratet. – Nach Ablegung der Matura an der Oberrealschule in Komotau 1877 stud. Z. drei Jahre am dt. polytechn. Inst. Prag, u. a. bei Waltenhofen. Zusätzl. hörte er an der Univ. Prag Mathematik und Physik und legte in diesen Fächern 1881 die Lehrbefähigungsprüfung ab. Er unterrichtete an der Staatsrealschule in Prag und war Ass. für die mechan.-techn. Fächer an der Staatsgewerbeschule in Bielitz, ehe ihn 1884 der mittlerweile an die TH Wien berufene Waltenhofen als Ass. und Konstrukteur an seine Lehrkanzel holte. 1885 besichtigte Z. im Rahmen einer Stud.reise die wichtigsten elektrotechn. Fabriken und Lehranstalten Dtld. An der TH Wien wurde er 1890 zum Priv.Doz. für Elektromagnetismus und die Berechnung von Dynamomaschinen habil. und fungierte 1891 als einer von zwei Vertretern der Priv.Doz. Noch im selben Jahr wechselte er jedoch an die TH Brünn, um als ao. Prof. die Leitung der neu geschaffenen Lehrkanzel für Elektrotechnik zu übernehmen. 1895 wurde er o. Prof. der Elektrotechnik, 1896–98 stand er als Dekan der Maschinenbau-Fachschule, 1899–1900 als Rektor der TH vor. Unter ihm erhielt die Hochschule 1902 als erste Österr. eine elektrotechn. Abt. 1930 trat er i. d. R., war aber noch zwei weitere Jahre in der Inst.leitung tätig und hielt Vorlesungen über Theorie und Messungen der Elektrotechnik. Als Fachmann für elektr. Sprengtechnik, jenes Spezialgebiet, für das er sich ursprüngl. zu habil. versucht hatte, wurde er 1894 bei der Donau-Katarakt-Regulierung in Orsova am Eisernen Tor beigezogen. Zu diesem Thema war von ihm schon 1888 „Die elektrische Minenzündung und deren Anwendung in der civilen Sprengtechnik“ (Nachdruck 2009) erschienen. Früh befasste er sich auch mit der Frage der Elektrizitätsversorgung und deren Kosten. Weitere Forschungsfelder Z.s bildeten die „lichtelektrische“ Telegraphie, so unternahm er 1898 Versuche zur drahtlosen telegraph. Übertragung mittels elektr. Lichtbogens, und später die drahtlose Telephonie. Er ist u. a. Autor eines „Lehrbuchs der allgemeinen Elektrotechnik“ (2 Bde., 1906–10), einer Darstellung über „Das Universal-Elektrodynamometer (1895, Reprint 2019), ein von ihm erfundenes Messgerät, und zahlreicher Beitrr. in „Elektrotechnik und Maschinenbau“. Für „Die Gross-Industrie Oesterreichs“ (1898) berichtete er über die elektrotechn. Ind. des Landes. Hinzu kam seine Vortragstätigkeit, etwa im Elektrotechn. Ver. in Wien, dessen Mitgl. (1933 Ehrenmitgl.) er war. Der dt.fortschrittl. eingestellte Z. war Obmann der Brünner Ortsgruppe des Ver. Freie Schule, gehörte ab 1899 neun Jahre der dt. Brünner Gmd.vertretung an und machte sich um das Brünner städt. Elektrizitätswerk sowie den Anschluss an die Überlandzentrale Oslawan verdient. Zudem war er Verw.R. der Brünner elektr. Straßenbahnges. Er wurde 1917 zum HR und 1930 zum Dr. techn. h. c. der dt. TH Brünn ernannt.

Weitere W.: Ueber die Aichung eines Voltmeters von Cardew, in: Z. für Elektrotechnik 4, 1886, H. 7; Ueber die Frölich’sche Theorie der Maschine mit gemischter Wickelung, ebd. 5, 1887, H. 2; Ueber die Vorausberechnung der Dynamomaschinen, ebd. 6, 1888, H. 1–2; Drehstromsystem mit stetig veränderbarer Periodenzahl, in: Elektrotechnik und Maschinenbau 30, 1912 (gem. m. R. Czepek).
L.: Prager Tagbl., Tagesbote (Brünn), 18. 9. 1930 (m. B.), 22. 8. 1933; M. Reithoffer, in: Elektrotechnik und Maschinenbau 48, 1930, S. 851f. (m. B.); A. Grünhut, ebd. 51, 1933, S. 552; 150 Jahre TH in Wien 1815–1965, ed. H. Sequenz, 2, 1965, S. 428; P. Šišma, Učitelé na německé technice v Brně 1849–1945, 2004, S. 135; G. Luxbacher, „Praktiker, Theoretiker und Freunde der Elektrotechnik“. Der Österr. Verband für Elektrotechnik 1883–2013, 2013, s. Reg.; Pfarre Wieden, TU, beide Wien.
(E. Offenthaler)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 73, 2022), S. 518f.
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