Berger, Franz Xaver (1782–1818), Naturwissenschaftler und Mediziner

Berger Franz Xaver, Naturwissenschaftler und Mediziner. Geb. St. Ulrich, Niederösterreich (Wien), 25. 11. 1782; gest. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 13. 11. 1818; röm.-kath. Sohn des Verlassenschaftsadministrators Franz Berger und der Magdalena Berger, geb. Moser; verheiratet mit Theresia Berger, geb. Woytich (geb. 1792). – Nach dem Besuch des Gymnasiums studierte B. Medizin an der Universität Wien; 1810 Dr. med. Zunächst wirkte er als Assistent an der Lehrkanzel für Spezielle Naturgeschichte der Universität Wien unter →Johann Baptist Ritter von Scherer und wurde Anfang Februar 1814 als Professor für Spezielle Naturgeschichte (Zoologie, Mineralogie) an die Universität Prag berufen. Dort fungierte er zudem als Direktor des Naturalienkabinetts der Universität und erreichte im Mai 1816 die Systemisierung einer Assistentenstelle an der Lehrkanzel für Spezielle Naturgeschichte, die zunächst →Jan Svatopluk Presl erhielt. Im Rahmen der Vorarbeiten zur Gründung des Vaterländischen Museums in Böhmen verfasste B. mit „Individuelle Ansichten über die Errichtung eines National-Museums von und für Böhmen und die Erforderniße eines solchen Instituts“ und „Idee und Wesen eines Nationalmuseums“ (beide als umfangreiche Manuskripte im Archiv des Národní muzeum in Prag erhalten) zwei wesentliche Denkschriften, die auch allgemein für die historische Museologie von Bedeutung sind. Mit behördlicher Genehmigung und finanzieller Unterstützung war B. 1816 nach Graz gereist, um die Einrichtungen des dort 1811 gegründeten Joanneums zu studieren. Aus dieser Reise und dem persönlichen Kontakt mit Erzherzog →Johann entwickelte B. seine Ideen für ein patriotisches Nationalmuseum, in dem Naturkunde und Geschichte die Hauptelemente der Erfahrung darstellen. Vorrangig sollten Objekte zu Natur- und Landeskunde, Ökonomie, Technologie und Kameralwissenschaften präsentiert werden, die sich im Eigentum der Nation befinden mussten und als solche auch der gesicherten Weitergabe des Wissens über mehrere Generationen dienen konnten. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, handelte es sich bei den zeitgenössischen naturwissenschaftlichen Kollektionen um Privatsammlungen in adeligem oder kirchlichem Besitz, die nach dem Tod des Sammlers vom Zerfall bedroht waren. In seinen Konzepten behandelte B. auch Fragen der baulichen Infrastruktur des Museums und der Einrichtung eines eigenen Lese- und Arbeitszimmers neben der eigentlichen Bibliothek. B. war ab 1814 Mitglied der Patriotisch-Ökonomischen Gesellschaft in Böhmen.

L.: Oesterreichischer Beobachter, 24. 11. 1818; Lex. böhm. Länder; Kaiserlich-Königliche privilegirte Prager Zeitung, 1818, Nr. 60, S. 1122; Intelligenzblatt der österreichischen Literatur. Beilage zu: Erneuerte vaterländische Blätter für den österreichischen Kaiserstaat, 1818, Nr. 104; A. Wraný, Die Pflege der Mineralogie in Böhmen, 1896, s. Reg.; L. Freund, in: Lotos 67/68, 1920, S. 121ff.; M. Raffler, Museum – Spiegel der Nation?, 2007, S. 200ff.; M. Svojtka, in: Berichte der Geologischen Bundesanstalt 118, 2016, S. 97, 100f.; Pfarre St. Ulrich, Wien; Kostel Matky Boží před Týnem, Praha, CZ; Mitteilung Martin Georg Enne, Wien.
(M. Svojtka)   
Zuletzt aktualisiert: 20.12.2021  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 10 (20.12.2021)