Burgerstein, Alfred (1850–1929), Botaniker und Lehrer

Burgerstein Alfred, Botaniker und Lehrer. Geb. Wien, 18. 7. 1850; gest. ebd., 11. 11. 1929; röm.-kath. Sohn des Beamten Joseph Burgerstein (s. u.) und von Maria Burgerstein, geb. Steiner, Bruder von →Leo Burgerstein; verheiratet mit Josefine Pokorny. – Nach dem Besuch des Akademischen Gymnasiums in Wien (Matura 1869) studierte B. Naturwissenschaften an der philosophischen Fakultät der dortigen Universität. Seine Dissertation „Untersuchungen über das Vorkommen und die Entstehung des Holzstoffes in den Geweben der Pflanzen“ (in: Sitzungsberichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Abt. 1, 70, 1875) wurde 1874 approbiert; 1876 Dr. phil. 1873–75 Assistent bei Julius Wiesner am Pflanzenphysiologischen Institut der Universität Wien, legte B. 1874 die Lehrbefähigungsprüfung für Naturgeschichte an Gymnasien sowie Mathematik und Physik an Untergymnasien ab und wirkte 1875–1909 als Lehrer für Naturgeschichte am Leopoldstädter Communal-Real- und Obergymnasium (ab 1901 Erzherzog-Rainer-Gymnasium). 1894 habilitierte er sich in Wien als Privatdozent für Anatomie und Physiologie der Pflanzen und wurde 1903 zum ao. Professor dieser Fächer an der Universität ernannt. 1909 trat er unter Verleihung des Titels Regierungsrat in den Ruhestand. B. arbeitete wissenschaftlich hauptsächlich auf dem Gebiet der Pflanzenphysiologie und der Holzanatomie. Neben seinem dreibändigen physiologischen Hauptwerk „Die Transpiration der Pflanzen“ (1904–25) verfasste er eine Reihe kleinerer Arbeiten zu diesem Thema, u. a. „Ueber den Einfluss äusserer Bedingungen auf die Transpiration der Pflanzen“ (in: 12. Jahresbericht des Leopoldstädter Communal-Real- und Obergymnasiums in Wien …, 1876) und „Änderungen der Spaltöffnungsweite unter dem Einflusse verschiedener Bedingungen“ (in: Verhandlungen der Zoologisch-Botanischen Gesellschaft in Wien 70, 1920). Auf dem Gebiet der Holzanatomie galt er als anerkannte Autorität. Hierzu legte er zahlreiche botanische, aber auch kulturgeschichtlich interessante Arbeiten vor, darunter „Vergleichend-histologische Untersuchungen des Holzes der Pomaceen“ (in: Sitzungsberichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Abt. 1, 104, 1895) und „Der ‚Stock im Eisen‘ der Stadt Wien“ (in: 29. Jahresbericht des Leopoldstädter Communal-Real- und Obergymnasiums in Wien …, 1893, ergänzt in: Berichte und Mitteilungen des Altertums-Vereines zu Wien 43, 1910). Daneben schrieb B. eine Reihe von disziplin- und institutionsgeschichtlichen Arbeiten, wie „Entwicklung der Anatomie und Physiologie der Pflanzen in Oesterreich von 1850 bis 1900“ (in: Botanik und Zoologie in Österreich in den Jahren 1850 bis 1900, 1901) und „Die k. k. Gartenbau-Gesellschaft in Wien 1837–1907“ (1907). Als Lehrbehelfe verfasste er den „Leitfaden der Botanik für die oberen Classen der Mittelschulen“ (1882) sowie den „Leitfaden der Botanik für niedere landwirtschaftliche Schulen“ (1888), beide Titel erschienen in mehreren Auflagen. Spätere Auflagen der Lehrbücher „Leitfaden der Zoologie für den höheren Schulunterricht“ (ab 1887) und „Leitfaden der Somatologie des Menschen“ (ab 1895) von Johann Nepomuk Woldrich wurden ebenfalls von B. mitbearbeitet. B. war ab 1876 Mitglied der Gartenbau-Gesellschaft in Wien und 1897–1911 Generalsekretär und Redakteur ihres Organs „Wiener Illustrirte Garten-Zeitung“. Ab 1867 Mitglied der zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien, wurde er 1926 zu deren Ehrenmitglied gewählt. Ferner war er Gründungsmitglied und 1871–72 Präsident des Akademischen Vereins der Naturhistoriker an der Universität Wien. 1901 wurde ihm das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens und die Ehrenmitgliedschaft der Royal Horticultural Society in London verliehen. Sein Vater Joseph Burgerstein (geb. Pilsen, Böhmen / Plzeň, CZ, 28. 6. 1813; gest. Wien, 12. 1. 1873) war Beamter im Unterrichtsministerium in Wien. Er betätigte sich als Verfasser historischer Werke, Satiriker und Gelegenheitsdichter. Von seinen Veröffentlichungen sind „Veselé rozjímání o nejnovější Fejfalíkiádě: Über die Königinhofer Handschrift“ (1861) und „Franz Anton Graf von Thun-Hohenstein“ (1871) erwähnenswert. 1865 gründete er den Wiener St.-Method-Verein zur Förderung der Religion und Kultur katholischer Tschechen, die sich aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse anderweitig nicht ausreichend weiterbilden konnten.

Weitere W. (s. auch Eisenberg; Futák – Domin; Stafleu – Mennega): Das pflanzenphysiologische Institut der k. k. Wiener Universität von 1873–1884, in: Österreichische botanische Zeitschrift 34, 1884, ebd. 35, 1885; Das neue botanische Institut der Wiener Universität, in: Wiener illustrirte Garten-Zeitung 30, 1905; Einfluß des Lichtes verschiedener Brechbarkeit auf die Bildung von Farn-Prothallien, in: Berichte der Deutschen Botanischen Gesellschaft 26, 1908; Pflanzenkulturen im diffusen Tageslichte, in: Verhandlungen der kaiserlich-königlichen zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien 58, 1908, ebd. 59, 1909; Julius Ritter v. Wiesner †, ebd. 67, 1917.
L.: NFP, 15. 11. 1929; Eisenberg 2 (mit W.); Inauguration Univ. Wien 1930/31, 1930, S. 45f.; Jb. der Wr. Ges.; Wer ist’s?, 1928; Zeitschrift für die österreichischen Gymnasien 25, 1874, S. 626, 45, 1894, S. 1053, 54, 1903, S. 1053; Botanik und Zoologie in Österreich in den Jahren 1850 bis 1900, 1901, s. Reg.; I. Dörfler, Botaniker-Adressbuch, 3. Aufl. 1909, S. 211; Biologen-Kalender 1, 1914, S. 177; Österreichische botanische Zeitschrift 79, 1930, S. 96; L. Linsbauer, in: Gartenzeitung der Österreichischen Gartenbau-Gesellschaft 6, 1930, S. 30f.; J. Futák – K. Domin, Bibliografia k flóre ČSR do r. 1952, 1960, S. 130 (mit W.); J. H. Barnhart, Biographical notes upon botanists 1, 1965; F. A. Stafleu – E. A. Mennega, Taxonomic literature, Suppl. 3, 1995 (mit W.); Pfarre St. Rochus, UA (mit Bild), beide Wien. – Joseph B.: WZ, 23. 12. 1865; Neues Fremden-Blatt, 14. 1. 1873 (Abendausg.); BSČZ.
(M. Svojtka)   
Zuletzt aktualisiert: 30.11.2015  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 4 (30.11.2015)