Zingerle, Anton (1842–1910), Altphilologe

Zingerle Anton, Altphilologe. Geb. Meran, Tirol (Meran/Merano, I), 1. 2. 1842; gest. Innsbruck (Tirol), 6. 12. 1910; röm.-kath. Sohn des Kaufmanns Bartlmä Tobias Z. und von Maria Z., geb. Jordan, Neffe von →Pius Z., Bruder von →Ignaz Vinzenz Z. Edler v. Summersberg, Vater u. a. von →Josef Z. und →Hermann Z.; ab 1867 mit Anna Z., geb. Lusenberger, verheiratet. – Nach dem Gymn.besuch stud. Z. zunächst ein Jahr Theol. in Trient und 1861–65 klass. Philol. sowie Vergleichende Sprachwiss., Germanistik und Geschichte an der Univ. Innsbruck, bes. bei →Karl Schenkl; 1864 legte er die Lehramtsprüfung für Mittelschulen ab und wurde Supplent, dann w. Gymn.prof. in Verona sowie 1866 in Trient, wo er jeweils in italien. Sprache unterrichtete. In Trient war er zugleich Bez.schulinsp. für die dt. Schulen Welschtirols. Ab 1870 lehrte Z. am Innsbrucker Staatsgymn. Dt., Latein, Italien. und Griech., blieb jedoch weiterhin Bez.schulinsp. 1872 erhielt er zusätzl. einen Lehrauftrag über dt. Sprache für italien. Studierende an der Univ. Innsbruck und wurde 1873 Leiter des für diese neu errichteten Philolog. Proseminars. 1873 erfolgte die Nostrifikation seines 1869 in absentia in Tübingen erworbenen Dr.diploms und die Habil. für klass. Philol. mit dt. und italien. Vortragssprache an der Univ. Innsbruck, aufgrund der Gymn.schrift (Verona) „De Halieuticon fragmento Ovidio non abiudicando“ von 1865 sowie der dreiteiligen Untersuchung „Ovidius und sein Verhältniss zu den Vorgängern und gleichzeitigen römischen Dichtern“ (1869–71, Nachdruck 1967); im selben Jahr wurde er ao. Prof. sowie 1878 o. Prof. der klass. Philol. ebd., 1887 Mitdir. des Philolog. Seminars, 1879/80 und 1890/91 war er Dekan der phil. Fak. und 1895/96 Rektor. Daneben stand er ab 1886 als Vizedir., ab 1894 als Dir. der Prüfungskomm. für das Lehramt an Gymn. und Realschulen vor, zuletzt auch für jenes an Mädchenlyzeen. Hauptforschungsgebiet des Latinisten Z. waren die Dichter Ovid, Catull, Properz, Lukrez, Vergil, Horaz und Tibull sowie Livius, sein Interesse galt aber auch Petrarca und den latein. Dichtern des 15. und 16. Jh. sowie der Volks- und Landeskde. Tirols. Gem. mit →Ernst Kalinka begründete Z. 1906 die Publ.-R. „Commentationes Aenipontanae“ und gab deren erste fünf Bde. (1906–10) heraus. Seine Abhh. erschienen insbes. in den „Sitzungsberichten“ der k. Akad. der Wiss. in Wien, der „Zeitschrift für die österreichischen Gymnasien“, den „Wiener Studien“, der „Berliner Philologischen Wochenschrift“, der „Deutschen Literaturzeitung“ und im „Literarischen Zentralblatt“. Z. war k. M. der k. Akad. der Wiss. in Wien (1890) sowie des Österr. Archäolog. Inst. (1901), Ritter des Ordens der Eisernen Krone III. Kl. (1896) und HR (1905).

Weitere W. (s. auch Wurzbach; ÖAW): Die dt. Gmd. im Fersinathale, in: Herbstblumen, 1870; Kleine philolog. Abhh., 4 He., 1871–87; Zu späteren latein. Dichtern, 2 He., 1873–79; Martial’s Ovid-Stud., 1877; Beitrr. zur Geschichte der Philol. 1, 1880; Ueber Berührungen tirol. Sagen mit antiken, 1894; Dom- und Stiftschulen Tirols im Mittelalter …, 1896. – Ed.: S. Hilarii Episcopi Pictaviensis Tractatus super Psalmos, 1891.
L.: Innsbrucker Nachrichten, 7., RP, 8. 12. 1910; E. Hauler, in: Almanach 61, 1911, S. 441ff.; Kosel 2; Otto; Wer ist’s?, 1909; Wurzbach (m. W.); A. Hinrichsen, Das literar. Dtld., 2. Aufl. 1891; E. Kalinka, in: Z. für die österr. Gymn. 64, 1913, S. 378ff.; R. Meister, Geschichte der Akad. der Wiss. in Wien 1847–1947, 1947, S. 128, 277; E. Hauler, in: F. Hölbing – W. Stratowa, 300 Jahre Universitas Oenipontana, 1970, S. 164 (m. B.); R. Muth, in: La filologia greca e latina nel secolo XX, 1, ed. G. Arrighetti, 1989, S. 382f.; A. Huber. Briefe (1859–98), ed. G. Oberkofler – P. Goller, 1995, S. 186ff.; AVA, ÖAW (m. W.), beide Wien; Pfarre Meran-St. Nikolaus, I.
(M. Pesditschek)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 73, 2022), S. 551
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