Tonkli, Josip (Joseph) Ritter von (1834–1907), Politiker und Jurist

Tonkli Josip (Joseph) Ritter von, Politiker und Jurist. Geb. Bergogna, Görz und Gradisca (Breginj, SLO), 21. 5. 1834; gest. Görz, Görz und Gradisca (Gorizia, I), 1. 11. 1907; röm.-kath. Sohn des Schmieds und Landwirts Jožef T. und von Marija T., geb. Gašperut (Gasperut, Gasparut), Bruder von Nikolaj (Nikolaus) T. (s. u.); ab 1868 verheiratet mit Gabriele T., geb. Dlauhy. – T. besuchte erst spät ein Gymn., übersprang jedoch als ausgez. Schüler mehrere Kl. und maturierte 1857 in Görz. 1857‒61 stud. er an der Univ. Wien Rechtswiss. und wurde 1863 als erster Slowene aus dem Kronland Görz und Gradisca zum Dr. iur. prom. Im Anschluss absolv. T. ein Praktikum bei →Giovanni Rismondo in Görz. 1866 eröffnete er eine eigene Anwaltskanzlei in Canale (Kanal). Im selben Jahr organisierte er im Zusammenhang mit den krieger. Auseinandersetzungen die dortige Bürgerwehr und führte diese als Kmdt. an. 1867 wurde er in den Görzer LT gewählt (Landgmd.kurie), wo er bis 1870 verblieb und auch Mitgl. des Landesausschusses war. 1868 forderte er die Anerkennung des Slowen. als Amts- und Gerichtssprache, im folgenden Jahr bekannte er sich öff. zum polit. Programm Zedinjena Slovenija (Vereinigtes Slowenien), mit dem ein eigenes Kronland Slowenien innerhalb Österr. angestrebt wurde. Diesem Programm stand auch die Tabor-Bewegung nahe, die große polit. Volksversmlgg. organisierte, an denen T. wiederholt als Redner teilnahm. Nach seiner Übersiedlung nach Görz eröffnete er dort 1870 eine Kanzlei. Nachdem es zur Spaltung in „Alt-“ und „Jungslowenen“ gekommen war, erreichte T., der sich zu ersterer Fraktion bekannte, 1870 nicht mehr die nötigen Stimmen für den Einzug in den LT und gehörte diesem erst 1876‒94 wieder an; ab 1880 Mitgl. des Landesschulrats, 1880‒94 LHptm.-Stellv. V. a. ab den 1880er-Jahren setzte sich T. aktiv gegen die Spaltung der Slowenen in zwei polit. Lager ein. Mit seiner Unterstützung wurden eine slowen. Volksschule und ein slowen. Kindergarten in der Stadt Görz sowie die Görzer Volksbank gegr., womit er den Grundstein für das slowen. Schul- und Finanzwesen in dieser Region legte. 1880 in das AH des RR gewählt, unterstützte T. bis zu seinem Ausscheiden 1891 den „Eisernen Ring“ um →Eduard Gf. Taaffe. T. und sein Bruder Nikolaj T. waren zentrale Führungsfiguren der Görzer Slowenen, weshalb die 1880er-Jahre auch als „T.-Ära“ bezeichnet werden. Kritiker warfen T. jedoch vor, dass sein nationales Engagement nach dem Eintritt in den Verw.R. des österr. Lloyd (1886) deutl. nachgelassen habe. T. war maßgebl. beteiligt an der Gründung slowen. Kultur- und Lesever. in Görz und Canale sowie des Ver. Soča, der ersten slowen. polit. Vereinigung in Görz und Gradisca (1869); bis 1870 deren Vors., bis 1891 Hrsg. der gleichnamigen Z. 1879‒89 fungierte er als Vors. des Görzer polit. Ver. Sloga (Eintracht). 1866 wurde T. mit dem Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens ausgez. und 1883 zum Ritter der Eisernen Krone III. Kl. ernannt. Sein Bruder Nikolaj (Nikolaus) T. (geb. Bergogna, 18. 6. 1844; gest. Görz, 15. 8. 1902, begraben: Solkan, SLO), Vater zweier Söhne, verheiratet mit Marija Lenassi, besuchte das Gymn. in Görz, musste dieses jedoch aus Geldmangel abbrechen und konnte es erst durch die Unterstützung seines Bruders Josip abschließen, nachdem er ein Jahr lang auf dem elterl. Bauernhof gearbeitet hatte. Im Anschluss stud. Nikolaj T. 1865–69 Rechtswiss. an der Univ. Wien; 1875 Dr. iur. in Graz. Danach arbeitete er in der Anwaltskanzlei seines Bruders und wurde dessen berufl. und polit. Partner. 1884–94 wirkte er als Vors. der Volksdarlehenskasse (Ljudska posojilnica), 1889–95 saß er als Abg. im LT von Görz und Gradisca. 1888 protestierte Nikolaj T. erfolgreich gegen die Einführung des Dt.unterrichts an sämtl. Görzer Schulen.

L. (meist auch für Nikolaj T.): Gorica, 16. 8. 1902; Slovenski narod, 4. 11. 1907; Novi glas, 1. 7. 2004; Primorske novice, 7. 8. 2007; PSBL; SBL; Soča 15, 1885, Nr. 3; A. Gabršček, Goriški Slovenci 1, 1932, s. Reg.; B. Marušič, Goriški Slovenci v Taaffejevi dobi, 1975, S. 127ff.; H. Tuma, Iz mojega življenja, ed. B. Marušič, 1997, s. Reg.; V. Melik, Wahlen im alten Österr. am Beispiel der Kronländer mit slowen.sprachiger Bevölkerung, 1997, s. Reg.; B. Marušič, Stoletnica smrti dr. J. T., 2007, S. 129ff.; V. Sossou, Nastanek in razvoj bančnih ustanov v Gorici do leta 1915, geisteswiss. DA Nova Gorica, 2012, S. 18ff.; Primorci.si (m. B. von Josip T., Zugriff 18. 6. 2014); UA, Wien. – Nikolaj T.: UA, Graz, Stmk.
(R. Lampreht)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 66, 2015), S. 403f.
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