Zweybrück, Franz (1853–1925), Journalist und Historiker

Zweybrück Franz, Journalist und Historiker. Geb. Wien, 9. 1. 1853; gest. ebd., 13. 8. 1925; röm.-kath. Aus einer konvertierten jüd. Familie stammend. Sohn des Rgt.arztes Wolfgang Z. (1807–1881) und von Henriette Z., Bruder des Rechtsanwalts Moritz Z.; verheiratet mit Editha Z., geb. Du Rieux de Feyau (geb. Frankfurt am Main, Dt. Reich/D, 19. 11. 1872; gest. Wien, 11. 12. 1920; röm.-kath.). – Z. wuchs in verschiedenen Garnisonsstädten auf, in denen sein Vater tätig war. Er besuchte das Gymn. in Troppau sowie das Wr. Piaristengymn., wo →Adalbert Horawitz sein Interesse für Geschichte und dt.sprachige Literatur weckte und er – unter dem starken Eindruck der dt. Einigung – dt.national geprägt wurde. 1871–76 stud. er an der Univ. Wien Geschichte u. a. bei →Theodor v. Sickel, →Ottokar Lorenz, →Max Büdinger sowie →Heinrich Ritter v. Zeißberg und hörte auch Vorlesungen aus dt. Sprache und Literatur bei →Karl Tomaschek und →Wilhelm Scherer. An der Univ. Wien trat er der Dt. Studentenschaft sowie dem neu gegr. Lesever. der dt. Studenten bei, dessen Ausschuss er kurzzeitig angehörte, und arbeitete bei adeligen Familien als Erzieher. I. d. F. besuchte er die Univ. Bonn und Heidelberg. Aus familiären Gründen kehrte er 1879 zurück nach Wien, noch bevor er seine Doktorarbeit, die ein Thema aus der Zeit des 30-jährigen Kriegs behandeln sollte, vollenden konnte; dennoch verlieh ihm die Univ. Heidelberg aufgrund seiner erwiesenen wiss. Fähigkeiten 1880 das Doktorat. Es folgten umfangreiche Archivstud. im HHStA und in verschiedenen Adelsarchiven: So entdeckte er im Salm’schen Familienarchiv im mähr. Raitz unbekannte Materialien, die er 1890 veröff. („Briefe der Kaiserin Maria Theresia und Josefs II. und Berichte des Obersthofmeisters Grafen Anton Salm …“). Bei diesen Arbeiten lernte er →Heinrich Friedjung und dessen Freundeskreis, →Michael Hainisch und →Engelbert Pernerstorfer kennen. Ab den frühen 1880er-Jahren wirkte Z. auch als Vortragender im Rahmen der Volksbildung und wurde durch seinen Bruder mit →Eugen Philippovich v. Philippsberg, →Julius Ofner, Otto Wittelshöfer und →Alfred Francis Pribram bekannt. 1892 wurde Z. ständiger Mitarb., 1896 Red. und später polit. Leitartikler des „Fremden-Blatts“, daneben fungierte er als Wr. Korrespondent des „Hannoverschen Couriers“ bzw. Mitarb. von Wolffs Telegraph. Bureau und kurzzeitig auch Red. des literar. Teils beim „Ver Sacrum“. Ende 1906 übernahm er als Nachfolger von →Marcell v. Frydmann-Prawy, zuerst gem. mit →Leopold Heinrich Leóstér, die Chefred. des „Fremden-Blatts“. Nach Meinungsverschiedenheiten mit den Eigentümern machte er im März 1909 →Julius Széps Platz. Eine angestrebte Stelle als Lehrer an der Konsular- oder Exportakad. erhielt er nicht. Stattdessen kam er, vermutl. über Empfehlung →Rudolf Siegharts, im Juli des Jahres zur „Wiener Zeitung“. Seinen Wunsch, die Regierungspolitik im Rahmen der großen polit., kulturellen und sozialen Zusammenhänge darzustellen, verwirklichte er v. a. in angesehenen dt. Z. wie den „Preußischen Jahrbüchern“, der „Deutschen Rundschau“, in „Westermanns Monatsheften“, in den „Süddeutschen Monatsheften“ und in der „Österreichischen Rundschau“. Im August 1914 veröff. er in der „Oesterreichischen Volks-Zeitung“, für die er auch als Burgtheaterkritiker tätig war, einen hymn. Leitartikel auf den Zweibund und wenig später längere Aufsätze zur Entstehung des Zweibunds und über das Verhältnis Bismarcks zu Österr. Eine Auswahl seiner Essays („Österreichische Essays“) erschien 1916. Diese spiegeln sowohl seine dt.-nationale Gesinnung als auch seinen Glauben an die Mission Österr.-Ungarns in Europa wider. Im November 1917 rückte er zum stellv. Chefred. der „Wiener Zeitung“ auf, im Februar 1923 folgte er →Friedrich Sträßle als Chefred. und wurde zum HR ernannt. I. d. F. sorgte er u. a. für die Verstärkung der internationalen sowie die Aufwertung der Kulturberichterstattung und eine Umgestaltung der Aufmachung. Z. betätigte sich aktiv im Vorstand des Wissenschaftl. Clubs, im Dt.-Österr. Turnver., im Rahmen der Hochschulkurse für Frauen und ab 1896 im Journalisten- und Schriftsteller-Ver. „Concordia“.

Weitere W.: Bismarck und Österr., 1915.
L.: Oesterreichische Volks-Ztg., 18. 8. 1914; NFP, 16. 1. 1923; AZ, 14., NWT, WZ, 15. 8. 1925; WZ, 1. 1. 1947; AdR, AVA, KA, Pfarre Rennweg-Maria Geburt, alle Wien; Národní archiv, Praha, CZ; UA, Heidelberg, D; Mitt. Martin Enne, Wien, Barbara Köpplová, Praha, CZ.
(Th. Venus)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 73, 2022), S. 615f.
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