Veit, Wenzel Heinrich (Václav Jindřich) (1806–1864), Komponist und Jurist

Veit Wenzel Heinrich (Václav Jindřich), Komponist und Jurist. Geb. Rzepnitz, Böhmen (Řepnice, CZ), 19. 1. 1806; gest. Leitmeritz, Böhmen (Litoměřice, CZ), 16. 2. 1864; röm.-kath. Sohn des Landwirtschaftspächters Wenzel V. und dessen Frau Josefa, geb. Winkler, Vater des Dirigenten August Emanuel V. (s. u.); ab 1844 mit der Architektentochter Johanna V., geb. Wyttek (Wittek) (1823–1912), verheiratet, die nach seinem Tod eine angesehene Musikanstalt in Leitmeritz leitete. – V. kam bereits im Elternhaus mit Musik in Berührung, nahm Klavier- und Orgelunterricht und begann schon als Gymnasiast in Leitmeritz zu komponieren. Nach dem frühen Tod der Eltern auf sich allein gestellt, stud. er 1821–28 an der Univ. Prag Phil. und Jus, wobei er sein Geld als Notenschreiber und Klavierlehrer verdiente. Daneben erlernte er weitere Instrumente und verfolgte autodidakt. seine musiktheoret. Ausbildung. 1831 trat V. als Akzessist beim Prager Magistrat ein und durchlief i. d. F. eine Beamtenkarriere bis zum Rat beim Oberlandesgericht. In Prag erregte er 1835 mit der erfolgreichen Auff. seines Quintetts für 2 Violinen, Viola und 2 Celli erstmals auch als Komponist Aufsehen. Dennoch blieb er, abgesehen von einem dreimonatigen Engagement als Musikdir. der Stadtkapelle in Aachen 1841, als Jurist tätig. 1854 wurde er Kreisgerichtspräs. in Eger, 1862 in Leitmeritz. Einen Namen machte sich V. inbes. mit Kammermusik sowie mit Vokalwerken. Seine Kompositionen, die großteils in Druck erschienen, trafen den Zeitgeschmack und waren sehr populär. Ohne ein Neuerer zu sein, galt er als gediegener Kammermusikkomponist. Beliebt waren auch seine auf dt. und tschech. Texten basierenden Lieder (u. a. „Der Todtentanz“ nach Goethe) und Männerchöre (u. a. „Na Prahu“, „Pozdravení pěvcovo“), von denen einige lange Zeit zum festen Repertoire von Gesangsver. zählten. Unter seinen Orchesterwerken befinden sich eine von Felix Mendelssohn Bartholdy 1842 im Leipziger Gewandhaus aufgef. Konzertouvertüre in d-Moll sowie die 1859 ebd. aufgef. Symphonie in e-Moll. Mit der Festkantate „Böhmens bester Bergsegen“ (Text →Václav Alois Svoboda) schrieb er ein Werk zur Eröffnung der Wien–Prager Eisenbahn 1845. V. war mit Mendelssohn Bartholdy und Robert Schumann bekannt und hatte in seiner Prager Wohnung Künstler wie →Franz v. Liszt und Felix Dreyschock zu Gast. Die Musik Wagners und Berlioz’ lehnte er ab – sein unveröff. Werk „Aus einem Schneiderleben“ gilt als Parodie auf die Symphonie fantastique des Letzteren. V. war Ehrenmitgl. der Sophien-Akad. und des Cäcilien-Ver. in Prag sowie des Dom-Musik-Ver. in Salzburg, Ausschussmitgl. (1853/54 Präs.) des Ver. der Kunstfreunde für Kirchenmusik in Böhmen sowie Mitgl. des Ver. zur Förderung der Tonkunst in Böhmen. Sein Nachlass befindet sich im Státní oblastní archiv v Litoměřicích. V.s Sohn August Emanuel V. (geb. Prag, Böhmen / Praha, CZ, 12. 8. 1850; gest. Brno, Tschechoslowakei/CZ, 8. 7. 1931) besuchte die Konservatorien in Prag und Dresden. Er wandte sich dem Theater zu und gelangte über Sondershausen, St. Gallen, Teplitz, Magdeburg, Riga, Hannover und Olmütz nach Brünn, wo er 1899 erster Kapellmeister des Dt. Theaters wurde. Dort machte er sich um Wagner-Auff. verdient und förderte die Musik →Anton Bruckners. Er war Mitbegründer und Dirigent der Philharmon. Konzerte. 1922 i. R.

Weitere W. (s. auch Wurzbach; John; Gabrielová): Missa solemnis, 1843; Choral-Buch zu den kath. Gesängen für die öff. und häusl. Andacht der Gläubigen, ed. St. Vater, 1846; Te Deum, 1863.
L.: WZ, 19., Bll. für Theater, Musik und Kunst, 23. 2. 1864; ADB; ČHS; Grove, 1980, 2001; MGG I, II (auch für August Emanuel V.); Wurzbach (m. W.); A. Hnilička, in: Světozor 33, 1898–99, S. 81f., 91ff., 105; A. John, H. W. V., 1903 (m. B. u. W.); W. Cartellieri, in: Dt. Arbeit 3, 1904, S. 820ff. (m. B.); Sudetendt. Lebensbilder 1, ed. E. Gierach, 1926, S. 203f. (m. B.); Almanach československých právníků, ed. M. Navrátil, 1930; J. Gabrielová, in: Vergessene Komponisten des Biedermeier, ed. A. Harrandt – W. E. Partsch, 2000, S. 71ff. (m. B. u. W.); Pfarre Litoměřice, Národní archiv, Praha, beide CZ. – August Emanuel V.: Prager Tagbl., 9. 7., Tagbl. (Linz), 24. 9. 1931.
(E. Offenthaler)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 68, 2017), S. 214
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