Zwerger, Johannes Baptist (1824–1893), Fürstbischof

Zwerger Johannes Baptist, Fürstbischof. Geb. Altrei, Tirol (Altrei/Anterivo, I), 23. 6. 1824; gest. Graz (Stmk.), 14. 8. 1893; röm.-kath. Sohn des Landwirts, Schneiders und Webers Johannes Z. (gest. 1844) und der Maria Margareth Z., geb. Lochmann. – Z. besuchte das Gymn. der Franziskaner in Bozen und jenes der Jesuiten in Innsbruck. Nach Absolv. der phil. Jgg. in Innsbruck (1846–48) stud. er Theol. in Brixen (1848–50) und anschließend in Trient, wo er 1851 die Priesterweihe durch →Johann Nepomuk v. Tschiderer zu Gleifheim empfing. Nach Abschluss des Stud. 1852 wirkte er zuerst als Stud.präfekt am Trienter Priesterseminar und anschließend als Kaplan in Kaltern. 1853/54 entsandte ihn Tschiderer an das Frintaneum nach Wien, wo er die Rigorosen aus Dogmatik, Moral- und Pastoraltheol. sowie Kirchengeschichte und recht ablegte. Ohne Doktorat kehrte Z. aus gesundheitl. Gründen und auf Wunsch des Bischofs nach Trient zurück, um ab 1854 zunächst als Supplent der Pastoraltheol. und ab 1857 als o. Prof. am dortigen Priesterseminar zu lehren. Nach Wien zurückgekehrt, wirkte er 1858–62 als Spiritual am Frintaneum sowie als Hofkaplan an der Hofburgkapelle, wo er als Homilet hervortrat und wegen seiner aufsehenerregenden Predigten von der liberalen Presse kritisiert wurde. 1863 zum Domherrn in Trient ernannt, fungierte er i. d. F. als Konsistorialrat, Prosynodalexaminator, Schuloberaufseher und Provikar (1863–67) für den dt. Diözesananteil. Daneben war Z. Präses des kirchl. Ehegerichts. 1865 Dompropst von Trient, veranlasste er dort u. a. die Einführung von Exerzitien für Lehrer und fungierte auch als Visitator der Frauenklöster für den dt. Bistumsanteil. Auf Empfehlung von →Benedikt Riccabona v. Reichenfels wurde Z. im August 1867 durch →Maximilian Joseph v. Tarnóczy zum Fürstbischof von Seckau nominiert; Konfirmation und Konsekration im Oktober desselben Jahres in Salzburg, Inthronisation im November. Während der liberalen Ära wurde Z. (wie Riccabona v. Reichenfels, →Vinzenz Ferrer Gasser, →Joseph Feßler und →Franz Josef Rudigier) zum Verteidiger des Konkordats von 1855 und sprach sich in seinen Hirtenbriefen gegen die konfessionellen Gesetze vom Mai 1868 und vom Mai 1874 sowie gegen das Reichsvolksschulgesetz von 1869 aus. Z. wurde wie Rudigier und →Michael Napotnik von →Karl Giskra der Friedensstörung beschuldigt. Diözesanklerus, Laien und kath. Ver. unterstützten ihn jedoch. Z. förderte traditionelle Frömmigkeitsformen, das kath. Ver.wesen und die Niederlassung neuer Orden und Kongregationen. Er setzte sich für die Wiederbesiedelung der 1782 aufgehobenen Abtei Seckau ein, die 1883 mit Benediktinern aus dem Stift Emaus in Prag gelang, sowie für die Gründung der Anstalt für unheilbar Kranke durch die Barmherzigen Brüder in Kainbach. Während seiner Amtszeit fanden 1869 der erste Steir. Katholikentag und 1891 ein weiterer statt. 1869 weihte er die Diözese den Heiligsten Herzen Jesu und Mariä, seit 1883 wurde der Oktober jeweils zum Rosenkranzmonat erklärt. In seiner 25-jährigen Amtszeit spendete er 817 Priesterweihen und visitierte sämtl. Pfarren mindestens zweimal. Ab 1869 begab sich Z. jährl. nach Rom, auf dem 1. Vatikan. Konzil 1869/70 gehörte er der Komm. für Disziplinarfragen an und arbeitete an der Revision des Kleinen Katechismus mit. Er zählte zu den Infallibilisten, obwohl er zunächst an den Beratungen der Gegner des Unfehlbarkeitsdogmas teilgenommen hatte. Krankheitsbedingt reiste er vor der Schlussabstimmung im Juli 1870 aus Rom ab und nahm das Dogma sogleich an. Z. trat für den Fortbestand des 1870 aufgelösten Kirchenstaats ein und rief zu Spenden für den Papst („Peterspfennig“) auf. Er beteiligte sich aktiv an den Bischofskonferenzen Cisleithaniens und forderte regelmäßige Zusammenkünfte zugunsten eines einheitl. Vorgehens der Bischöfe in kirchenpolit. Belangen ein. Zudem publ. er gemeinverständl. zu religiösen und kirchenpolit. Themen. Z. erweiterte das Knabenseminar in Graz durch ein eigenes Gymn. Mithilfe eines Mio.erbes nach Leopold Frh. v. Lilienthal unterstützte er die Gründung karitativer Anstalten und den Bau von Kirchen, wie der Vinzenzkirche und der Herz-Jesu-Kirche in Graz. Letztere, die vor dem Hintergrund der ideolog. Auseinandersetzungen mit den Liberalen entstand, konsekrierte Z. 1891 und fand in deren Krypta auch seine letzte Ruhestätte. Geh. Rat (1889) Z., dem die Univ. Wien 1864 ein Ehrendoktorat verliehen hatte, war Träger des Großkreuzes des Franz Joseph-Ordens (1883) sowie des Ritterordens der Eisernen Krone I. Kl. (1891).

W. (s. auch Harzl; Runggaldier; Frankl – Tropper): Was lehrt das allg. vatikan. Concilium über die Unfehlbarkeit des Papstes?, 1870; Die Volksschule in ihren Beziehungen zu Familie, Kirche und Staat, 1871; Die Reise in die Ewigkeit, 1872 (6. Aufl. 1901); Die konfessionellen Gesetzentwürfe, inʼs Haus der Abg. eingebracht am 21. Jänner 1874, 1874; Die Schätze der röm.-kath. Christen, 1874 (4. Aufl. 1906); Die schönste Tugend und Das häßlichste Laster, 1876 (6. Aufl. 1905); Der Glaube als göttl. Tugend ..., 1877 (3. Aufl. 1906); Die wahre Kirche Jesu Christi in ihrer Wesenheit und in ihren Beziehungen zur Menschheit, 1880 (2. Aufl. 1904).
L.: ADB; Adlgasser; Gatz, Bischöfe (m. B.); Wurzbach; A. Dworschak, in: Dtld. Episkopat in Lebensbildern 3, 1874, S. 109ff.; J. B. Z., Fürstbischof von Seckau, 1893; F. v. Oer, Fürstbischof J. B. Z. von Seckau, 1897; M. Liebmann, in: K. Amon, Die Bischöfe von Graz-Seckau, 1969, S. 439ff.; M. Liebmann, in: Die Grazer Stadtpfarren, ed. K. Amon, 1980, S. 154ff.; F. Harzl, Bibliographie der Hirtenbriefe des Fürstbischofs J. B. Z. (1867–93) und deren Charakteristik, DA Graz, 1986; K. Schatz, Vaticanum I, 2, 1993, S. 29, 42, 75, 95, 101, 140; E. Runggaldier, J. B. Z., 1993 (m. W.); Kirchengeschichte der Stmk., ed. K. Amon – M. Liebmann, 1993, S. 22, 254f., 258, 260, 274ff., 278ff., 300, 420; M. Kronthaler, in: FS 150 Jahre Österr. Bischofskonferenz 1849–1999, 1999, S. 33ff.; Das „Frintaneum“ in Wien …, ed. K.-H. Frankl – P. G. Tropper, 2006, S. 175f. (m. B. u. W.); M. Sohn-Kronthaler u. a., 800 Jahre Diözese Graz-Seckau, 2018, S. 37, 81f., 121, 293, 341, 372, 384, 441; In Stein gebauter Glaube: Fürstbischof J. B. Z. (1824–1893) und die Herz-Jesu-Kirche in Graz, ed. D. Probst – F. Bouvier, 2020; UA, Wien; Diözesanarchiv Graz-Seckau, Graz, Stmk.
(M. Sohn-Kronthaler)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 73, 2022), S. 613f.
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