Šembera Alois Vojtěch, Philologe und Historiker. Geb. Hohenmauth, Böhmen (Vysoké Mýto, Tschechien), 21. 3. 1807; gest. Wien, 23. 3. 1882. Sohn eines Riemers, Bruder des Pfarrers und Gelegenheitsdichters Jan (1784–1857) und von Joseph Š., Vater des Journalisten und Dichters Viktor Karl Schembera (beide s. d.) und der (Zdislava) Zdenka Š. (s. u.). Š. absolv. die Gymn.stud. und hierauf die phil. Jgg. in Leitomischl (Litomyšl) (1824–25) und Prag (1825–26) und stud. an der Prager Univ. Jus. 1830–39 wirkte er als Stadtverwaltungsbeamter in Brünn (Brno), 1839–49 als Lehrer der böhm. Sprache und Literatur an der Ständ. Akad. in Olmütz (Olomouc) bzw. 1849–81 in der selben Funktion an der Univ. Wien. 1873 Reg.Rat, trat er 1882 i. d. R. Er war Organisator des tschech. Kulturlebens und Mitbegründer von Kulturver., Red. von Ztg., 1849 in Wien (mit anderen tschech. Philologen) Bearb. der tschech. jurist. und polit. Terminol., dann Red. und Übers. der tschech. Version des Allg. bürgerl. Gesetzbuches und Red. des böhm. Reichsgesetzbl.; 1862–68 Landtagsabg. Mitgl. vieler wiss. Ges. und Träger zahlreicher Ausz., publ. Š. ab 1829 in einer Reihe von tschech.sprachigen Ztg. und Z. Artikel hist., hist.-topograph. und ethnograph. Inhalts. Als Historiker widmete er sich hauptsächl. der Geschichte von Mähren (mit einem Akzent auf die hist. Topographie) und der Westslawen, wobei er – als ein Anhänger von Kollár (s. d.) – der irrtüml. Meinung war, daß die Slawen autochthone Bewohner des Raumes zwischen dem Rhein, der Donau und der Ostsee gewesen seien. Als Philologe verfaßte Š. v. a. eine systemat. Übersicht der tschech. und slowak. Literatur und (als erster) der tschech. und slowak. Mundarten. Er gehörte zu den wichtigsten Kritikern der alttschech. urkundl. und literar. Fälschungen noch vor dem Hss.streit in den 80er Jahren. Seine Tochter (Zdislava) Zdenka Šemberová (geb. Olmütz, Mähren / Olomouc, Tschechien, 19. 5. 1841; gest. Hohenmauth, 30. 7. 1912) wirkte als Sekr. ihres Vaters und war mit vielen berühmten tschech. Kulturschaffenden, wie J. Neruda, Karásek und insbes. Th. Masaryk (alle s. d.), befreundet.