Till, Leopold (1830–1893), Maler

Till Leopold, Maler. Geb. Wien, 8. 12. 1830; gest. ebd., 10. 7. 1893; röm.-kath. Sohn des Malers Johann T. d. Ä. (geb. Hohenstadt, Mähren / Zábřeh, CZ, 1800; gest. Wien, 23. 1. 1889), Bruder von Johann T. d. J. (s. u.). – T. lernte zuerst bei seinem Vater und 1844–47 sowie 1849–58 an der Wr. ABK (1852–58 Besuch der Meisterschule bei →Leopold Kupelwieser), wo er 1847 den Gundel-Preis erhielt. Sein künstler. Debüt, das 1852 beim Österr. Kunstver. ausgest. Gemälde „Kaiser Rudolph von Habsburg in der Schlacht bei Murten (1283) in Lebensgefahr“, verdeutlicht die heroisierende Facette der patriot. Historienmalerei mit einem Thema aus der Frühzeit der Dynastie. Später waren auch Werke mit aktuellem Geschichtsbezug in seinem Œuvre vertreten („Szene aus dem italienischen Feldzug“, 1859). Der Großteil seiner (vorwiegend im Österr. Kunstver. präsentierten) Arbeiten changiert in eigentüml. Weise zwischen genrehaft, z. Tl. auch romantisierend eingekleideter Historie („Die Erzählung eines Kreuzritters“, „Abschied des Rekruten“, „Im Schlosspark“, „Die Schlacht mit den Türken“) und (zum Großteil in der Natur situierten) Alltagsszenen mit Kindern, bei deren Motiven die häufige Verwendung von Booten und Schiffen auffällig ist. T. blieb in dieser Hinsicht (z. B. „Jäger und Mädchen an der Quelle“, 1855) der Tradition des Vormärz verhaftet, auch mit den von ihm bevorzugt verwendeten geschlossenen Kompositionen sowie in Bezug auf den hohen Deskriptionsgrad. T.s wichtigster überregionaler Auftrag war sein zusammen mit →Christian Ruben nach einem Karton von →Karl Svoboda (Swoboda) ausgeführtes Fresko „Kaiser Leopold II. in der Sitzung der Böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften, 1791“ für den Geschichtszyklus im Prager Belvedere (1866 vollendet). Zu seinem Œuvre zählen auch einige Altarblätter (St. Corona, Pfarrkirche; Leoben, Redemptoristenkirche). Sein Bruder, der Maler Johann T. d. J. (geb. Wien, 19. 7. 1827; gest. ebd., 21. 11. 1894; röm.-kath.), erhielt ebenfalls die erste Ausbildung bei seinem Vater. Anschließend besuchte er 1841–47 sowie 1849–65 die Wr. ABK, u. a. 1852–58 und 1860–62 die Meisterschule bei Kupelwieser, von dem er wesentl. beeinflusst wurde, und 1862–65 die Meisterschule Ruben; 1849 Lampi-Preis. 1847 stellte er zum ersten Mal auf der Jahresausst. der Wr. ABK aus, zwischen 1851 und 1872 war er – wie sein Bruder – v. a. auf den Ausst. des Österr. Kunstver. vertreten. Er unternahm Stud.reisen nach Dtld. und Frankreich, 1874 hielt er sich in Rom auf. In seinen Arbeiten bevorzugte er Sujets mit Genre- und Historienbezug, so z. B. auf das mittelalterl. Rittertum („Gottfried von Bouillon begrüßt das gelobte Land“, 1854, „Heimkehrende Kreuzfahrer“, 1864, beide Österr. Galerie Belvedere; „Die Heimkehr des Kreuzritters“, „Landsknechte mit einem Hund“, „Die Klosterbeute“, „Die Beute des Ritters“, „Ein Festschmaus für den Ritter“). Bilder wie „Die Brautfahrt“ mit einer Bootsszene vor einer Landschaftskulisse stehen stärker in romantisierend-biedermeierl. Tradition. Johann T.s „Der Besuch beim Großvater“ (1860) ist hingegen nicht ohne die Tradition christl. überhöhter Stimmungsmalerei zu verstehen. Dagegen weist das Gemälde „Reisigsammler im Wienerwald“ (1857) den Maler als Vertreter einer offeneren Malweise und innovativer Themenstellungen aus; zahlreiche Ölstud. zu Plein-air-Landschaften im Wr. Belvedere gehen stilist. in der Auflösung der geschlossenen Form noch weiter. Seine breite themat. Ausrichtung runden zudem Porträts, Charakterköpfe und Tierstud. ab. Ab 1870 war T. Mitgl. der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (Künstlerhaus).

Weitere W.: s. Wurzbach (auch für Johann T. d. J.).
L.: ADB; Fuchs, 19. Jh.; Thieme–Becker; Wurzbach (m. tw. W.); M. Huig, in: Bulletin of the National Gallery in Prague 5/6, 1995/96, S. 70ff.; Kunst des 19. Jh. 4, bearb. C. Wöhrer, 2000; W. Telesko, Geschichtsraum Österr., 2006, S. 269. – Johann T. d. J.: Eisenberg 1; Fuchs, 19. Jh.; Thieme–Becker; Wurzbach (m. tw. W.); R. List, Kunst und Künstler in der Stmk. 24/25, 1982; Kunst des 19. Jh. 4, bearb. C. Wöhrer, 2000; W. Aichelburg, 150 Jahre Künstlerhaus Wien 1861–2011 (nur online, Zugriff 2. 9. 2013); ABK, Wien.
(W. Telesko)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 65, 2014), S. 345f.
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