Žolger Ivan Ritter von, Jurist und Politiker. Geb. Devina, Stmk. (SLO), 22. 10. 1867; gest. Laßnitzhöhe (Stmk.), 16. 5. 1925; röm.-kath. Sohn des Bauern Ivan Žolger und der Anna Žolger, geb. Marušek; ab 1906 verheiratet mit Elsa v. Ž., geb. Friedmann (1879–1936). – Ž. besuchte das Gymn. in Marburg, wo er auch einen illegalen Mittelschülerver. leitete. 1889–94 stud. er Rechtswiss. in Graz und Paris und arbeitete daneben als Hauslehrer; 1895 Prom. sub auspiciis Imperatoris zum Dr. iur. an der Univ. Graz. 1894 in den Verwaltungsdienst eingetreten (Statthalterei Graz, 1895–97 Bez.hptm.schaft Pettau), wurde er 1898 in das Min. für Kultus und Unterricht berufen und wechselte 1902 in das Ministerratspräsidium (1914 Sektionschef), wo er 1907 die Leitung des für die Angelegenheiten des Ausgleichs zuständigen Staatsrechtl. Dep. übernahm. Von August 1917 bis Mai 1918 war Ž. Minister ohne Portefeuille mit der Zuständigkeit für kriegsbedingte Verwaltungskoordination im Kabinett von →Ernst Seidler v. Feuchtenegg, inoffiziell galt er als slowen. Landsmannschaftsminister und als polit. Signal an die Südslawen. Ž. war schon zuvor als Verfechter eines südslaw. Trialismus mit Thronfolger →Franz Ferdinand in Kontakt gestanden, entwarf für diesen u. a. 1911 ein Manifest und war für die Leitung seines Kabinetts vorgesehen. Für Ministerpräs. →Karl Gf. Stürgkh soll er ganze Folianten staatsrechtl. Arbeiten vorbereitet haben. Auch mit K. →Karl stand er wegen einer Lösung der südslaw. Frage in Kontakt. Als Minister war er an Arbeiten zur nationalen Föderalisierung beteiligt („Grundlagen für die Erörterung der Verfassungsrevision“, 1918). Ž. war sich aber bewusst, dass die Zahl jener Südslawen, die von Österr. nichts mehr erwarteten und stattdessen mehr und mehr auf die Entente oder eine Friedenskonferenz hofften, stetig wuchs. Als Jurist habil. sich Ž. 1899 zum Priv.Doz. für Verwaltungslehre und österr. Verwaltungsrecht mit einer Arbeit über Verordnungsrecht an der Univ. Wien; ab 1918 tit. o. Prof. Ab 1900 war er Mitgl. der staatswiss. Staatsprüfungskomm. sowie der Diplomprüfungskomm. an der Export-Akad. Sein Buch über den staatsrechtl. Ausgleich zwischen Österr. und Ungarn enthielt eine Vertragstheorie und entstand aus seiner Tätigkeit im Ministerratspräsidium. Während des 1. Weltkriegs erschienen seine noch heute viel zitierte Stud. zum „Hofstaat des Hauses Österreich“ (1917) sowie eine umfangreiche Untersuchung zu den staatsrechtl. Grundlagen der Wehrmacht Österr.-Ungarns. Beim Zerfall der Monarchie stellte sich Ž. in den Dienst der slowen. Nationalregierung. Ab November 1918 war er Vors. der Verwaltungskomm. im Innenmin. mit der Aufgabe der Reorganisation der Verwaltung. Von Ž. stammt auch die slowen. Übergangsverfassung vom November 1918. Ebenfalls von da an leitete er das Amt für das besetzte Gebiet. Auf der Pariser Friedenskonferenz war er trotz italien. Widerstands slowen. Vertreter des Kg.reichs Serbiens bzw. des SHS-Staats und unterschrieb auch den Staatsvertrag von St. Germain. Weitere diplomat. Tätigkeiten (Teilnahme an der ersten Völkerbundversmlg. 1920, nationaler Ad-hoc-Richter am Ständigen Internationalen Gerichtshof in Den Haag) folgten. Der talentierte und pflichtbewusste Beamte Ž. wurde 1919 als Prof. für Völkerrecht an die neu gegr. Univ. in Ljubljana berufen. Er verstarb während des Aufenthalts in einer Heilanstalt. 1904 wurde Ž. Ritter des Franz Joseph-Ordens, 1910 Ritter des Ordens der Eisernen Krone III. Kl., 1913 Ritter des Leopold-Ordens und 1917 nob.