Zsigmondy, Emil (1861–1885), Alpinist und Mediziner

Zsigmondy Emil, Alpinist und Mediziner. Geb. Wien, 11. 8. 1861; gest. in der Meije-Südwand (F), 6. 8. 1885 (verunglückt; begraben: Saint-Christophe-en-Oisans, F); evang. AB. Sohn von →Adolf Z. (s. u. Richard Adolf Z.) und Irma Z., geb. Szakmary (geb. 1. 10. 1834; gest. 27. 4. 1900), Bruder von Otto Z., Karl Z. (beide s. u.) und →Richard Adolf Z. – Nach dem Besuch des Gymn. (Matura 1879) stud. Z. Med. an der Univ. Wien, u. a. bei →Eduard Albert; 1884 Dr. med. 1885 wurde er zunächst zum Oberarzt der Res. ernannt und erhielt im Sommer eine Stelle als Operateur an der Klinik Albert angeboten. Z. machte sich als einer der Pioniere der Wr. Bergsteigerschule und einer der bedeutendsten Vertreter des führerlosen Bergsteigens einen Namen. Schon in jungen Jahren unternahm er Touren in den Ost- und Westalpen. Aufsehen erregte er u. a. mit der Erstbesteigung des Feldkopfs (1879, Zillertaler Alpen) und der Reichenstein-Nordwand (1884, Ennstaler Alpen, gem. mit Louis Friedmann) sowie der 1885 erstmals durchgeführten Gesamtüberschreitung der Meije in der Dauphiné. 1882–84 bestieg er die Dolomiten und die Walliser Berge. Oftmals wurde er dabei von seinem Bruder Otto oder seinem Freund →Ludwig Purtscheller begleitet. Zu weiteren Bergsteigerkameraden zählten u. a. →August v. Böhm-Böhmersheim und →Carl Diener. Durch zahlreiche Notizen während seiner Wanderungen konnte Z. viele bereits vorhandene Karten berichtigen. Zudem galt er als ein begnadeter Zeichner von Gebirgslandschaften. Bekanntheit erreichte er auch durch sein mehrfach aufgelegtes erstes Lehrbuch für alpine Sicherheit („Die Gefahren der Alpen“, 1885; Reprint 2010), das ins Französ. (1886) und Ung. (2001) übers. wurde. 1885 verunglückte Z. beim Versuch einer Besteigung der Meije-Südwand durch einen Seilriss tödl. Der Feldkopf in den Zillertaler Alpen trägt heute ebenso seinen Namen wie der Pic Z. an der Meije und die Z.-Hütte in den Sextener Dolomiten. Z. war Mitgl. des Oesterr. Alpenver. Sektion Austria. Sein Bruder, der Alpinist und Zahnarzt Otto Z. (geb. Wien, 6. 1. 1860; gest. ebd., 30. 6. 1917, Ehrengrab: Zentralfriedhof; evang. AB), stud. nach dem Besuch des Schotten- und des Real- und Obergymn. in Wien 9 (Matura 1877) Med. an der Univ. Wien. 1882 Dr. med., vertiefte er zunächst seine zahnmed. Kenntnisse in London und New York. In Wien als Zahnarzt bei →Moriz Heider tätig, erwarb er sich rasch einen internationalen Ruf. Ohne eine Univ.karriere eingeschlagen zu haben, befasste er sich dennoch wiss. u. a. mit histolog. Fragen, mit Wurzelbehandlungen und der Theorie der Karies. Bekanntheit erlangte auch er als Alpinist. Mit seinem Bruder Emil, mit dem er eine Seilschaft bildete, wird er zu den bedeutendsten Vertretern des führerlosen Bergsteigens gezählt. Otto Z. beteiligte sich an zahlreichen Erstbesteigungen, z. B. der Großen Möseler-Nordwand und des Firndreiecks (Zillertaler Alpen). 1885 nahm er an der ersten Gesamtüberschreitung der Meije teil. Im selben Jahr wirkte er am Versuch der Erstbesteigung der Meije-Südwand mit. Nach Emil Z.s Tod gab er dessen Buch „Die Gefahren der Alpen“ in zwei weiteren Aufl. heraus. 1894 fungierte Otto Z. als Präs. des Österr. Alpenklubs. Ein weiterer Bruder, der Mathematiker Karl Z. (geb. Wien, 27. 3. 1867; gest. ebd., 14. 10. 1925, Ehrengrab: Zentralfriedhof; evang. AB), der mit Valerie Z., geb. v. Klastersky (geb. 24. 10. 1878; gest. 5. 7. 1958) verheiratet war, stud. nach dem Besuch des Gymn. ab 1886 Mathematik und theoret. Physik an der Univ. Wien bei →Gustav v. Escherich, →Emil Weyr und →Josef Stefan; 1890 Dr. phil. 1891/92 vertiefte er seine Kenntnisse der Zahlentheorie an der Univ. Berlin, 1882 an der Univ. Göttingen sowie 1893 an der Sorbonne in Paris. 1893 nach Wien zurückgekehrt, habil. er sich 1894 und hielt Vorlesungen über die Theorie der Kettenbrüche, über Kugelfunktionen, die näherungsweise Berechnung von Funktionswerten, arithmet.-algebr. Analysen sowie über Differential- und Integralrechnungen. 1895 erhielt Karl Z. eine Ass.stelle an der Lehrkanzel für Mathematik an der TH Wien; 1898 Hon.prof., 1902 Extraordinarius. Ab 1898 hielt er Parallelvorlesungen über die Elemente der reinen Mechanik mit graph. Statik, ab 1900 über Mathematik I für Bauing. 1905 wurde er als o. Prof. an die dt. TH in Prag berufen. Bereits ein Jahr später kehrte er nach Wien zurück, wo er Vorstand der Lehrkanzel für Mathematik I und 1921–25 Vorstand der Lehrkanzel für Mathematik II war; 1916/17, 1920/21 Dekan der Fak. für Angewandte Mathematik und Physik, 1918/19 Rektor der TH. Karl Z. war ab 1894 Mitgl. der dt. Mathematiker-Vereinigung; 1921 HR.

Weitere W.: Die Croda da Lago, in: Mitth. des DÖAV, NF 1, 1885; Im Hochgebirge, 1889 (engl.: In the High Mountains, 1992). – Otto Z. (s. auch Kocher): Beitr. zur chirurg. Behandlung der Prostataabscesse, in: WKW 4, 1891. – Karl Z.: s. Schmid; Ottowitz.
L.: NFP, Sbg. Volksbl., 11., NWT, 18. 8. 1885; Grazer Tagbl., 11. 8. 1925; Wurzbach (s. u. Adolf Z.); K. Schulz, in: Mitth. des DÖAV, NF 1, 1885, S. 192f., 212ff., 243ff.; K. Schulz, Im Hochgebirge. Wanderungen von E. Z., 1889, S. XIff.; A. Ziegler, Dr. E. Z., 1926; Alpinismus in Wien, ed. P. Sova, 1999 (auch für Otto Z., beide m. B.); M. Salzer – P. Karner, Vom Christbaum zur Ringstraße, 2008 (auch für Otto Z. u. Karl Z.); AlpinWiki (m. B., Zugriff 10. 5. 2021); Wien Geschichte Wiki (Zugriff 10. 5. 2021, auch für Otto Z.); UA, Wien. – Otto Z.: Grazer Tagbl. 4., NFP, 5. 7. 1917; Lesky, s. Reg.; Mitt. des DÖAV, NF 33, 1917, S. 89f.; K. Kocher, Personalbibliographien von Prof. und Doz. an der Med. Fak. der Univ. Wien für das Fach Zahnheilkde. ... 1820–1940, med. Diss. Erlangen-Nürnberg, 1973, S. 52ff. (m. W.); H. Wyklicky, in: Österr. Zahnärzte-Ztg. 37, 1986, S. 33f.; G. Huszár, in: Fogorvosi szemle 82, 1989, S. 357ff.; K. Oberhuber, in: Österr. Alpenver. Mitt. des Zweiges Innsbruck 1, 1992, S. 30ff. (m. B.). – Karl Z.: Der Tag, Neues Wr. Journal, RP, 17. 10. 1925; Th. Schmid, in: Jahresber. der dt. Mathematiker-Vereinigung 36, 1927, S. 167ff. (m. B. u. W.); 150 Jahre TH in Wien 1815–1965, ed. H. Sequenz, 2, 1965, s. Reg.; G. Mecenseffy, Evang. Lehrer an der Univ. Wien, 1967, s. Reg.; N. Ottowitz, Der Mathematikunterricht an der TH in Wien 1815–1918, 1, techn. Diss. Wien, 1992, S. 155ff. (m. B. u. W.); UA, Wien.
(P. Svatek – D. Angetter)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 73, 2022), S. 584f.
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