Veidl, Theodor (1885–1946), Komponist und Musikwissenschaftler

Veidl Theodor, Komponist und Musikwissenschaftler. Geb. Wissotschan, Böhmen (Vysočany u Chomutova, CZ), 25. 2. 1885; gest. Terezín, Tschechoslowakei (CZ), 16. 2. 1946; röm.-kath. Aus einer Bauernfamilie stammend; ab 1921 mit Gutta V.-Hackel (s. u.) verheiratet. – V. besuchte das Gymn. in Komotau, wo er ein Schulorchester gründete und leitete. 1905–09 stud. er Germanistik und Musikwiss. an der dt. Univ. in Prag (1910 Dr. phil. mit der Diss. „Beiträge zum Verständnis von Mozarts Tonsprache“). Schon 1908 erhielt er eine Unterstützung der Ges. zur Förderung dt. Wiss., Kunst und Literatur in Böhmen, die ihm auch später mehrmals zuerkannt wurde. V. wollte ursprüngl. Kapellmeister werden, seine diesbezügl. Neigung konnte er bereits mit dem Prager dt.-akadem. Orchester unter Beweis stellen (1. Konzert 1908). Er wirkte kurz als Korrepetitor an der Volksoper Wien und in Bad Hall, kehrte jedoch 1911 in seine Heimat zurück. In Teplitz-Schönau veranstaltete er Vorträge für den Verband der Bildungsver. im Bez. Teplitz, wirkte als Klavierlehrer und trat als Pianist und Dirigent auf (u. a. mit dem Mozart-Orchester Oberleutensdorf). Mit dem Kurorchester Teplitz und dem dortigen Singver. führte er 1912 (noch vor Ablauf der Schutzfrist) Bruchstücke aus Wagners „Parsifal“ auf. 1913 wurde in Teplitz seine einaktige Bauernkomödie „Ländliches Liebesorakel“ (Libretto →Richard Batka) uraufgef. 1916 fand dort auch die Urauff. seiner zweiten Oper „Die Geschwister“ (Libretto Paul Schiller nach Goethe) statt, die über die Grenzen Böhmens hinaus Aufmerksamkeit erregte. 1918 wurde V. Chormeister des Dt. Singver. Prag, weiters wirkte er als Klavierlehrer und Pianist bzw. Klavierbegleiter sowie als Dirigent an der St. Salvator-Kirche (u. a. Pergolesi, „Stabat Mater“; Händel, „Messiah“). Er publ. in Fachz. wie „Der Auftakt“, „Neue Musik-Zeitung“ und „Musikblätter der Sudetendeutschen“. Mitbegründer der Prager Sektion der Dt. Musikges. an der dt. Univ. Prag, wurde er 1923 Mitgl. des Dt. Musikpädagog. Verbands, 1928 der Dt. Ges. für Wiss. und Künste für die Tschechoslowak. Republik und 1931 der Staatsprüfungskomm. für Musik. 1920–43 lehrte er Musiktheorie an der Dt. Akad. für Musik und darstellende Kunst bzw. (ab 1940) am Hochschulinst. für Musik, 1936 wurde er Prof. an der dt. Univ. 1929 wurde am Neuen dt. Theater in Prag V.s erste abendfüllende Oper „Kranwit“ uraufgef., von der nur das Libretto Hans Watzliks erhalten ist. Als Vorbilder für seine Musiksprache dienten ihm →Gustav Mahler und →Richard Strauss. Einen weiteren Erfolg verzeichnete V. mit der 1935 ebenfalls am Neuen dt. Theater uraufgef. Oper „Die Kleinstädter“ (Libretto Paul Eisner nach August v. Kotzebue), die 1936 auch in Dortmund und 1938 in Breslau im Rahmen der Sudetendt. Musiktage gespielt wurde. Anfang der 1940er-Jahre schrieb er die Oper „Meister Andrea“ nach Emanuel Geibel, von der als Partitur ledigl. der Hochzeitsmarsch und der Klavierauszug erhalten sind. V. a. seine Klavierwerke und Lieder standen häufig auf den Programmen der Musikver. (interpretiert u. a. von Hermann Ehm und Hans Hotter), die auch oft im Rundfunk gesendet wurden. Mitte der 1930er-Jahre gehörte V. zu den wichtigsten Repräsentanten der sog. sudetendt. Musik. Ab Anfang der 1930er-Jahre war er Mitgl. einer Prager Freimaurerloge. Dies wurde ihm während der Zeit des Protektorats zum Verhängnis. Im Dezember 1942 wurde er aus der Dt. Ges. ausgeschlossen und 1943 auch seiner Stelle am Hochschulinst. enthoben. Nach dem Krieg kam er in das ehemalige KZ Theresienstadt, das nunmehr als Sammelplatz für die zur Vertreibung bestimmte Bevölkerung diente. Dort starb er nach offiziellen Angaben an Unterernährung. V.s Werk ist größtenteils verschollen (neben den genannten Opern eine Symphonie Es-Dur, ein Violoncellokonzert, ein Bläserquintett u. a.). Erhalten sind einige Lieder und Chöre sowie kleinere, als Beil. von Musik-Z. veröff. Kompositionen. Von der Oper „Die Kleinstädter“ ist ledigl. der Klavierauszug erhalten geblieben. Sie wurde neu orchestriert und 2005 am Stadttheater Regensburg neu aufgef. Auch weitere Werke V.s sind rekonstruiert bzw. bearb. worden. 1914 erhielt V. den von der Ges. zur Förderung dt. Wiss., Kunst und Literatur in Böhmen verliehenen Preis der Johann Kanka-Stiftung, 1929 den Tschechoslowak. Staatspreis. Seine Frau Gutta (Augusta) V.-Hackel (geb. Prag, Böhmen / Praha, CZ, 19. 3. 1879; gest. 1945) war Lektorin für Rhetorik an der dt. Univ. Prag und Lehrerin an einem Mädchen-Lyzeum. Mit ihr veranstaltete V. mehrere deklamator.-musikal. Abende, auf deren Programmen u. a. auch sein (heute verschollenes) Melodram „Von der schönen Rosamunde“ (nach Theodor Fontane) stand.

Weitere W.: Ballade für Klavier, 1934; Humoreske für Klavier, 1934; Phantasie, Fuge und Passacaglia für Orgel; Scherzo für Klavier, 1936; Acht Lieder, 1940; Zwei geistl. Gesänge. – Publ.: Der musikal. Humor bei Beethoven, 1929.
L.: Grazer Tagbl., 11. 3. 1916; Bohemia, 1. 6. 1929; Einstein; MGG II; P. Nettl, in: Der Auftakt 5, 1925, S. 271f.; V. Helfert – E. Steinhard, Geschichte der Musik in der Tschechoslovak. Republik, 1936, s. Reg.; E. K. Pohl, in: Musikbll. der Sudetendt. 1, 1937, S. 267ff.; C. Niessen, Die dt. Oper der Gegenwart, 1944; R. Quoika, Die Musik der Dt. in Böhmen, 1956, S. 75, 122, 139; J. Ludvová, in: Hudební věda 32, 1995, Nr. 2, S. 99ff., bes. S. 110ff.; Die Oper in Böhmen, Mähren und Sudetenschlesien, ed. T. Fuchs, 1996, s. Reg.; Lex. zur dt. Musikkultur. Böhmen, Mähren, Sudetenschlesien 2, 2000; V. Reittererová – H. Reitterer, Th. V. a jeho operní dílo / Th. V. und sein Opernwerk, 2005; UA, Praha, CZ.
(V. Reittererová)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 68, 2017), S. 209ff.
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