Zsolnay, Vilmos (Wilhelm) (1828–1900), Keramiker und Industrieller

Zsolnay Vilmos (Wilhelm), Keramiker und Industrieller. Geb. Fünfkirchen (Pécs, H), 19. 4. 1828; gest. ebd., 23. 3. 1900; röm.-kath. Sohn des Kaufmanns Miklós Z. (1800–1880) und der Terézia Z., geb. Ballay, Bruder des Unternehmers Ignác Z., Vater u. a. der Keramikerin und Volkskunstsammlerin Teréz Z. (geb. Fünfkirchen, 21. 5. 1854; gest. ebd., 16. 5. 1944), der Keramikerin und Malerin Júlia Sikorska-Z. (geb. Fünfkirchen, 15. 2. 1856; gest. ebd., 2. 4. 1950) sowie des Industriellen Miklós Z. (geb. Fünfkirchen, 30. 10. 1857; gest. Wien, 25. 2. 1922), Großvater des Malers und Keramikers László Mattyasovszky Z. v. Alsómátyásfalva (geb. Fünfkirchen, 17. 6. 1885; gest. Wien, 18. 7. 1935); verheiratet mit Terézia Z., geb. Bell (geb. 1832; gest. Fünfkirchen, 3. 5. 1918). – Z. wollte ursprüngl. Maler werden, besuchte jedoch auf väterl. Wunsch ab 1844 das polytechn. Inst. in Wien und schlug i. d. F. die Kaufmannslaufbahn ein. Er arbeitete bei Handelsfirmen in Wien, Frankfurt am Main, Dresden und München, bereiste Dtld. sowie Böhmen und kehrte um 1848 nach Ungarn zurück. Z. trat in das Mode- und Spielwarengeschäft seines Vaters ein und übernahm 1865 die bankrotte Hartkeramikfabrik seines Bruders Ignác. Unter seiner Leitung entwickelte sich das Unternehmen zu einer Majolika- und Porzellan-Fabrik von Weltrang. Z.s geschäftl. Erfolg basierte in erster Linie darauf, dass er auf die Stilrichtungsänderungen in der Keramikkunst (Romantik, Historismus, ung. Sezession, chines. Reminiszenzen) sowie auf die sich daraus ergebenden Änderungen des Markts stets rechtzeitig reagierte. Seine Produkte erregten bereits bei der Wr. Weltausst. 1873, wo er mit der Verdienst-Medaille ausgez. wurde, Aufmerksamkeit. Der große Durchbruch gelang ihm 1878, als auf der Pariser Weltausst. seine Ivoire-Fayencen mit der Goldenen Medaille prämiert wurden. Maßgebl. an diesem internationalen Erfolg beteiligt war der Wr. Großhändler Ernst Wahliss, der 1873–83 das ausschließl. Vertriebsrecht der Z.-Erzeugnisse auf ausländ. Märkten, u. a. für Frankreich, England und die USA, besaß. Z. zeichnete auch für Erfindungen verantwortl., so für das mit feinem Schmelz überzogene, frostbeständige Pyrogranit, das im Bereich der Gebäudekeramik zum Einsatz kam (u. a. Parlamentsgebäude und Gebäude der Postsparkasse in Budapest) sowie den Eosin-Lüster, den er gem. mit →Vince Wartha entwickelte. Künstler und kapitalist. Unternehmer in einer Person, hielt Z. mit der wirtschaftl. und technolog. Entwicklung im 19. Jh. Schritt: 1885 gründete er eine Kachelofenfabrik, 1891 begann er mit der Fabrikation von Porzellanisolatoren, 1892 mit der Herstellung von Sanitärprodukten und Fliesen. Die Erzeugnisse der Fabrik fanden in der gesamten Monarchie Verbreitung (z. B. Ziegel-Ornamente am Gebäude der Allg. Poliklinik in Wien). Seinen internationalen Ruhm verdankte das Unternehmen aber hauptsächl. den kunstvollen Porzellanobjekten, an deren Vorlagen neben Z.s Töchtern auch viele Künstler, wie etwa →József Rippl-Rónai, mitgearbeitet haben. Z., ein Pionier der modernen Keramikkunst, wurde 1878 in die Légion d’honneur aufgenommen, erhielt 1885 den Orden der Eisernen Krone III. Kl. und 1896 das Komturkreuz des Franz Joseph-Ordens.

L.: Pester Lloyd, 23. 3. 1900; M. Életr. Lex. (m. B.); Művészeti Lex. I, II; Thieme–Becker; ÚMÉL; Wurzbach; L. Rúzsás, A pécsi Z.-gyár története, 1954; I. Katona, Z. V., 1977; T. Zsolnay u. a., A gyár és a család története 1863–1948. A gyár története 1948–73, 3. Aufl. 1980; Gy. Sikota, Z., 1989, dt. 1991; É. Hárs, Z., 1996, dt. 1997; Magyar tudóslex., 1997; K. Jávor, Életmód és életmód-stratégia a pécsi Z. család történetében, 2000; K. Jávor, in: Acta Ethnographica Hungarica 45, 2000, S. 99ff.; E. Mattyasovszky-Zsolnay Gosztonyi, Az elfeledett Z., 2002.
(Á. Z. Bernád)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 73, 2022), S. 588f.
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