Ziegler, Johannes (1835–1905), Journalist und Fachschriftsteller

Ziegler Johannes, Journalist und Fachschriftsteller. Geb. Hamburg, Freie Hansestadt (D), 8. 2. 1835; gest. Wien, 25. 4. 1905; evang. AB. Enkel eines Weingroßhändlers; verheiratet. – Z. wuchs im großväterl. Haus auf, absolv. die Gelehrtenschule des Johanneums und ging 1855 nach Kopenhagen, wo er u. a. Malerei an der Kgl. Dän. Kunstakad. und Schiffsbaukunst am Seearsenal stud. Schon während dieser Zeit war er journalist. für die dt.sprachige „Kopenhagener Zeitung“ tätig. Auf Empfehlung des Architekten Hans Christian Hansen, des Bruders von →Theophil Frh. v. Hansen, kam er 1857 nach Wien und wurde mit dem Leiter des Schiffsbaukorps, Jakob Andresen, bekannt. Durch diesen erhielt Z. Anfang Oktober 1857 eine prov. Stelle als Schiffsbauzeichner in Triest, danach bei der Schiffsbaudion. Venedig und schließl. beim Hafenadmiralat Triest, wo der leitende Schiffsbau-Ing. Josef v. Romako zu seinen Förderern gehörte. Obwohl seine Leistungen überdurchschnittl. waren, wurde seine Beförderung abgelehnt. Z. betätigte sich daraufhin schriftsteller. und gab 1864 die „Mittheilungen der technischen Tagesliteratur über Schiffbau im weitern Sinn“, ab 1865 das „Archiv für Seewesen“ heraus, eine Publ., die über aktuelle Entwicklungen auf allen Gebieten der Nautik berichtete und im dt. Sprachraum ein Monopol hatte. Die Z. wurde von der Marinesektion im Kriegsmin. subventioniert, die sich eine Kontrolle über den Inhalt vorbehielt. Daraus ergab sich ein ständiger Kontakt zur Marineführung, auch zu →Wilhelm v. Tegetthoff. Die redaktionelle Tätigkeit am „Archiv für Seewesen“ konnte Z. in den ersten Jahren nur nebenberufl. ausüben, erst nach seiner Versetzung 1866 zur Marinesektion nach Wien (auf Anordnung Tegetthoffs) konnte er sich ausschließl. um die Red. kümmern. Zugleich ließ Tegetthoff die Subvention für das „Archiv“ verdoppeln und betraute Z. mit der Ordnung und Katalogisierung der Bibl. der Marinesektion sowie Anfang 1870 mit der Red. und Hrsg. des „Jahrbuchs der kais. kön. Kriegsmarine“. Nach Tegetthoffs Tod wollte die Marineführung das „Archiv“ vollständig unter ihre Kontrolle bringen und knüpfte weitere Subventionen an die Übergabe des Bl., das Z. daraufhin einstellte. Er trat Ende 1872 aus der Kriegsmarine aus und wandte sich, seit 1865 österr. Staatsbürger, nun der Journalistik zu. Er war nacheinander Mitarb. der „Deutschen Zeitung“, des „Fremden-Blatts“, der „Vedette“ und mehrerer ausländ. Bll., 1877 sollte er die Leitung der „Straßburger Zeitung“ und 1879 des illustrierten Familienbl. „Die Heimat“ übernehmen, doch zerschlugen sich beide Engagements. 1880–86 war er als Feuilletonred. der von →Theodor Hertzka gegr. „Wiener Allgemeinen Zeitung“, ab dem Frühjahr 1887 als Feuilletonist für die „Presse“ sowie ab Oktober des Jahres für das Montagsbl. „Extrapost“ und mit Jahresbeginn 1888 für das „Neue Wiener Tagblatt“ tätig, wo im Jänner 1904 sein letztes Feuilleton erschien. 1900/01 druckte auch die „Wiener Zeitung“ einige seiner Feuilletons. In zahlreichen davon beschrieb Z. sowohl Wien, dessen Architektur, Straßen und Bewohner (publ. in Buchform als „Wiener Stadtgänge“, 1897; „Wiener Stimmungsbilder“, 1907) als auch seine norddt. Heimat. Nach den Worten seines Freunds →Eduard Pötzl war Z. ein Meister in der Schilderung von Stimmungen, in denen er auch den Wechsel der Tages- und Jahreszeiten in seinen Auswirkungen auf das städt. Leben scharf beobachtete und ihnen mit feinem stilist. Sensorium sprachl. Ausdruck verlieh. Eine geplante Biographie Tegetthoffs konnte er nicht vollenden. Z. war ab 1871 Mitgl., 1875 stellv. Präs. des Journalisten- und Schriftsteller-Ver. „Concordia“.

Weitere W.: Cat. sämmtlicher Bücher und Karten der Bibl. der Marine-Section des k. k. Reichs-Kriegsmin., 1869; Vom grünen Wasser, 1892; Augenblicksbilder, 1898; Tagereisen und Streiflichter, 1905. – Ed.: Denkwürdigkeiten der Gfn. zu Schleswig-Holstein Leonora Christina vermählten Gfn. Ulfeldt …, 1871.
L.: Dt. Ztg., 23. 4. 1873; Tages-Post (Linz), 1. 3., NFP, 12. 4. 1879; NWT, 8. 2., 26. 4. 1905, 12. 2. 1906; Dt. Volksbl., WZ, 26. 4. 1905; WZ, 24. 8. 1974 (Beil., m. B.); Brümmer; Kosel 1; Wurzbach; Militär-Ztg. 18, 1865, S. 163; Oesterr.-ung. Wehr-Ztg. „Der Kamerad“ 12, 1873, Nr. 14, S. 5, Nr. 60, S. 3; Österreichs Illustrierte Ztg. 14, 1905, S. 497f. (m. B.); KA, Luther. Stadtkirche, beide Wien.
(Th. Venus)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 73, 2022), S. 523f.
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