Tessedik (Teschedik, Tešedik, Theschedik, Thessedik), Sámuel II. von (1742–1820), Seelsorger, Lehrer und Landwirt

Tessedik (Teschedik, Tešedik, Theschedik, Thessedik) Sámuel II. von, Seelsorger, Lehrer und Landwirt. Geb. Alberti (Albertirsa, H), 20. 4. 1742; gest. Szarvas (H), 27. 12. 1820; evang. AB. Sohn des Theologen Sámuel T. I. (geb. Puchau, Ungarn / Púchov, SK, 1710; gest. Békéscsaba, H, 7. oder 9. 4. 1749), der ab 1732 in Jena Theol. stud. und ab 1737 als evang. Pfarrer in Tótgyörk (Galgagyörk), Alberti und schließl. ab 1744 in Békéscsaba wirkte, und von Elisabeth T., geb. Lang, Vater von Sámuel v. T. III. und Großvater von Ferenc (Franz) v. T. (beide s. u.); in 1. Ehe mit Therese T., geb. Markovics (1740–1791), in 2. Ehe mit Karoline v. T., geb. v. Lissóvényi (1760–1820), verheiratet. – Nach Besuch der Gymn. in Preßburg, Sárospatak und des ref. Kollegiums in Debreczin (Debrecen) stud. T. 1763–65 Theol., Phil. und Naturwiss. an der Univ. Erlangen und vertiefte seine Kenntnisse 1766 während einer Reise durch Dtld. (Jena, Leipzig, Halle und Berlin), wo er mit der Philanthropie in Kontakt kam, deren Lehren er später als Seelsorger in Ungarn, zuerst in Cserhátsurány und ab 1767 in Szarvas, umsetzte. Dort gründete er 1780 eine der ersten Landwirtschaftsschulen Europas, die er mit einer Bibl. und einer handwerkl. bzw. landwirtschaftl. Lehrwerkstätte ausstattete und die heute ein Mus. ist. Gegen seine Lehrmethoden leisteten die Gmd. und seine Seelsorgerkollegen Widerstand, die Schule musste wegen finanzieller Schwierigkeiten 1806 geschlossen werden. Bekannt wurde T. als Reformator der Landwirtschaft. Er führte Experimente zur Verbesserung der sodahältigen Böden durch und verwendete als Erster die kalkig-mergelige Bodendüngung. Darüber hinaus machte er die Luzerne in Ungarn heimisch, forcierte den Anbau von weiteren Futterpflanzen sowie die Bienen- und Seidenraupenzucht und führte die Stallhaltung ein. Durch Brunnenbohrungen sicherte er gesundes Trinkwasser und kümmerte sich auch um Ernährungsfragen sowie Wohnverhältnisse. 1786–88 ließ er die evang. Kirche von Szarvas erbauen. Seine Werke erschienen v. a. in dt. Sprache. 1809 wurde er in den Adelsstand erhoben. Sein Sohn, der Kartograph Sámuel v. T. III. (Tešedík) (geb. Szarvas, 20. 2. 1777; gest. Mezőberény, H, 13. 4. 1821; evang. AB), stud. Ing.wiss. am Inst. Geometricum der phil. Fak. der Univ. Pest und war danach als Ing. in Mezőberény tätig. Ab 1811 arbeitete er gem. mit Mátyás Huszár und Pál Vásárhelyi an der Kartographierung und Vermessung des Überschwemmungsgebiets der Schnellen Kreisch (Sebes-Körös, Crișul Repede). Dessen Sohn, der Schriftsteller und Jurist Ferenc (Franz) v. T. (Tešedík) (geb. Szarvas, 22. 2. 1800; gest. Wien, 17. 6. 1844; evang. AB), stud. nach Schulbesuch in Mezőberény und Schemnitz (Banská Štiavnica) an den Rechtsakad. in Preßburg sowie Sárospatak und legte 1822 in Pest (Budapest) die Advokatenprüfung ab. Anschließend Privatsekr. im Dienst des Diplomaten →Albert Gf. Apponyi (v. Nagyappony), bereiste er mit diesem 1824–25 sowie 1827–28 Westeuropa. 1828 fand er bei der Ung. Kammer eine Anstellung, zog 1835 nach Wien, wo er bis zu seinem Tod als Hon.-Sekr. der allg. Hofkammer tätig war. Neben einigen Ged. und wiss. Abhh., die in ung., österr. und französ. Z. veröff. wurden, publ. er 1831 die Beschreibung seiner Reiseerlebnisse in Südfrankreich „Utazása Franczia ország déli részeiben“. Ferenc v. T. war ab 1827 Mitgl. der Société de Géographie und ab 1832 k. M. der MTA.

W. (s. auch Szinnyei; Új magyar életrajzi lex.): Der Landmann in Ungarn, was er ist und was er sein könnte …, 1784; Ökonom.-physikal.-statist. Bemerkungen über den gegenwärtigen Zustand des Landwesens in Ungarn …, 1787; Neuer Wiesen-Rektifikations-Plan …, 1802; T. S. önéletírása, übers. u. hrsg. M. Zsilinszky, 1873, 2. Ausg. 1942, Reprint 1976; Nachricht von dem Anbau und der Benutzung des Lucerner-Klees, o. J. – Sámuel v. T. III.: Mappa exhibens inundationes eruptionis Crysii Velocis … et Canalem Szeghalmiensem …, 1815. – Ferenc (Franz) v. T.: s. Szinnyei.
L.: Biograph. Lex. Südosteuropas; Das geistige Ungarn; M. Életr. Lex. (m. B.); Szinnyei (m. W.); Wurzbach; S. T., Gründer der ersten Wirtschaftsschule der Welt, 1942; L. Vincze, in: Paedagogica Historica: International Journal of the History of Education 9, 1969, S. 497ff.; Slovenský biografický slovník 6, 1994 (m. B. u. L.); Új magyar irodalmi lex. 3, 2. Aufl. 2000; Új magyar életrajzi lex. 6, 2007 (m. W. u. L.); Website der T. S. Egyetemi Központ, Szarvas (Zugriff 9. 8. 2012); Mitt. Karl W. Schwarz, Wien. – Sámuel v. T. III.: Enc. Slovenska; Wurzbach; L. Bendefy, Szintezési munkálatok Magyarországon, 1958, s. Reg.; Slovenský biografický slovník 6, 1994 (m. L.). – Ferenc (Franz) v. T.: Das geistige Ungarn; Szinnyei (m. W. u. L.); Wurzbach; Új magyar irodalmi lex. 3, 2. Aufl. 2000; L. Markó u. a., A MTA tagjai 1825–2002, 3, 2003; Új magyar életrajzi lex. 6, 2007 (m. L.).
(D. Angetter – Á. Z. Bernád)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 65, 2014), S. 260f.
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