Zwiedineck-Südenhorst (Zwiedinek von Südenhorst), Hans (Johann Alois, Johannes Alois) Edler von (1845–1906), Historiker, Lehrer und Bibliothekar

Zwiedineck-Südenhorst (Zwiedinek von Südenhorst) Hans (Johann Alois, Johannes Alois) Edler von, Historiker, Lehrer und Bibliothekar. Geb. Frankfurt, Freie Stadt (Frankfurt am Main, D), 14. 4. 1845; gest. Graz (Stmk.), 22. 11. 1906; röm.-kath. Sohn von →Ferdinand Zwiedinek Edler v. Südenhorst und Anna Zwiedinek Edle v. Südenhorst, geb. Brunner (geb. Karlstadt, Kg.reich Kroatien und Slawonien / Karlovac, HR, 9. 3. 1808; gest. Graz, 1. 8. 1886), Bruder von →Julius Zwiedinek Frh. v. Südenhorst, Vater u. a. des Nationalökonomen Otto Edler v. Z.-S. (geb. Graz, 24. 2. 1871; gest. ebd., 4. 8. 1957) und von →Karl Edler v. Z.-S. (s. u. Julius Zwiedinek Frh. v. Südenhorst); ab 1868 mit Anna Adele Edle v. Z.-S., geb. Dettelbach, verheiratet. – Z. stud. vier Semester an der jurist. Fak. der Univ. Graz, bevor er sich ganz der Germanistik und Geschichte widmete. 1867 wurde er zum Dr. phil. prom. und trat als Aspirant in die Landesbibl. am Joanneum ein. Ab 1869 unterrichtete er als Supplent und 1873–80 als Prof. an der Grazer Landes-Oberrealschule, ehe er 1880 die Leitung der Landesbibl. am Joanneum übernahm. Dort führte er umfassende Neuerungen ein, und auch der Bibl.neubau (Wiedereröffnung 1893) fiel in seine Amtszeit. Z. war Red. bei den „Monatsheften für Theater und Musik“ (1868/69) und der „Österreichischen Gartenlaube“. 1871 übernahm er die Leitung der „Deutschen Zeitung“ sowie der „Deutschen Wochenschrift“, 1884–88 gab er die „Zeitschrift für Allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte“ heraus. Z.s 1874 eingereichte Habil.schrift „Christian der Andere von Anhalt und seine Beziehungen zu Innerösterreich“ wurde abgelehnt, ein neuerl. Versuch 1875 führte schließl. zur Erteilung der Venia. Z., der nicht am Inst. für österr. Geschichtsforschung stud. hatte und eine propreuß.-dt.nationale Gesinnung vertrat, was sich beides nachteilig auf seine Karriere auswirkte, entfaltete trotz der berufl. Doppelbelastung eine rege Vorlesungstätigkeit. 1900 ließ er sich als Bibl.leiter i. d. R. versetzen, um sich ganz der Wiss. zuzuwenden. 1885 wurde er Extraordinarius, 1906 Ordinarius ad personam. Z. war ein begabter Festredner und Wiss.organisator. Er initiierte die Hist. Landeskomm. für Stmk. sowie die Provisor. Comm. für die Hrsg. von Acten und Correspondenzen zur neueren Geschichte Österr. (heute Komm. für Neuere Geschichte Österr.). Zu seinen bedeutendsten Veröff. gehören seine Darstellung „Die Politik der Republik Venedig während des Dreißigjährigen Krieges“ (2 Bde., 1882–85), die „Deutsche Geschichte im Zeitraum der Gründung des preußischen Königtums“ (2 Bde., 1890–94) und die „Deutsche Geschichte von der Auflösung des alten bis zur Errichtung des neuen Kaiserreiches (1806–1871)“ (3 Bde., 1897–1905). Daneben verf. er zahlreiche Aufsätze zur Zeit des Dreißigjährigen Kriegs, der Franzosenkriege sowie zur steir. Geschichte, u. a. für die „Mittheilungen des Historischen Vereines für Steiermark“, die „Beiträge zur Kunde steiermärkischer Geschichtsquellen“, das „Archiv für österreichische Geschichte“, die „Zeitschrift für Allgemeine Geschichte, Kultur- und Litteratur- und Kunstgeschichte“, die „Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung“ und die „Jahresberichte der Geschichtswissenschaft“, Berlin. 1883 wurde er mit dem Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens ausgez. und 1906 zum k. M. der k. Akad. der Wiss. in Wien gewählt. Sein Nachlass befindet sich im Stmk. LA.

Weitere W. (s. auch Ilwof; Trinks; Kernbauer): Der Aufstand der steir. Herren im Jahre 1291, 1863; Dorfleben im achtzehnten Jh., 1877; Oesterr. unter Maria Theresia, Joseph II. und Leopold II. …, 1884 (gem. m. A. Wolf); Die öff. Meinung in Dtld. im Zeitalter Ludwigs XIV. ... Ein Beitr. zur Kenntnis der dt. Flugschriften-Litteratur, 1888; Die stmk. Landes-Bibl. am Joanneum in Graz, 1893.
L.: Grazer Tagbl., 23. 11. 1906; J. v. Karabaček, in: Almanach Wien 57, 1907, S. 351f.; Wurzbach; F. Ilwof, in: Z. des Hist. Ver. für Stmk. 4, 1906, S. 100ff. (m. B. u. W.); I. Trinks, H. v. Z., Diss. Graz, 1951 (m. B. u. W.); A. Mölzer, H. v. Z. Corpsstudent, Gelehrter und Politiker, 1981; F. Fellner – D. A. Corradini, Österr. Geschichtswiss. im 20. Jh., 2006; W. Höflechner, Das Fach „Geschichte“ an der Phil. resp. Geisteswiss. Fak. der Univ. Graz, 2015, S. 272ff.; A. Kernbauer, Das historiograph. Werk Grazer Historiker, 2015, S. 559ff., 621 (m. B. u. W.); Pfarre Graz-St. Leonhard, Stmk.
(B. Scholz)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 73, 2022), S. 617f.
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