Vávra, Jan; Ps. Jan Pachta (1861–1932), Schauspieler

Vávra Jan, Ps. Jan Pachta, Schauspieler. Geb. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 15. 5. 1861; gest. ebd., 19. 11. 1932. Aus einer vermögenden Prager Müllerfamilie stammend, deren Mitgl. sich sowohl dem Unternehmen als auch dem Theater widmeten. Bruder des Tenoristen Antonín V. (geb. Prag, 1847; gest. Dobřichovice, Tschechoslowakei/CZ, 1932), der in Prag und in Italien stud. hatte und Mitgl. des Prager tschech. Interimstheaters (1871–77) sowie des Nationaltheaters (1881–88) war, und des Schauspielers Václav V. (geb. Prag, 1854; gest. Brno, Tschechoslowakei/CZ, 1922), der episod. am Interimstheater (1880), am Nationaltheater in Prag (1881–83) und am tschech. Theater in Brünn (1885–86, 1888/89) wirkte, Onkel von →Karel V., Vater von Jan Hilbert V. (s. u.). – V. absolv. 1880 die höhere Landwirtschaftsschule in Tabor und übernahm das Familienunternehmen. Materiell abgesichert, trat er unter dem Namen Jan Pachta mit einer Dilettantengruppe in Prag auf. 1885 wurde er von Dir. František Pokorný nach Brünn engag. Am Nationaltheater gastierte er 1887 (als Pachta) und 1892 (bereits unter seinem eigentl. Namen). Danach sammelte er Erfahrungen in mehreren reisenden Ges. Im Juni 1898 erhielt V. die Konzession für das neue Urania-Sommertheater auf dem Ausst.gelände in Prag-Holeschowitz und stellte ein Ensemble zusammen. Um diese Bühne herum sammelte sich eine Gruppe von Opponenten des Prager Nationaltheaters aus dem Literaturver. Máj, darunter →Gustav Schmoranz sowie →Jaroslav Kvapil, die eine zweite Prager tschech. Bühne gründen wollte. In der Urania wurden einige Inszenierungen realisiert, an denen sich V. als Schauspieler beteiligte (etwa als Rittmeister in August Strindbergs „Der Vater“). 1899 gastierte er mehrmals am Nationaltheater. Als Schmoranz und Kvapil in der Saison 1900/01 dessen Leitung übernahmen, wurde V. für das Schauspielensemble engag. und gehörte i. d. F. bis zu seiner Pensionierung 1925 zu den bedeutenden Persönlichkeiten dieses Hauses. Seine realist. und psycholog. glaubhafte Spielweise hatte die ältere deklamator. Schule überwunden, entwickelte sich nach dem 1. Weltkrieg aber nicht mehr zum dynam. Expressionismus weiter. V. spielte ein breites Repertoire (u. a. Sudermann, Ibsen, Sardou, Shakespeare, Dostoevskij) und schuf zahlreiche Gestalten der älteren und neuen tschech. dramat. Literatur (Jaroslav Hilbert, Julius Zeyer, →František Věnceslav Jeřábek, →Alois Jirásek, →Emil Frida, →Alois Mrštík und →Vilém Mrštík, →Josef Kajetán Tyl usw.). Sein Sohn, der Sänger Jan Hilbert (Hilbert Jan) V. (geb. Prag, 9. 4. 1888; gest. ebd., 8. 1. 1950), war 1912–30 Mitgl. des Nationaltheaters. Er widmete sich auch der bildenden Kunst und schuf v. a. Porträts von Musikern. 1939–50 unterrichtete er am Prager Konservatorium Gesang.

Weitere Rollen: s. Website des Národní divadlo (auch für Jan Hilbert V., m. B.).
L.: Národní listy, 20. 11. 1932; Národní divadlo; J. Kvapil, O čem vím, 1932, S. 200ff.; K. Engelmüller, Z letopisů českého divadelnictví, 1946, bes. Bd. 2, S. 161ff.; J. Knapp, Umělcové na pouti. České divadelní společnosti 19. století, 1961, s. Reg.; V. Pecharová – H. Vraná, Divadlo Urania v dokumentech 1–2, 1971, s. Reg. Bd. 2; Dějiny českého divadla 3, 1977, s. Reg.; Česká divadla. Enc. divadelních souborů, ed. E. Šormová, 2000, s. Reg.; Česká činohra 19. a začátku 20. století 2, red. dies., 2015 (m. B.). – Jan Hilbert V.: ČHS.
(J. Ludvová)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 68, 2017), S. 197f.
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